Ähnliche Chancen und Herausforderungen weltweit
Wittenberg, Deutschland/Genf (LWI) – Die Kirche zu sein bedeutet, sich um Menschen in Not zu kümmern. Dies war das übereinstimmende Votum der elf kürzlich gewählten lutherischen Kirchenleitenden, die sich im Büro der Kirchengemeinschaft in Genf und im LWB-Zentrum Wittenberg trafen, um sich über ihre Kirchen auszutauschen, Herausforderungen und Beispiele für gelungener Projektansätze zu diskutieren und die LWB-Gemeinschaft kennenzulernen. Sie kamen aus neun Ländern und vier Kontinenten.
Neben den Diskussionen über pastorale Arbeit, Leitung, Gendergerechtigkeit und Konfliktmanagement war ein großer Teil der Tagung den Präsentationen der Teilnehmenden gewidmet, die ihre Kirchen und deren Kontext vorstellten, Herausforderungen benannten und Lösungswege beschrieben. Nachhaltigkeit, diakonische Arbeit und Zeugnis in einem zunehmend polarisierten Kontext waren wichtige Aspekt der Diskussionen.
Polarisierte Kontexte
Mission in einer Atmosphäre geprägt von Hass und Gewalt war das Hauptthema der Präsentation von Bischof Sulen Narzary von der Nördlichen Evangelisch-Lutherische Kirche in Indien. In der Kirche gibt es ethnische Vielfalt, und sie muss sich in einem ihr oft feindlich gesinnten Minderheitenkontext behaupten. Sie begegnet diesen zersetzenden Strömungen mit verstärkten Streben nach Einheit, dem Vertrauen auf die Kraft des Gebets und der Verkündigung des Evangeliums.
Drei Bischöfinnen aus den USA beschrieben ihren Kontext als weniger bedrohlich für Kirchenmitglieder und Geistliche, aber dennoch nicht weniger polarisiert. Die Pfarrerschaft arbeite intensiv daran, Darstellungen von Hass und Ausgrenzung entgegenzuwirken, sagte Bischof Susan Briner von Southwestern Texas Synod der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELCA). Sie berichtete, wie sie Kirchenleitende an die mexikanische Grenze gebracht hat, mit dem Ziel, eigene Ideen und Vorstellungen von Immigranten zu überprüfen, Menschen zu treffen, die sich auf den Weg der Migration begeben hatten und mit ihnen zu sprechen, um dann zuhause über diese Begegnungen berichten zu können.
Entfremdete und Marginalisierte annehmen
Diakonie und Lobbyarbeit seien wichtige Bestandteile des lutherischen Dienstes weltweit, sagten viele der Kirchenleitenden. "Diakonie ist die neue Sprache der Gnade. Wenn wir anderen dienen, gewinnen alle", ist Pfarrer Leonardo Schindler, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche am La Plata, überzeugt.
Viele der Teilnehmenden nahmen diakonische Aufgaben direkt vor der eigenen Haustür wahr und definierten auch ihr Verständnis von Mission entsprechend: Gemeinden in den USA beherbergen Migranten und unterstützen bedürftige Familien, in Ghana werden Familien in ländlichen Gebieten unterstützt, in Peru nimmt die lutherische Kirche Flüchtlinge aus Venezuela auf.
Nahrung für den geistlichen Hunger
"Kirchen sollten Gemeinschaften sein, die die unserer Gesellschaft entfremdeten Menschen annehmen und die Liebe Gottes mit ihnen teilen", sagte Bischof Eun Seob Kim von der Lutherischen Kirche in Korea und schilderte, wie das Wirtschaftswachstum Südkoreas die Menschen dazu brachte, ihre Familien auf dem Land zu verlassen und in Megacitys zu ziehen, in denen sie keine sozialen Bindungen hatten. Kirchen hätten diese Lücke oft geschlossen und seien zu einer neuen Familie und einem neuen sozialen Netzwerk geworden.
In letzter Zeit sehen sich die Gemeinden in Südkorea jedoch einer schrumpfenden und alternden Mitgliedschaft gegenüber – wiederum eine Beobachtung, die von vielen Teilnehmenden in ihren eigenen Kirchen geteilt wird. Junge Menschen für die Kirchen zu gewinnen sei eine Herausforderung geworden. Pfarrer John Shadrack Donkoh berichtete, dass in der Evangelisch-Lutherische Kirche Ghanas ein Drittel der Pastoren in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen wird. Für ihn hat es demnach Priorität, junge Pastoren auszubilden. 40 junge Frauen besuchen eine Ausbildung für Diakoninnen im Gemeindeamt.
Während die Situation in Ghana besonders dramatisch ist, wurden Bildung und geistlicher Tiefgang als die besten Wege identifiziert, um dem Reiz von gut ausgestatteten Mega-Kirchen und anderen spirituellen Angeboten zu begegnen, die mit lutherische Kirchen in Nordamerika, Korea und Argentinien um ihre jungen Kirchenmitglieder konkurrieren. "Wir haben ihren geistlichen Hunger nicht gesehen", sagte der koreanische Bischof Kim selbstkritisch. "Wir haben nie versucht, ein ernsthaftes Gespräch über ihre Probleme zu führen."
Mehr als nur finanzielle Ressourcen
"Es ist interessant, dass wir, obwohl wir in Bezug auf Ressourcen und Mitgliedschaft so unterschiedlich ausgestattet sind, alle vor den gleichen Problemen stehen", bemerkte Bischöfin Deborah Hutterer von der Grand Canyon Synod der ELCA. "Das weist uns darauf hin, dass Geld nicht der Schlüssel zur Lösung des Problems ist!"
"Finanzen sollten nicht das Einzige sein, was zählt, wir haben viele Gaben zu bieten!", so Kirchenpräsident German Loayza Aslla von der Bolivianischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. "Solange wir bei den Menschen sind, sind wir Gott nahe. Wir sollten eine Kirche für andere sein, nicht für uns selbst."