LWB-Initiative zur Agenda 2030 als Teil von Präsenz, Zeugnis und Beitrag der Kirchen
Genf (LWI) – Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Vereinten Nationen und von Kirchen in Kolumbien, Liberia, Tansania und den USA sowie vielen anderen Partnern hat der Lutherische Weltbund (LWB) am Abend des 10. Oktober seine Initiative „Waking the Giant“ (Den Riesen wecken) gestartet.
„Waking the Giant“ ist eine weltweite Initiative des LWB. Sie will Kirchen befähigen und Kapazitäten ausbauen, um an der Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung mitzuwirken. Sie wird in globalen und lokalen ökumenischen Strukturen umgesetzt.
Auf globaler Ebene zum Beispiel stellt die Initiative Kirchen und kirchlichen Akteuren Instrumente zur Verfügung und bietet Schulungen an, mithilfe derer sie ihre Arbeit einem der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zuordnen können. Aktuell wird die Initiative in vier Ländern praktisch umgesetzt: Kolumbien, Liberia, Tansania und die Vereinigten Staaten von Amerika.
„Kirchen sind mit von der Partie“
„Seit Jahrzehnten, in vielen Fällen sogar Jahrhunderten engagieren sich die Kirchen im barmherzigen Dienst am Nächsten. Und schon immer war der Grundsatz, niemanden außen vor zu lassen, eine beflügelnde und motivierende Vision, die ihren Ursprung in unseren tiefsten Glaubensüberzeugungen hat“, sagte LWB-Generalsekretär Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge und erklärte weiter, dass er die Agenda 2030 als neue Chance sehe, diesem langjährigen Engagement und dieser fest verwurzelten Selbstverpflichtung Ausdruck zu verleihen.
„Bei ‚Waking the Giant‘ geht es darum, dass die Kirchen mit von der Partie sind; darum sie zu mobilisieren, zu vernetzen und zuzurüsten, dass sie sich aktiv an den weltweiten beteiligen können, die Ziele für nachhaltige Entwicklung auch tatsächlich umzusetzen“, erläuterte er weiter.
Die Leiterin des United Nations SDG Lab, Nadia Isler, sagte, die „Waking the Giant“-Initiative sei eine „einzigartige Gelegenheit in einer stark globalisierten Welt“ und dass „das Engagement der Organisationen mit religiösem Hintergrund für die Agenda 2030 gerade zur rechten Zeit“ käme. In dem von ihr gehaltenen Hauptreferat betonte sie, welch wichtige Rolle Kirchen und Organisationen mit religiösem Hintergrund (faith-based organizations, FBOs) in der Förderung von Entwicklung auf nationaler und lokaler Ebene spielten.
In einer Podiumsdiskussion sprachen Vertreterinnen und Vertreter aus den ersten vier Ländern, in denen die Initiative umgesetzt wird, darüber, wie die Kirchen sich in ihren jeweiligen Kontexten für Entwicklung einsetzten. In einem bewegenden Bericht beschrieb Pfr. Christopher Wleh Toe I., der Generalsekretär des liberianischen Kirchenrates, wie Ortsgemeinden während der Ebola-Krise die Bibel nutzten, um für Gesundheitspflege und Hygiene zu werben und sich gegen Praktiken auszusprechen, die zur Verbreitung der Krankheitserreger beigetragen hätten. „Kirchenleitende stellten Nahrung, medizinische Versorgungsgüter und Schutzkleidung zur Verfügung und sie bauten Gesundheitszentren“, beschrieb er beispielhaft einige Maßnahmen.
Entscheidende Rolle für Entwicklung
Alfonso Barragues, Stellvertretender Direktor des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), brachte seine Wertschätzung für Kirchen und religiöse Akteure zum Ausdruck, die weit mehr seien als wichtige Dienstleister im Gesundheits- und Bildungssektor. Er sprach über die Rolle von Kirchen und FBOs im Engagement für Gendergerechtigkeit und im Einsatz gegen gesundheitsschädliche kulturelle Praktiken. „Die Rolle von FBOs bei der Benennung von diskriminierenden gesellschaftlichen Normen und dem Widerstand gegen diese ist in Entwicklungsprozessen von zentraler Bedeutung“, erklärte Barragues abschließend.
„Mein Land kennt die lutherische Kirchengemeinschaft seit vielen Jahren“, fügte S.E. Paul Wolokollie Tate, Chargé d’affaires der Ständigen Vertretung Liberias bei den Vereinten Nationen in Genf, hinzu. „Neben den Kirchen waren Schulen damals die wichtigsten Akteure.“ Der Botschafter betonte zudem die unverzichtbare Stimme der Kirchen in der Advocacy-Arbeit und ihr Engagement in der Friedensförderung. „Ohne die Kirchen wäre unser Land heute ein ganz anderes“, sagte Tate.
Mikka McCracken, Leiterin der Abteilung für Planung und Engagement im Welthunger-Programm der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), berichtete über ähnliche Beobachtungen in der Arbeit der ELKA für eine gerechte Welt, in der alle Menschen genug zu essen haben. An dieser Arbeit beteiligen sich aktuell mehr als 96 Prozent der Ortsgemeinden der ELKA. „Als Christinnen und Christen glauben wir an einen Gott der Fülle, wir glauben, dass Gott in Christus in die Welt kam, damit alle das Leben und volle Genüge haben. Als Lutheranerinnen und Lutheraner glauben wir, dass wir befreit sind durch Gottes Gnade, um unsere Nächsten und die Menschen in unserer Umgebung zu lieben und ihnen zu dienen. Als Kirchen dürfen wir niemanden außen vor lassen.“