Nigeria: Glauben bekräftigen trotz aller Schwierigkeiten

7. Mär. 2014
LKCN-Erzbischof Dr. Nemuel A. Babba Foto: Felix Samari LKCN/LWB

LKCN-Erzbischof Dr. Nemuel A. Babba Foto: Felix Samari LKCN/LWB

Interview mit dem lutherischen Erzbischof Nemuel Babba

(LWI) – Gläubige der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria (LKCN) haben sich von 19. bis 23. Februar 2014 zu ihrer Jahresversammlung in Demsa, im Bundesstaat Adamawa, im nordöstlichen Teil des Landes getroffen. LKCN-Erzbischof Dr. Nemuel A. Babba sprach mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) über die „grösste Versammlung “ in der Geschichte dieser Kirche, darüber „als Christen und Christinnen stark zu sein“ und über die Verantwortung der Kirche, Frieden und Versöhnung in einem „beunruhigenden Kontext“ zu fördern.

Bitte erklären Sie uns das Thema, das für die Jahresversammlung 2014 gewählt wurde.

„Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht (Heb 4: 7)“, war das Thema des diesjährigen Treffens. Die Versammlung findet einmal im Jahr statt und ist eine offene Veranstaltung der LKCN, bei der alle lutherischen Mitglieder, andere Christen und Christinnen und die allgemeine Öffentlichkeit herzlich willkommen sind.

Wir [die Leitung der LKCN] haben dieses Thema gewählt, um uns selbst daran zu erinnern, dass Gott uns hier und heute dazu aufruft, unseren Glauben als Christen und Christinnen trotz aller Widrigkeiten zu bekräftigen. Dies ist besonders im nordöstlichen Nigeria wichtig, wo wir Christen und Christinnen in grosser Angst leben. Der Kontext dort ist aufgrund der anhaltenden tödlichen Angriffe der militanten Gruppe Boko Haram auf ganze Dörfer besonders beunruhigend, wobei sie hauptsächlich auf Kirchen und christliche Ausbildungsinstitutionen abzielen, aber auch auf Moscheen und militärische und öffentliche Plätze – alles im Namen der Religion. Die Kirche wird verfolgt.

In Ihrer Eröffnungsrede sagten Sie, dass dies das grösste Treffen aller Zeiten in der Geschichte der LKCN sei. Wie viele Menschen haben teilgenommen und warum waren es so viele?

Zunächst sei gesagt, dass wir hinsichtlich der Sicherheitsvorkehrungen mit der Stadtverwaltung zusammengearbeitet haben, um unter Einsatz aller notwendigen Massnahmen die Sicherheit aller auf dem Veranstaltungsgelände – ein Gebiet von immerhin ungefähr einem Quadratkilometer – zu garantieren. Am Sonntag [dem 23 Februar], dem letzten Tag der Versammlung, hatten wir ungefähr eine Million Menschen registriert. Das übertrifft die Zahl der Anwesenden bei den Feierlichkeiten zum 100jährigen Bestehen im Oktober 2013 bei Weitem.

Während der Versammlung werden offizielle Reden und Predigten gehalten, es finden Bibelgruppen statt, Chöre und viele andere Gruppen treten auf, es gibt Bazare, bei denen Gemeinden Geld sammeln, indem sie verschiedene Dinge verkaufen, und so weiter.

Aber in erster Linie ist es eine Gelegenheit für die Mitglieder der LKCN ihren Glauben zu bekräftigen und spirituelle Erneuerung zu suchen, ihrer Solidarität miteinander und mit der Gemeinschaft im Grossen Ausdruck zu verleihen und sich einfach kennenzulernen. Die enorme Beteiligung und enthusiastische Teilnahme in diesem Jahr haben mich sehr ermutigt. In einem Kontext, in dem Menschen sich zunehmend davor fürchten, auch nur den Sonntagsgottesdienst zu besuchen, zeigt diese Veranstaltung, dass wir in unserem Glauben wachsen und als Christen und Christinnen stark sein wollen, trotz aller Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse in diesem Jahr?

