CSW66: Frauen müssen den Weg aus der Klimakrise führen

21. Mär. 2022
Frauen aus Gawar in Nordkamerun bauen im Rahmen eines LWB-Umweltprogramms energieeffiziente Lehmöfen. Foto: Tcheou Tcheou ABEL

Frauen aus Gawar in Nordkamerun bauen im Rahmen eines LWB-Umweltprogramms energieeffiziente Lehmöfen. Foto: Tcheou Tcheou ABEL

Wie Frauen die Bewegung für ein nachhaltigeres Leben vorantreiben können

GENF, Schweiz (LWI) – Für Frauen ist die Wahrscheinlichkeit größer, aufgrund klimabedingter Katastrophen zu sterben. Aber sie treiben auch in zunehmendem Maße die Bewegung für sauberere Energiequellen und eine nachhaltigere Lebensführung voran. Während einer Podiumsdiskussion bei der 66. Frauenrechtskommission der Vereinten Nationen (CSW) riefen Oberhäupter der lutherischen Kirchen aus Afrika, Europa und den Vereinigten Staaten dazu auf, die Kenntnisse und Erfahrungen von Frauen in den Mittelpunkt aller Entscheidungsfindungsprozesse bei der Bekämpfung der Klimakrise zu stellen.

Die Veranstaltung wurde vom Lutherischen Weltbund (LWB) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELCA) ausgerichtet. Sie zeigte auch, wie junge Menschen bereits aktiv darauf hinwirken, dass die Stimmen von Frauen dort gehört werden, wo über erforderliche Umweltmaßnahmen und -programme entschieden wird. Die Veranstaltung mit dem Titel „Frauen in der ersten Reihe bei der Anpassung an und Maßnahmen gegen den Klimawandel“ endete mit einem Aufruf, „die Finanzierung des Klimawandels in die Hände von Landwirtinnen und Unternehmerinnen zu legen“, um den Prozess zur Einhaltung der Ziele des Übereinkommens von Paris 2015 voranzutreiben.

Die Statistiken zeigen, dass für Frauen die Wahrscheinlichkeit, ihr Leben bei Naturkatastrophen zu verlieren, vierzehnmal höher als für Männer ist. Es ist auch viel wahrscheinlicher, dass sie durch Dürren, Brände und Überflutungen, die ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlagen zerstören, vertrieben werden. Aber auch die Frauen, die überleben, sind durch die schädlichen Folgen des Klimawandels stärker gefährdet, wie die LWB-Generalsekretärin, Pfarrerin Anne Burghardt, in ihren einleitenden Bemerkungen betonte. Sie sagte, dass in vielen Entwicklungsländern „vor allem Frauen und Mädchen für die Versorgung mit Wasser und Brennholz zuständig sind. Wenn die Trockenheit zunimmt, müssen sie längere Strecken gehen und erhöhen somit ihr Risiko, Opfer von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden.“

Innovative Energielösungen

Burghardt zeigte Möglichkeiten auf, an denen der LWB auf globaler und lokaler Ebene gearbeitet hat, um eine nachhaltige und gerechte Klimafinanzierung für umsetzbare Lösungen zu fördern. Sie sagte, dass Frauen erfolgreich dabei unterstützt wurden, Solartechnikerinnen zu werden und Photovoltaik-Module in verarmten Gegenden zu installieren, und dass Frauen durch innovative Projekte zur Sicherung der Lebensgrundlage erfolgreich dazu beigetragen haben, bedrohte Pflanzenarten zu erhalten. Als eine weltweite Gemeinschaft von Kirchen, die sich in Nothilfe- und Entwicklungsarbeit engagiert, so betonte sie, bemühe sich der LWB darum, die Rechte und die Würde aller Menschen aufrechtzuerhalten, da diese Tätigkeiten „in unserer Glaubenstradition“ verwurzelt seien.

Christina Chan, Leitende Beraterin von John Kerry, des Sondergesandten des US-Präsidenten, in Fragen der Anpassung an den Klimawandel, leitete die Diskussion vom Standpunkt ihrer Regierung aus. Sie stellte fest, dass es nicht nur erforderlich ist, Frauen an den Tisch der Entscheidungsfindung zu bringen, sondern, falls notwendig, „den Raum [der Entscheidungsfindung] dorthin zu verlegen, wo die Frauen sind.“ Sie bekräftigte die Verpflichtung ihrer Regierung, die Ziele zu erreichen, die in dem Notfallplan für Anpassung und Widerstandsfähigkeit (Emergency Plan for Adaptation and Resilience (PREPARE)) des Präsidenten aufgeführt werden. Dieser Plan wurde beim Klimagipfel in Glasgow (COP26) eingeführt und enthält Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen der Zugang und das Wissen vermittelt wird, bessere Entscheidungen zu treffen, auf lokaler Ebene geführte Entscheidungsfindungsprozesse im Bereich Entwicklung zu unterstützen und Ressourcen zu mobilisieren, um diejenigen zu unterstützen, die bereits an Maßnahmen zur Anpassung und Minderung arbeiten.

