LWB und ÖRK organisieren Nebenveranstaltung der UN-Frauenrechtskommission
(LWI) – Seit vor zwanzig Jahren die Pekinger Aktionsplattform der Vereinten Nationen (Beijing Platform for Action, BPFA) zur Förderung der Frauenrechte verabschiedet wurde, haben die Kirchen weltweit viel für die Gendergerechtigkeit geleistet.
Anlässlich der 59. Tagung der UN-Frauenrechtskommission (Commission on the Status of Women, CSW) vom 9.-20. März in New York organisierten der Lutherische Weltbund (LWB) und der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) eine Nebenveranstaltung, um über ihre Erfahrungen zu berichten.
Wie Alice Mwaringa, Frauen-Koordinatorin der Kenianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (KELC) erklärte, bilden die Bemühungen der KELC zur Aufklärung über schädliche Praktiken wie Genitalverstümmelungen bei Frauen und Kinderheirat wichtige Strategien, um die Rechte von Frauen und Mädchen zu schützen.
Sie berichtete über ein 13-jähriges Mädchen, das von der KELK aus einer Kinderehe gerettet werden konnte. „Die Arbeit muss jedoch fortgesetzt werden, damit wir mit den Eltern ins Gespräch kommen und das traditionelle Recht in Frage stellen können“.
Gerechtigkeit und Glauben
Jen Engquist von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELCA) konzentrierte sich auf die Schnittstelle zwischen Gerechtigkeit und Glauben aus der Perspektive ihrer persönlichen Erfahrung als Direktorin von Churches United for the Homeless (Kirchen handeln gemeinsam für Obdachlose) in Moorhead (Bundesstaat Minnesota).
Die Gefahr für Frauen und Mädchen, Opfer von Menschhandel und Missbrauch zu werden, spiegele das mangelnde Engagement der US-Regierung wider, strengere Gesetze zum Schutz der Frauen und eine härtere Bestrafung der Täter zu erlassen, sagte sie. Beispiel dafür sei die Tatsache, dass die USA das Abkommen zur Beseitigung von Diskriminierung gegen Frauen (CEDAW) nicht ratifiziert habe.
Engquist erwähnte ausserdem die doppelte Gefährdung von Frauen und Mädchen der indigenen Bevölkerung. In den Reservaten würde sexueller Missbrauch durch Männer vor den Stammesgerichten verhandelt. „Dadurch sind die Opfer völlig schutzlos“, sagte sie.
Inakzeptabler Grad der Gewalt
Colleen Cross, Vertreterin der Römisch-katholischen Kirche in El Salvador, berichtete über ihre Erfahrungen mit Frauen an der Basis in ihrem Land und in Mittelamerika. Mit dem Ende der Bürgerkriege in den 1990er Jahren seien neue Formen der Gewalt aufgetaucht. Dazu gehörten Banden aus Waisen und verbitterten Jugendlichen, die den Mord an Angehörigen, qualvolle Missbrauchssituationen und die Vertreibung im eigenen Land erlebt haben.
Die gegenwärtige massive Migrationsbewegung von unbegleiteten Minderjährigen in Richtung Mexiko und USA „ist auf den inakzeptablen Grad der Gewalt in El Salvador zurückzuführen“, fügte Cross hinzu.
Individueller Schutz
Suad Younan von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELCJHL) wies darauf hin, dass die ELCJHL bei der Suche nach Befreiung den Schwerpunkt auf das Evangelium lege. Sie hob ebenfalls hervor, dass die gravierenden Auswirkungen sozialer und kultureller Regeln für Frauen und Mädchen eine grosse Herausforderung seien.
Wie Younan berichtete, seien in den letzten zwanzig Jahren Bildung und Ausbildung von Frauen die Flaggschiffprogramme der Kirche gewesen. Dabei hätten die Schulen in Palästina nicht nur die Berufsbildungsmöglichkeiten, sondern auch individuelle Schutzmassnahmen ausgeweitet. Sie berichtete von einem 15-jährigen Mädchen, das von ihrem Freund vergewaltigt worden war, um sie zur Heirat zu zwingen. Nachdem sie eine Traumaberatung, Unterstützung durch einen Pastor und Zugang zu ärztlicher Behandlung erhalten hatte, konnte sie ihr Leben weiter führen. „Das war in einem Kontext, wo sie mit grösster Wahrscheinlichkeit über den sexuellen Übergriff hinaus Opfer eines sogenannten ‘Ehrenmordes’ zur Reinigung des Familiennamens geworden wäre“, ergänzte Younan.
Glaube und Frauenförderung seien möglich, „wenn in der Verheissung Gottes Befreiung und Hoffnung für Frauen wie für Männer erkannt werden“, sagte Dr. Fulata Mbano L. Moyo, ÖRK-Programmreferentin für Frauen in Kirche und Gesellschaft (FKG).
Diskussionen auf der Kanzel
Die Lutheranerin und liberische Nobelpreisträgerin Leymah Gbowee rief die Gläubigen auf, „solche Diskussionen auch auf der Kanzel zu begrüssen“ und häusliche Gewalt als Problem in den Kirchengemeinden zu benennen.
„Genauso radikal wie Jesus das Schweigen brechen – das muss die Reaktion der Kirchen sein, um Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen“, ergänzte Gbowee.
Die Moderatorin der Nebenveranstaltung María Cristina Rendón vom LWB-Programm Frauen in Kirche und Gesellschaft (FKG) betonte wie wichtig es sei zu beurteilen, welche Fortschritte gemacht wurden und welche Herausforderungen noch anstehen, seitdem die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen anlässlich der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 die Pekinger Aktionsplattform verabschiedet und sich zu ihrer Umsetzung verpflichtet haben.
„Die ‘Sie-Geschichten’ (‘Her-stories’) über das Engagement der Frauen in Kirchenämtern, in der Theologie, als Führungspersonen und bei der Umsetzung einer Politik für Geschlechtergerechtigkeit beim LWB sind alles wichtige Beiträge zur Erfüllung der globalen Verpflichtungen der Aktionsplattform“, fügte sie hinzu.
Der LWB und der ÖRK sind Mitglied von „Ökumenische Frauen“, einer Koalition verschiedener christlicher Denominationen und Organisationen bei der Frauenrechtskommission 2015.
(Beitrag von María Cristina Rendón, Programmassistentin im LWB-Referat für Frauen in Kirche und Gesellschaft (FGK)).