Junge spricht über Zusammengehörigkeit als Kirchen in Gemeinschaft
GENF, 12. September 2016 (LWI) – Welchen Bezug haben die Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in aller Welt zu den grundlegenden Prinzipien, die die Identität und die Arbeit der globalen Gemeinschaft von 145 Kirchen prägen?
Eine Gruppe von 11 Leitungspersonen aus LWB-Mitgliedskirchen in Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika und der Karibik sowie Nordamerika tauschten sich bei ihrem Treffen im Büro der Kirchengemeinschaft über wichtige Themen aus und lauschten den Ausführungen von LWB-Generalsekretär Pfarrer Martin Junge über die Anfänge des LWB im Jahre 1947 und zu seiner Vision von einer gerechten, friedlichen und versöhnten Welt.
In seinem Referat während der vom 12. bis zum 18. September stattfindenden Klausurtagung arbeitete der Generalsekretär heraus, wie die Berufung des LWB, bedürftigen Menschen zu dienen, den theologischen Diskurs zu führen und mit anderen christlichen Kirchen zusammenzuarbeiten, die Zusammenarbeit der Organisation mit ihren Mitgliedskirchen beeinflusst. Zudem sprach er über das Anwachsen des LWB zu einer Gemeinschaft, die die Leitungskompetenz von Jugendlichen und Frauen wertschätzt und fördert und die für Geschlechtergerechtigkeit eintritt.
Lebendige Kirchen fördern
Der malaysische Bischof James Chong Leong Wong berichtete, dass die Quotenregelung des LWB, die jeweils mindestens 40 Prozent Frauen und Männer sowie 20 Prozent junge Menschen für Leitungsgremien fordert, dazu führe, dass die Mitgliedskirchen ihr Augenmerk darauf richteten, eine Kirche zu fördern, die heute und in Zukunft lebendig sei.
„Wir verlieren viele junge Leute, weil wir uns darauf konzentrieren, sie zu Leitungspersonen von morgen zu machen, anstatt sie schon heute mit Leitungsaufgaben zu betrauen. Das Ergebnis ist, dass in vielen Gemeinden die Mitglieder immer älter werden“, sagte der Leiter der Basler Christlichen Kirche Malaysias.
Erzbischof Urmas Viilma von der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche bekräftigte, dass Kirchen mehr junge Menschen bräuchten. Er sagte, es sei wichtig, das Gleichgewicht zwischen Männern, Frauen und der Jugendlichen in kirchlichen Leitungspositionen zu halten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das System in Zukunft bei keiner dieser Gruppen zu Diskriminierung führe.
An der Basis orientieren
Der vorsitzende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Simbabwe, Chemist Faindi, merkte an, dass das Leiden vieler einfacher Leute durch die Entscheidungen von Menschen in Leitungspositionen verursacht sei. Er wollte wissen, wie sich der LWB für Kirchen und Gemeinden in deren jeweiligem Umfeld einsetze.
„Wir wollen uns an der Basis orientieren, um die Probleme gemeinsam mit Ihnen anzugehen“, erklärte Junge. Er betonte die Verpflichtung des LWB, Kirchen in ihrer ganzheitlichen Mission von Verkündigung, diakonischem Dienst und Fürsprache zu unterstützen.
Er ermutigte die Kirchenleitungen dazu, sich mit dem LWB-Dokument „Die Kirche im öffentlichen Raum“ zu befassen, das theologische Betrachtungen zur Frage enthält, wie und warum sich Kirchen aktiv und offen bei gemeindlichen Aktivitäten für Frieden, Gerechtigkeit und das Eintreten für Menschenrechte einbringen sollten.
In seinem Referat berichtete der Generalsekretär von den Vorbereitungen zum 500. Reformationsjubiläum und der Zwölften LWB-Vollversammlung im Jahr 2017, die stattfinden wird unter dem Motto „Befreit durch Gottes Gnade“, ergänzt durch die drei Unterthemen mit der Fragestellung, weshalb Erlösung, Menschen und Schöpfung „für Geld nicht zu haben“ sind. Bischof Jensen Seyenkulo von der Lutherischen Kirche in Liberia sagte, der Fokus auf dem Thema „Menschen –für Geld nicht zu haben“, habe viel mit der Situation in seinem Land zu tun, in dem „junge Mädchen in unseren eigenen Gemeinden dem Unrecht sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Es ist viel Arbeit für uns, ein Bewusstsein für diese Probleme zu schaffen“, sagte er.
Bischof Atahualpa Hernández von der Evangelisch-Lutherischen Kirche Kolumbiens sagte, eine globale Gemeinschaft, biete Kirchen in Minderheitensituationen, viele Möglichkeiten, sich ihrer Herausforderungen bewusst zu werden und diese gemeinsam mit anderen zu meistern.
Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft
Bischöfin Patricia Lull von der St. Paul-Gebietssynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika brachte ihre Wertschätzung dafür zum Ausdruck, dass die Kirchen in der lutherischen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um auf die Not der Menschen in der Welt einzugehen. Sie erwähnte in diesem Zusammenhang die Unterstützung, die der LWB für 2,3 Millionen Flüchtlinge leistet. Sie sagte, es sei auch wichtig, daran zu erinnern, was es heiße, eine Kirchengemeinschaft mit Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft zu sein – nämlich eine Gemeinschaft von Kirchen, die ihren Dienst gegenseitig wertschätzen und anerkennen.
Junge entgegnete, es sei wichtig, dass die Mitgliedskirchen „tiefer in unsere gemeinsame Identität als LWB-Kirchengemeinschaft eintauchen“. Konflikte in einer globalen kirchlichen Organisation „werde es immer geben, doch wir müssen die Fähigkeiten entwickeln, mit unseren Unterschieden umzugehen.“
Die Entscheidung der Vollversammlung im Jahr 1990, den LWB aus einem lockeren Verband in eine Kirchengemeinschaft zu transformieren, „wurde durchaus kontrovers diskutiert, da viele Kirchen die Frage umtrieb, was das für ihre eigene Unabhängigkeit bedeuten würde“, sagte er. „Seitdem haben die LWB-Mitgliedskirchen einen beeindruckenden Weg zurückgelegt, um das Geschenk der Gemeinschaft zu leben und zum Ausdruck zu bringen“, fügte er hinzu. In Anspielung auf die Zeit nach dem Reformationsjubiläum fuhr er fort: „Wir müssen an den '32. Oktober' 2017 denken und daran, was wir tun werden, um die gemeinschaftlichen Beziehungen weiter zu pflegen und zu vertiefen. Der LWB ist bereit zu weiteren Schritten.“
Das LWB-Programm für neu gewählte Kirchenleitungen – BischöfInnen und PräsidentInnen – startete im September 2015. Es wird von der Abteilung für Mission und Entwicklung koordiniert und bietet Raum, damit Menschen in Leitungspositionen zusammenkommen können, um ihre Beziehungen zu vertiefen und sich über ihre Berufung in ihren Kirchen und in der globalen LWB-Gemeinschaft auszutauschen und voneinander zu lernen.