Neuer Blickwinkel auf die Kirche
(LWI) – Diakoniefachleute aus lutherischen Kirchen in ganz Europa haben eine Drei-Jahres-Strategie vorgelegt, die Konvivenz – die Kunst und Praxis des Zusammenlebens – als umfassendes Konzept auf die europäische Gemeinwesenarbeit anwendet.
Im Rahmen eines Workshops des vom Lutherischen Weltbund (LWB) getragenen europäischen Diakonieprozesses stellten zwanzig in der Diakonie Tätige aus 12 Ländern den Bericht „Konvivenz schaffen. Zur Gestaltung von Gemeinwesendiakonie in Europa“ vor.
Neue diakonische Ansätze
Im Bewusstsein für die Herausforderungen, die sich in Europa stellen – etwa Migration, Globalisierung und Armut – und im Blick auf die Planungen anlässlich des 500. Reformationsjubiläums 2017 in den LWB-Mitgliedskirchen stellt der Bericht neue Ansätze zur Gemeinwesendiakonie vor.
Die Veranstaltung wurde vom Europareferat des LWB gemeinsam mit der Internationalen Akademie für Diakonie und soziales Handeln, Mittel- und Osteuropa (interdiac) organsiert. Gastgeberin war die der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern angegliederte Rummelsberger Diakonie.
Seit 2011 arbeiten diakonisch Tätige aus den europäischen Regionen zusammen, um die Gemeinwesendiakonie in Europa zu fördern und ein vertieftes Verständnis dafür zu entwickeln, was es bedeutet, als Kirche für Menschen in Problemsituationen da zu sein und ihnen zur Seite zu stehen.
Der Prozess wird von der europäischen „Solidaritätsgruppe“ geleitet. Die Überlegungen dieser europäischen Solidaritätsgruppe basieren auf den Erfahrungen ihrer Mitglieder in der Arbeit mit verwundbaren Gruppen. Die jüngste Tagung bestätigte als Schwerpunkt für 2014 das Thema „Praxis der Konvivenz“, 2015 und 2016 sollen die Schwerpunkte „konvivente Ökonomie“ bzw. „konvivente Theologie“ folgen.
Geplant sind zudem Besuche und „Konvivenzwochen“, die vor Ort und europaweit Möglichkeiten bieten, die Fragestellung zu vertiefen. Advocacy und die Vermittlung von Kompetenzen zur konviventen Ökonomie werden darin ebenso ihren Platz haben wie Bibelarbeiten zum Thema konvivente Theologie.
Europaweit ähnliche Anliegen
Trotz der grossen Vielfalt in Europa stehen die in der Diakonie Tätigen überall vor ähnlichen Herausforderungen, etwa im Hinblick auf wirtschaftliche Probleme oder im Ringen um Gerechtigkeit, so das Fazit der Tagungsteilnehmenden. Das Konzept der Konvivenz sei daher hilfreich, damit die Menschen an der Basis im Mittelpunkt stehen. Sie können so Fähigkeiten entdecken und entwickeln, die sie befähigen, selbst zu AkteurInnen der Diakonie zu werden.
„Ich betrachte die Kirche auf eine neue Weise“, sagt die Psychologin Marija Parnicky (Serbien), die für die Ökumenische Humanitäre Organisation (EHO) in Novi Sad arbeitet. Sie sei froh über die Materialien, mit denen sie das Konzept der Konvivenz in ihre Arbeit einbringen kann:
Pfr. Steinar Eraker (Norwegen) stellt seinerseits fest, für die in der Diakonie Tätigen sei es inspirierend zu erfahren, wie Missionsarbeit in anderen Kontexten geleistet werde. „Ich habe die Publikation bei meiner Arbeit in der Stadtmission Oslo schon verwendet.“
Nicole Borisuk leitet Kindertagesstätten für Kinder aus prekären Lebensverhältnissen in der Ukraine. Ihr Team, so ihr Fazit, werde durch den Gedanken der Konvivenz ermutigt: „In unseren Projekten leben wir schon jetzt Konvivenz und ich werde die Mitarbeitenden ermutigen, das fortzusetzen.“
„Konvivenz schaffen. Zur Gestaltung von Gemeinwesendiakonie in Europa“