Unterstützung und Solidarität: Die enorme Beteiligung hat gezeigt, dass die Mitglieder der LKCN ihre Kirche und deren Arbeit unterstützen und sie, besonders in diesen schwierigen Zeiten, solidarisch hinter ihr stehen. Die Solidaritätsbekundungen aus aller Welt, einschliesslich der von Pfr. Martin Junge, Generalsekretär des Lutherischen Weltbunds (LWB), und von Mitgliedskirchen des LWB, von unseren ökumenischen und religiösen Partnerorganisationen in Westafrika und Nigeria sowie von Regierungsvertretern und ‑vertreterinnen wurden mit grosser Dankbarkeit aufgenommen.

Friedenskonsolidierung: Wir haben bekräftigt, dass die Schaffung von Frieden in ganz Nigeria eine dringende Aufgabe der Kirche ist, an der wir uns beteiligen müssen. Und wir haben uns durch Christi Zusicherung – „Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht [...] wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Joh 14,27) – bestärkt gefühlt.

Nachhaltigkeit: Wir haben bekräftigt, dass die LKCN ihren Mitgliedern gehört und die Kirche durch sie getragen werden muss. Man kann nach 100jährigem Bestehen nicht länger Kind bleiben. Mit einem der Bazare haben wir ungefähr 20 Millionen Naira (mehr als 121.200 US-Dollar) eingenommen, eine Diözese hat 3,9 Millionen Naira (23.620 USD) gesammelt, und wir haben, neben anderen Zusagen, das Versprechen vor Ort erhalten, dass das Kongressgelände zu einem zweckdienlicherem Treffpunkt ausgebaut wird. Nigeria ist ein reiches Land und wir müssen unsere Ressourcen gemeinsam einsetzen, um unsere Bildungs- und Agrarinstitutionen zu stärken und mehr Möglichkeiten für unsere Jugend und Frauen zu schaffen.

Unsere Kernaufgabe ist, das Evangelium von Jesus Christus in die Welt zu tragen und das Leben in seiner Fülle in allen Gemeinschaften, in denen wir tätig sind, zu bejahen. Unsere Evangelisationsarbeit hat enorme Unterstützung erfahren und wir haben ausserdem einen Besuch im nordwestlichen Bundesstaat Zamfara in der Nähe von Niger geplant, wo wir bereits an 40 Orten predigen, eine Bibelschule und eine Grundschule in der Stadt Gulbin Boka unterhalten. Ich werde diesen Besuch leiten.

Warum ist es für die LKCN eine so dringende Aufgabe, Frieden zu schaffen?

Frieden zu schaffen ist heute genauso dringend wie in den 1980er Jahren und zu anderen Zeiten, in denen das Land Gewalt erlebt hat und Christen und Christinnen genau wie Muslime und Musliminnen im Namen der Religion verfolgt wurden. Die Gewalttäter, die in Verbindung zur Boko Haram Gruppe stehen, haben jedoch unsere Gemeinden infiltriert und sind mit hochentwickelten Waffen ausgerüstet.

Wenn ein Bruder aufstehen und einen anderen Bruder töten kann, dann ist das nicht Religion. Es ist deshalb die gemeinsame Verantwortung aller Nigerianerinnen und Nigerianer, diese Individuen und die Menschen, die sie unterstützen, anzuzeigen; die Regierung braucht dabei unsere Unterstützung.

Als –Religionsführerinnen und Religionsführer werden wir weiterhin diese Gruppen dazu auffordern, den Dialog mit uns über das zu suchen, was sie wollen, anstatt Waffen zu benutzen. Wir werden Frieden predigen und fördern, da Gewalt nur zu Zerstörung führt.

Wie kann Sie die weltweite lutherische und ökumenische Gemeinschaft in ihrem Wirken, insbesondere in der Schaffung von Frieden unterstützen?

Beten Sie weiterhin für uns – das ist meine Botschaft an den LWB und an unsere Brüder und Schwestern in der weltweiten Kirche. Richten Sie sich auch klar und deutlich an Ihre Regierungen und die internationale Gemeinschaft und fordern Sie sie auf, einzuschreiten, um dem sinnlosen Töten ein Ende zu setzen. Wir wollen die christliche Stimme hören, wie sie uns ermutigt, unterstützt und für uns eintritt, und dadurch die Unantastbarkeit des Lebens bekräftigt.

[Die LKCN wurde 1913 gegründet. Seit 1961 ist die Mitglied im LWB und hat gegenwärtig 2,2 Millionen Mitglieder in 2.400 Gemeinden in ganz Nigeria. Ihren acht Diözesen steht jeweils ein Bischof vor und Erzbischof Babba leitet die landesweite Kirche.]

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