Kirche sein in Zeiten von COVID-19

6. Aug. 2020
In der Lutherischen Kirche auf den Philippinen findet unter Einhaltung der Abstandsregeln in Tiaong, Provinz Quezon, eine Versammlung statt. Foto: LKP

In der Lutherischen Kirche auf den Philippinen findet unter Einhaltung der Abstandsregeln in Tiaong, Provinz Quezon, eine Versammlung statt. Foto: LKP

LWB-Umfrage untersucht Auswirkungen der Pandemie auf die Mitgliedskirchen

GENF (LWI) – Die Coronavirus-Pandemie hat die Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Eine Umfrage in allen sieben Regionen hat gezeigt, dass es Auswirkungen in den gleichen Bereichen gegeben hat, jedoch mit regional unterschiedlichen Folgen.

An der Anfang Juni 2020 versandten Umfrage haben 76 der 148 LWB-Mitgliedskirchen teilgenommen. Kirchen aus allen Regionen haben geantwortet und damit einen ersten Überblick über die Folgen der Pandemie in den Kirchen überall auf der Welt ermöglicht.

„So, wie die COVID-19-Pandemie Auswirkungen auf die Mitgliedskirchen hat, so wirkt sie sich auch auf die weltweite Kirchengemeinschaft aus“, erläutert Maryssa Camaddo, Direktorin der Abteilung für Planung und Koordination. „Wenn ein Mitglied leidet, leiden alle anderen mit. Wenn wir wissen, vor welchen Herausforderungen unsere Mitglieder stehen, können wir auch planen, wie wir uns gegenseitig besser unterstützen können.“

Höhen und Tiefen der digitalen Kirche

Alle Kirchen mussten ihre Tätigkeiten vorübergehend aussetzen und nach neuen Wegen suchen, um Gemeinden und die schutzbedürftigsten Menschen zu erreichen. In zahlreichen Fällen haben Kirchen ihre gewohnten Gottesdienste auf Online-Netzwerke ausgedehnt oder neue Online-Dienste eingerichtet und dafür unterschiedliche Formate sozialer Medien, Websites, TV und Rundfunk genutzt. Mehrere Kirchen haben über die positiven Auswirkungen der Online-Entscheidung berichtet und sie als Chance gesehen, kreativ zu werden und ein Publikum jenseits der üblichen physischen Versammlungen zu erreichen.

Andere berichteten, dass fehlende Internet-Konnektivität, Stromversorgung, Online-Dienste und Smartphones dafür gesorgt hätten, dass ihre Gemeinden teilweise nicht erreichbar waren. Kirchenmitglieder in einigen Regionen waren aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, das Internet oder Mobiltelefondienste zu nutzen, weil das Geld jetzt für die Lebensmittelversorgung gebraucht wird. Aufgrund der verordneten Abstandsregeln war es für Pfarrerinnen und Pfarrer schwierig, den Kontakt zu den Älteren und zu Menschen in abgelegenen und ländlichen Gebieten aufrechtzuerhalten.

Soziale und finanzielle Veränderungen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen an zahlreichen Orten beginnen bereits, Kirchen und Gemeinden zu verändern. In dem Maße, wie Kirchenmitglieder in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, haben Kirchen auch oft ihre diakonische Arbeit intensiviert. Zusätzlich zu den traditionellen laufenden diakonischen Diensten haben die Kirchen angesichts der verheerenden Folgen von COVID-19 auch Schutzausrüstungen und Hygieneartikel geliefert sowie Schulungen und medizinische Hilfe angeboten. In mehreren Ländern mussten die Kirchen etwas dagegen unternehmen, dass die Öffentlichkeit keine zuverlässigen Informationen erhielt, auch nicht von ihrer Regierung.

Da Kirchenmitglieder oft vom Verlust ihrer Existenzgrundlagen bedroht sind, bedeutet das für die Kirchen auch eine zunehmende finanzielle Instabilität. Die Pandemie „hat bestehende Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zwischen Kirchenmitgliedern und zwischen Gemeinden und Kirchen weltweit ans Tageslicht gebracht und verstärkt“, weiß Julia Brümmer, Koordinatorin für Planung, Überwachung, Evaluierung und Berichterstattung. Sie hat die Umfrage durchgeführt.

Der Kampf ums Überleben ist nicht auf einige wenige Regionen beschränkt. „In vielen Kirchen in allen Regionen hat die Pandemie einen Teufelskreis in Gang gesetzt oder beschleunigt, indem sich in Not geratene Kirchenmitglieder hilfesuchend an die Kirche wenden, aber selbst weniger beitragen können“, sagt Brümmer. „Diese Krise fordert die Kirchen auf und verpflichtet sie, über ihre Aufgaben neu nachzudenken und neue Prioritäten zu setzen.“

Solidarität

Während sich viele Antworten mit den unmittelbaren Belastungen und den Unsicherheiten befassen, mit denen die Kirchen konfrontiert werden, warnen andere Stimmen davor, sich zu sehr von dringenden und kontextuellen Herausforderungen vereinnahmen zu lassen. Viele wollen eine stärkere Berufung der Kirche erkannt haben, eine öffentliche Stimme für Gerechtigkeit zu sein, sich für Menschenrechte und Gendergerechtigkeit einzusetzen und über den Klimawandel aufzuklären

Die Kirchen haben sich innerhalb der LWB-Gemeinschaft bereits solidarisch gezeigt und Gelder in den Soforthilfe-Fonds für Kirchen in Not eingezahlt oder bilateral Partnerkirchen unterstützt. Diese Solidarität könnte in Zukunft eine noch höhere Bedeutung gewinnen.

„Abgesehen von der Unterstützung von Kirchen in ihren aktuellen Herausforderungen könnte eine Aufgabe des LWB deshalb darin bestehen, für die Kirchen eine umfassendere Perspektive zu bewahren und sie daran zu erinnern. Dazu gehören das Konzept der Solidarität und ihre Zugehörigkeit zu einer weltweiten Kirchengemeinschaft“, so Brümmer abschließend.