LWB-Präsident Bischof Younan besucht Mitgliedskirche in Kasachstan
Jerusalem, 30. Juli 2015 – Der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Dr. Munib A. Younan, hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in der Republik Kasachstan (ELKRK) besucht und im Anschluss mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) über seine Eindrücke unter anderem von seinem Treffen mit 20 Geistlichen und Bischof Jurij Nowgorodow in Astana gesprochen.
„Es war mein erster Besuch als LWB-Präsident in Kasachstan. Ich habe viel gelernt über die Freuden und Herausforderungen der kasachischen lutherischen Kirche. Ich habe unsere gemeinsame Arbeit mit den Mitgliedskirchen erläutert: Fürsorge für Flüchtlinge, Engagement für Klimagerechtigkeit, für die Gleichstellung von Frauen, theologische Reflexion, ökumenische Beziehungen und interreligiöser Dialog“, berichtet Younan.
„Eine Kirchengemeinschaft zu sein bedeutet, in Altar - und Kanzelgemeinschaft zu sein“, sagte Younan. „Wenn ich eure Kirche besuche, bin ich deshalb zuhause, bei meinen Brüdern und Schwestern in Christus. Ich erfahre das jedesmal, wenn wir das Abendmahl teilen welches uns mit einem Ruf zu ganzheitlicher Mission in die Welt aussendet.“
Die Gespräche hätten auch dazu beigetragen, die Rolle des LWB in der Beziehung zu seinen Mitgliedskirchen zu klären: „Es war wichtig zu betonen, dass der LWB als Kirchengemeinschaft die Autonomie jeder Kirche respektiert und dass wir die Kirchen begleiten, wenn sie uns dazu einladen.“
Als Kirchen in Gemeinschaft zu stehen bedeute allerdings auch, „dass wir einander rechenschaftspflichtig sind“, ergänzt der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land.
Geographisch isoliert
Im Kern gehören der ELKRK etwa 2.500 Gläubige in 50 Gemeinden an, die über das ganze Land verstreut sind. Zwischen den einzelnen Gemeinden liegen dabei Strecken von bis zu 3.000 Kilometern. Dementsprechend begrüsste der LWB-Präsident seinen Besuch als Möglichkeit, sich aus erster Hand über die Herausforderungen geographisch isolierter Gemeinden zu informieren.
„Ich habe deutlich gespürt, welches Hemmnis die weiten Distanzen darstellen können in einem so grossen Land und in einem Kontext, der von einer anderen Sprache geprägt ist. Mir wurde bewusst, wie schwierig es ist, auch nur die Geistlichen zu einem landesweiten Treffen zu versammeln“, so Younan.
Bildung und die Ausbildung für das Pfarramt haben für die ELKRK, die dem Bund der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Russland und anderen Staaten angehört, hohe Priorität. „Es gibt einen Hunger nach Übersetzungen lutherischer Literatur ins Russische“, stellt Younan fest.
Der LWB-Präsident nahm auch die Begeisterung der Kirche über Pläne zum Bau einer neuen Kirche in Astana wahr, zu der ein Gemeindehaus, ein Jugendzentrum und ein Gästehaus gehören sollen. Positiv seien, so Younan, die guten Beziehungen zum Staat.
Spiritualität
Am meisten beeindruckt zeigt sich der LWB-Präsident von der Spiritualität und tiefen Frömmigkeit der Kirche. Auf der Grundlage seines Erlebens beim Gottesdienstbesuch habe er die Geistlichen ermutigt: „Sie haben eine besondere Spiritualität in Kasachstan und ich lade Sie ein, diese Spiritualität als beitrag Ihrer Kirche in die Kirchengemeinschaft einzubringen.“
„Ich habe vorgeschlagen, dass sie sich stärker in das Leben der Kirchengemeinschaft einbringen sollten, auch in das Netzwerk junger Reformatorinnen und Reformatoren, das Frauennetzwerk und andere Bereiche des LWB“, berichtet Younan. „Für mich war das ein Besuch mit seelsorgerischer Prägung und ich habe ihnen deutlich gemacht, dass sie ein wichtiger Teil der lutherischen Kirchengemeinschaft sind.“
Engagement gegen Extremismus
Ein weiterer Anlass für Younans Reise war die Teilnahme an dem Kongress leitender VertreterInnen der Welt- und traditionellen Religionen, der am 10. und 11. Juni in Astana stattfand. In diesem Rahmen rief er die VerantwortungsträgerInnen in Religion und Politik auf, sich verstärkt gegen Extremismus und für Frieden zu engagieren.
„In allen Religionen gibt es Menschen mit extremistischer Haltung, keine hat ein Monopol auf Extremismus. Inwiefern werden in unseren Reden in den Kirchen, Moscheen und Tempeln Zusammenleben und Koexistenz spürbar? Vor dieser Herausforderung stehen wir aktuell“, so Younan.
Der Bischof bekräftigte seinen Aufruf an die Glaubensgemeinschaften, ihre Lehrpläne zu überprüfen. Bei den lehrinhalten sollten sie fragen: „Fördert wir hiermit Extremismus, oder die Akzeptanz des anderen und verschiedenen? Lehren wir damit, in jedem Menschen Gottes Abbild zu sehen?‘“