Kircheninitiative im ländlichen Malawi unterstützt Schulabbrecherinnen
Matsimbe (Malawi)/Genf (LWI) Jennipher Thauzeni trägt eine Schuluniform, sitzt in ihrer Klasse in der Schulbank und nimmt wieder am Unterricht teil – damit ist für die Schülerin der Sekundarschule in der Gemeinde Kalonga, etwa 80 Kilometer südöstlich der malawischen Hauptstadt Lilongwe, ein Traum in Erfüllung gegangen.
Die Neunzehnjährige musste die Schule zunächst mit 15 Jahren verlassen, weil sie schwanger wurde und ihre Eltern darauf bestanden, dass sie den Vater des Kindes heiratet. „Aber dann“, so berichtet Jennipher, „hat er sich nach Blantyre davongemacht und seinen Sohn bis heute noch nicht gesehen.“
Als junge Mutter hatte sie zunächst jede Hoffnung aufgegeben, noch einmal ein Klassenzimmer von innen zu sehen. Dann erfuhr sie von der Kommunalverwaltung, dass die Evangelisch-Lutherische Kirche in Malawi (ELKM) Mädchen mit einem ähnlichen Schicksal hilft, ihre Schulausbildung fortzusetzen. Heute gehört die Mutter eines vierjährigen Sohnes zu den 47 jungen Frauen, die in der Sekundarschule von Kalonga wieder am Unterricht teilnehmen. Ermöglicht wird dies durch ein Programm, das von der ELKM und der Lutherischen Gemeinschaft im südlichen Afrika (LUCSA) durchgeführt wird.
„Ich bin froh, wieder zur Schule gehen zu können. Wenn ich meinen Abschluss habe, kann ich einen guten Job bekommen und für mein Kind sorgen“, sagt Jennipher.
Selbstbestimmung und Autonomie für junge Frauen
Judith Jere, bei der ELKM stellvertretende Direktorin für Diakonie, erklärt hierzu: „Die Kirche betrachtet diese Initiative, den jungen Mädchen den Schulbesuch wieder zu ermöglichen, als eine Chance, Mädchen zu mehr Selbstbestimmung zu verhelfen in einem Land, in dem es eine im weltweiten Vergleich extrem hohe Zahl von Kinderehen gibt und fast 50 Prozent der Mädchen, besonders auf dem Land, heiraten, bevor sie 18 sind.“ Kinderehen haben zur Folge, dass die jungen Mädchen nicht mehr zur Schule gehen und sie damit einem noch höheren Armuts- und Gewaltrisiko ausgesetzt sind, führt sie aus.
Jenniphers Klassenkameradin Cecilia Labani betont, dass sie und ihre Freundinnen gerne zur Schule gehen. Besonders Mädchen aus wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen hätten aber nach wie vor eine hohe Abbruchquote, da sie jeden Tag zu Fuß bis zu zehn Kilometer Schulweg auf sich nehmen müssen.
„Wir danken der ELKM, dass sie uns den Schulbesuch wieder ermöglicht, aber es gibt nach wie vor einige Probleme“, ergänzt Cecilia. „Wir bitten deshalb die Kirche und andere Unterstützende, uns ein Wohnheim zur Verfügung zu stellen, denn wir müssen sehr weit zur Schule laufen.“
Dorfvorsteher Chilowela, der für das Dorf Matsimbe und die umliegenden Gemeinwesen der Traditional Authority Masula zuständig ist, stimmt dem zu und erklärt, dass in dieser Region 40 Prozent der Mädchen im schulpflichtigen Alter aus Armutsgründen damit rechnen müssten, früh verheiratet zu werden.
„Die Kirche betrachtete diese Initiative, den jungen Mädchen den Schulbesuch wieder zu ermöglichen, als eine Chance, Mädchen zu mehr Selbstbestimmung zu verhelfen in einem Land, in dem es eine im weltweiten Vergleich extrem hohe Zahl von Kinderehen gibt.“ Judith Jere, stellvertretende Direktorin für Diakonie bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Malawi.
Veränderung durch eine partizipative und integrierte Strategie
Das Programm des Lutherischen Weltbundes (LWB) gegen Armut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit in Afrika unterstützt die Initiative von ELKM und LUCSA, jungen Mädchen den Schulbesuch wieder zu ermöglichen, im Rahmen eines Projekts zur Bekämpfung der Armut in Matsimbe. Dieses Projekt begann mit der Aufstellung eines Wassertanks. In Malawi und auch in anderen Ländern Afrikas unterstützt der LWB seine Mitgliedskirchen bei der Durchführung integrierter und gemeinwesengestützter Aktivitäten in den Bereichen Bildung und Kapazitätsaufbau, Advocacy-Arbeit, Forschung und Förderung der wirtschaftlichen Autonomie zur Verminderung der Armut.
In Matsimbe, so Judith Jere, habe das Projekt das Leben der Familien in den 13 Dörfern und umliegenden Gemeinwesen völlig verändert. „Die ELKM erreicht mehr als 5.330 Menschen mit zwei solarbetriebenen Wasserpumpen und 23 Wasserentnahmestellen, davon eine für die Primarschule in Matsimbe und für die Mädchen, die erneut die Schule besuchen.“
Die Bereitstellung sauberen Trinkwassers war die erste Maßnahme des seit März 2014 laufenden Projekts. Die lutherische Kirche hat die Mitglieder der Gemeinwesen in einen auf Teilhabe beruhenden Planungsprozess eingebunden, der auch Aufklärungsaktionen der Dorfvorstände beinhaltete, und hat die Menschen aufgefordert, ihre Wünsche kundzutun und ihre Fähigkeiten einzubringen, um die gewünschten Veränderungen umzusetzen. Seither hat die Zahl der Anmeldungen zur Primarschule besonders von Mädchen zugenommen, und die Fälle häuslicher Gewalt sind zurückgegangen. Ernährungssicherheit, Gesundheit und Hygiene haben sich in den mehr als 1.000 Haushalten, die das Projekt erreicht, ebenfalls verbessert.
Stütze des Haushalts
„Ich bin sehr froh, wenn ich sehe, wie sich das Leben der Menschen hier verändert hat“, erklärt LWB-Afrikareferentin Pfarrerin Dr. Elieshi Mungure, die jüngst Matsimbe besuchte. „Als ich 2014 das erste Mal hierher kam, war es offensichtlich, wie sehr der Wassermangel besonders den Kindern und Frauen zusetzte. Die meisten von ihnen haben jetzt ein Lachen im Gesicht. Dieses Projekt verändert in der Tat ihr Leben.“
ELKM-Bischof Dr. Joseph P. Bvumbwe weist darauf hin, dass das Matsimbe-Projekt weitreichende Wirkung entfaltet. „Wenn man ein junges Mädchen zur Schule gehen lässt, verändert man den Haushalt und das gesamte Gemeinwesen. Ein Mädchen ist von Natur aus tragende Stütze des Haushalts.“
Bvumbwe ergänzt: „Sauberes Trinkwasser bringt Leben und Freude in das ganze Gemeinwesen.“
(Bericht und Fotos von Mphatso Thole, ELKM-Kommunikationsabteilung.)