Südafrika: Fertigkeiten vermitteln, die der Gemeinschaft dienen und Selbstvertrauen stärken
JOHANNESBURG, Südafrika/GENF (LWI) – Beim Anblick von Ziegelsteinen, Zement und Sand malt sich Makhatutu Siimane ein Bild aus von „Menschen in schönen Häusern und Wohnungen“ und davon, „mein eigenes Haus zu bauen – ein großes und schönes!“ Im Alter von 34 Jahren wolle sie ihr eigenes Unternehmen in der Bau- und Instandhaltungsbranche gründen – „irgendwas, das mit dem Maurerhandwerk und Verputzarbeiten zu tun hat, und ich würde gerne Bauingenieurwesen studieren“, erzählt sie.
Siimane ist in Lesotho aufgewachsen und war schon immer gerne draußen und hat schon immer gerne etwas mit den Händen gemacht. Es war also kein Zufall, dass sie sich in der Schule mit Holzarbeiten beschäftigt hat. Nachdem sie mit ihrer Familie nach Südafrika gezogen ist und sie sich im Stadtteil Hillbrow in der Innenstadt des südafrikanischen Wirtschaftszentrums Johannesburg niedergelassen haben, ist sie nun fest entschlossen, ihren Traum zu verwirklichen. In Hillbrow hat sie von der Outreach Foundation erfahren, einer gemeinnützigen Stiftung, die jungen Männern, Frauen und Kindern im Schulalter durch künstlerische Ausdrucksformen helfen will, neue Fertigkeiten zu erlernen und Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aufzubauen. 2017 hatte sie dort einen Computerkurs gemacht und Anfang 2020 einen Kurs im Maurerhandwerk begonnen.
„Die einzige Frau in diesem Kurs zu sein, war nur eine der Herausforderungen, mit denen ich in diesem Bereich zu kämpfen hatte“, der traditionell als Männerdomäne gilt, erinnert sich Siimane. „Einige der Männer dort waren erfahrene Maurer und haben mir oft gesagt, dass ich es nicht schaffen würde, dass eine Frau keine Häuser bauen könne.“ Aber ihre Entschlossenheit zahlte sich aus: Im Juni dieses Jahres schloss sie den Kurs erfolgreich ab.
Die Outreach Foundation hat Siimane dabei geholfen, ihre „Stärken und Fähigkeiten“ zu entdecken, die für sie selbst und ihre Familie wirklich entscheidend etwas verändern können. Es sei „ein wunderbarer Ort für Menschen, die benachteiligt sind oder nicht wissen, wohin sie sich wenden oder was sie machen sollen“, sagt sie. Wenn Siimane sich heute in Johannesburg Gebäude anschaut, will sie „wie die Erbauer dieser Gebäude sein und noch viel mehr, auch wenn ich eine Frau bin“. Der Kurs zum Maurerhandwerk, sagt sie weiter, „hat mir gezeigt, wie stark ich bin. Ich muss von niemandem abhängig sein.“
Durch ein vielfältiges Spektrum von Projekten, einschließlich Initiativen zur Sicherung des Lebensunterhalts, zur Stärkung der Handlungskompetenz von Frauen und Jugendlichen und zur theologischen Ausbildung, unterstützt der Lutherische Weltbund (LWB) seine Mitgliedskirchen und ihre Partnerorganisationen auf Gemeindeebene dabei, praktische Lösungen für dringende Bedürfnisse in ihren Gemeinden und in der weiteren Gemeinschaft anzubieten. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika unterstützt die Outreach Foundation finanziell.
Seit 2018 unterstützt der Lutherische Weltbund (LWB) die Outreach Foundation, die 2004 als lutherische Gemeinschaftsstiftung gegründet und zur Nordöstlichen Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika (NELCSA) gehört.
Geduld lernen durch Ehrenamt
Andere junge Menschen wie der 20-jährige Joseph Beya, der Computerkurse der Outreach Foundation unterrichtet, haben hier den Wert eines Ehrenamtes schätzen gelernt. Beya ist Sportfreund und Modedesigner mit eigener Marke. 2019 hat er einen dreimonatigen Führungslehrgang absolviert und im Anschluss ein paar Monate ehrenamtlich im Jugendzentrum der Stiftung gearbeitet. Das „Gefühl der Zusammengehörigkeit fast wie in einer Familie und der professionelle, freundliche und liebevolle Umgegang miteinander“, haben ihn begeistert und er wollte mehr machen. Er besuchte den Computerkurs und gibt seine Kenntnisse und Fertigkeiten heute als Lehrer in dem Computergrundkurs an andere Erwachsene weiter.
Beya erzählt, was die Stiftung bei ihm bewirkt habe. „Ich habe mich sehr verändert, seit ich hier bin. Ich war immer ein sehr ungeduldiger Mensch, aber Erwachsenen den Umgang mit Computer vermitteln zu wollen, hat mir Geduld gelehrt“, sagt er. Die Fähigkeiten, die er sich in dem Leitungslehrgang angeeignet hat, erweisen sich als sehr nützlich. „Wir haben dort immer sehr viel diskutiert und ich musste lernen, dass ich mich nicht mit dir streiten muss, nur weil ich dir in deinem Denken nicht folgen oder zustimmen kann, sondern dass ich vielmehr versuchen sollte deine Argumentation zu verstehen“, erzählt er weiter.
Für Schulabgängerinnen und -abgänger und alle anderen jungen Menschen, die unbezahlte Arbeit als Zeitverschwendung ansehen, hat einen guten Rat: „Ehrenamtliches Engagement bringt dir selbst und anderen etwas. Du selbst lernst deinen eigenen Schwächen, Fehler und auch deine Stärken kennen. Du lernst neue Leute kennen, lernst allgemein unglaublich viel und sammelst Arbeitserfahrung, die du brauchst, um später einen Job zu bekommen.“
Beya hat noch nicht alle Fortbildungen bei der Outreach Foundation gemacht, die er sich vorgenommen hat. „Nähen lernen zum Beispiel steht noch auf meiner Liste – insbesondere, weil ich ja mein eigenes Label habe. Und weil ich so gerne esse, möchte ich auch den Kochkurs noch machen“, erzählt er.
Erfolg bedeute für ihn, „ein angenehmes Leben leben zu können und gleichzeitig anderen zu helfen“. Beya wünscht sich, dass sein Label wächst, und dann will er eine Organisation gründen, die Menschen unterstützt, die sich Bildung nicht leisten können, oder junge Menschen, die versuchen, „den Schritt von der Schule in die große weite Arbeitswelt zu machen“, sagt er.
Festival der schulischen Theatergruppen
Siimane und Beya sind nur zwei der vielen hundert Menschen, die von den auf das Gemeinwesen ausgerichteten Programmen profitiert haben, die die Outreach Foundation in dem Land anbietet, in dem die Arbeitslosenquote bei 27,6 Prozent liegt. Zum Beispiel haben 2019 mehr als 450 Schülerinnen und Schüler an dem Festival der schulischen Theatergruppen der innerstädtischen Schulen der Sekundarstufe teilgenommen, im Rahmen dessen Kurse und Workshops in den Bereichen Schauspiel, Tanz und Theaterregie angeboten wurden. In einem anderen Programm haben 80 größtenteils arbeitslose Frauen nähen gelernt und handwerkliche Fähigkeiten entwickelt, um ihre eigenen kleinen Geschäfte zu eröffnen.
Dem Direktor der Stiftung, Robert Michel, zufolge sind die meisten Aktivitäten der Stiftung so konzipiert, dass Menschen in Kontakt mit anderen Menschen kommen, denen sie sonst wohl nicht begegnen würden. „Die Programme geben ihnen den Raum, sich selbst zu entfalten, das eigenen Selbstwertgefühl zu verbessern und ihr Selbstvertrauen zu stärken.“
NELCSA-Bischof Horst Müller beschreibt die Outreach Foundation als „eine kleine Oase in Hillbrow“, die „einen Eindruck von der vergangenen Pracht“ des Zentrums der ehemals wachsenden Stadt und Wirtschaft in Südafrika vermittelt. „Es ist großartig, dass es einen Ort gibt, wo Menschen Hilfe erhalten und ihnen Mut für die Zukunft gemacht wird. Die oben genannten Geschichten stehen stellvertretend für die vielen anderen Geschichten von Menschen, die hier nicht nur Fertigkeiten erlernt, sondern ein Stückchen Würde wiedergewonnen haben, das es ihnen ermöglicht, weiterzumachen, auf eigenen Beinen zu stehen und ein Segen für viele andere zu sein.“
Die vom LWB erhaltene Unterstützung „trägt wahrhaftig reiche Früchte“, sagt Müller abschließend.