Der Umweltingenieur Abdoul Aziz, der in Nordkamerun als Projektkoordinator für den LWB tätig ist, sprach über seine unmittelbaren Erfahrungen aufgrund der Arbeit mit Frauen und Mädchen, die lange Strecken zurücklegen, um Brennholz in einer Region zu sammeln, in der es davon immer weniger gibt. Er hat Frauen im Flüchtlingslager Minawoa darin ausgebildet, solarbetriebene Öfen und die Produktion energieeffizienter Herde und ökologischer Holzkohle aus Biomasse zu nutzen. Aziz erklärte, wie sich Frauen auch an Baumpflanzaktionen beteiligen, bei denen sie die innovative „Cocoon“-Technologie anwenden, um die wertvollen Wasservorräte zu bewahren und den umgebenden Boden zu düngen.

Intersektionaliät der Klimakrise

Von einem globalen Standpunkt aus sprach die LWB-Porgrammleiterin für Jugend, Savanna Sullivan, über ihre Erfahrung bei der Leitung einer großen Delegation junger Klimaaktivistinnen und -aktivisten, die im November letzten Jahres am Klimagipfel COP26 in Glasgow teilgenommen haben. Junge Menschen, betonte sie, werden die Hauptlast der Klimakrise tragen, wobei junge Frauen doppelt so stark unter den Folgen der Erderwärmung leiden werden. Sie führte Beispiele junger Frauen in der COP-Delegation an, die kreative Aktionen einsetzten, um die Dringlichkeit der Krise zu kommunizieren, darunter die Produktion von Videoclips auf TikTok und eine Präsentation über die Arbeit mit indigenen Gemeinschaften, die gerade südlich des nördlichen Polarkreises in Kanada leben.

Die erste afro-amerikanische Bischöfin der ELCA, Patricia Davenport, betonte, dass der Klimanotstand Teil einer breiteren Krise moralischer und spiritueller Werte ist, in der Entscheidungen auf dem Wunsch nach einem anhaltenden Wirtschaftswachstum beruhen. „Wir brauchen eine Kehrtwende“, sagte sie und fügte hinzu, dass sich die Förderung der Geschlechtergleichstellung bei der Klimagerechtigkeit auch positiv auf verschiedene andere Sektoren wie Gesundheit, Ernährungssicherheit und Verringerung der Armut auswirken werde. „Wir können die Schöpfung bewahren und uns gegenseitig um einander kümmern, da Gott uns dafür ausgestattet hat“, betonte sie.

Die Leiterin der ELCA-Abteilung für Öffentliche Ordnung, Regina Banks, sagte, dass sich Regierungen und Entscheidungsträgerinnen und -träger die Geschichten der Frauen anhören müssen, die sich anstrengen, ihre Umweltanliegen mit den praktischen Herausforderungen ihres Familien- und Arbeitslebens zu verbinden. Ihre Teilnahme am COP26, fügte sie hinzu, sei ein „Paradigmenwechsel“ gewesen, da sie sich mit anderen austauschen konnte, die in Gemeinschaften an der Basis arbeiten, um dem Wandel auf nationaler und globaler Ebene einen Impuls zu geben.

Der Leiter der Abteilung Global Advocacy des LWB, Isaiah Toroitich, betonte, dass „die Klimakrise noch zu den bestehenden Gefährdungen und Ungleichheiten hinzukommt“, und so die Erfolge zunichtemacht, die bei der Arbeit für die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte erzielt wurden. Wir sind noch weit von dem entfernt, was wir brauchen, damit wir das Ziel erreichen, das wir in Paris vereinbart haben: eine Erderwärmung von weniger als 1,5 °C“, sagte er. „Die katastrophalen Auswirkungen“ werden weiterhin Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark treffen, wenn wir die „Maßnahmen zur Transformation geschlechtsspezifischer Modelle“ nicht intensivieren.

Nora Antonsen, die Leiterin des Rates Junger Menschen der Kirche von Norwegen und Mitglied der LWB-Delegation beim COP26, beendete die Veranstaltung mit einem dringenden Aufruf zum Handeln. Obwohl ihr Land oft als Vorbild für Geschlechtergleichstellung dargestellt wird, stellte sie fest, dass „es nur wenige Frauen im Transport- und Ölsektor gibt.“ Außerdem zeigen Studien, dass sich Frauen weltweit mehr Sorgen über die Klimakrise machen und eher Maßnahmen zur Emissionsreduzierung unterstützen. Dennoch waren nur ungefähr 10 % der weltweiten Führungspersonen beim Klimagipfel in Glasgow Frauen. Im Vorfeld des nächsten Klimagipfels fordert sie die Regierungen eindringlich auf, die Mittel für Maßnahmen zu erhöhen, damit Frauen in Führungspositionen gelangen. Sie rief die Glaubensführerinnen und -führer dazu auf, andere zu inspirieren, indem sie ein „langfristiges Engagement für eine generationenübergreifende Klimagerechtigkeit“ gestalten.

Der Lutherische Weltbund ist seit 1952 bei der CSW akkreditiert und nimmt mit einer Delegation von mehr als 80 Personen aus unterschiedlichen Teilen der Welt an der diesjährigen hybriden Veranstaltung teil. Der LWB arbeitet eng mit dem Lutherischen Büro der Weltgemeinschaft bei den Vereinten Nationen in New York zusammen. Delegierte arbeiten partnerschaftlich mit Kollegen von Regierungen, der Ökumene und der Zivilgesellschaft zusammen und stellen dabei die wichtige Rolle heraus, die glaubensbasierte Akteure bei der Förderung der Befähigung von Frauen zur Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierung übernehmen, um mehr Geschlechtergleichstellung auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zu erreichen.

Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk