Die Lutherische Kirche in Italien unterstützt Flüchtlingsfamilien bei der Wohnungs- und Arbeitssuche und fördert den Zusammenhalt
(LWI) – Wie geht es Frauen mit Behinderungen, die allein in einer neuen Stadt ankommen und wegen ihrer Einschränkungen nicht normal arbeiten und ihren Lebensunterhalt verdienen können? In der Stadt Bozen in Norditalien betreut der Verein Schutzhütte B1 Rifugio sie „auf ihrem Weg zur Integration“, bis sie „uns als Wegbegleiter nicht mehr brauchen.“
Der Name auf Deutsch und Italienisch verrät es schon: Die Bereitstellung von Notunterkünften, Schutz und sonstige Hilfen für Menschen, die im Alltag von Obdachlosigkeit bedroht sind, sind Kernziel des Vereins, der mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Italien zusammenarbeitet. Die 2017 gegründete Schutzhütte B1 Rifugio entstand aus einer spontanen Initiative von Ehrenamtlichen. Diese kümmerten sich 2015 um Geflüchtete am Bahnhof der Stadt Bozen (Südtirol), die von dort aus weiter nach Norden reisen wollten.
Finanziell wird der Verein von Einzelpersonen, Unternehmen vor Ort und Organisationen unterstützt, darunter das Programm der Projekte von Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB).
„Wir können nicht allen Menschen helfen, auch wenn die Bedürfnisse alle berechtigt sind. Daher haben wir beschlossen, unsere Unterstützung vor allem auf Menschen zu konzentrieren, die Schutz brauchen, und ihnen eine Unterkunft zu bieten. Das sind für uns insbesondere alleinstehende Frauen, die leider nicht unter das Gesetz fallen“, sagt Caroline Hohenbühel, die den Verein mitbegründet hat und in dessen Vorstand sitzt.
wir beschlossen, unsere Unterstützung vor allem auf Menschen zu konzentrieren, die Schutz brauchen, und ihnen eine Unterkunft zu bieten.
Ms Caroline Hohenbühel, Schutzhütte B1 Rifugio
Gift* hat eine kognitive Behinderung und ist eine derjenigen, die hier Zuflucht gefunden haben. Die ursprünglich aus Nigeria stammende junge Frau hatte keinerlei soziale Unterstützung mehr, als die Schutzhütte B1 Rifugio sie in der Weihnachtszeit 2021 aufnahm. Sie wollte zwar unabhängig und nicht mehr auf ständige Hilfe angewiesen sein, brauchte aber für die meisten täglichen Dinge Hilfe. Nachdem sie 18 Monate lang unterstützt worden war, war sie sehr froh, als sie endlich einen Platz in einem Wohnheim und eine geschützte Arbeitsstelle bekam. Ein „bitterer Nachgeschmack“ trübt jedoch für das Team von Schutzhütte B1 Rifugio die Freude über Gifts Schritt in die Selbstständigkeit. Wie können Menschen, die erwiesenermaßen beeinträchtigt sind, in Bozen eigenständig leben, wenn ihnen geschützte Arbeitsplätze kaum den Lebensunterhalt sichern können und sie niemanden haben, der ihnen hilft?
Andere, wie z.B. Nataliia*, haben sich in Bozen niedergelassen. Die ukrainische Anwältin und ihr Sohn sind vor dem Krieg geflohen und kamen zunächst in einer Wohnung unter, die der italienischen lutherischen Kirche gehört. Sie arbeitet jetzt im Gaststättengewerbe und ihr Sohn besucht eine weiterführende Schule. Langfristig möchte sie in Bozen bleiben.
Häkeln verbindet
In der Schutzhütte B1 Rifugio können sich die Frauen über ihre Probleme und traumatische Erfahrungen austauschen und lernen, wie sie Resilienz aufbauen und sich auf neue Ziele und Perspektiven konzentrieren können. So bietet Eliana Muraro, eine freiwillige Mitarbeiterin des Sozialdienstes, Häkelkurse für die Frauen an.
Muraro selbst kam vor vielen Jahren aus Brasilien nach Südtirol und war an mehreren Kampagnen zur Unterstützung von Geflüchteten und Migrantinnen und Migranten beteiligt. „Wir haben gemeinsam wunderschöne Kunstwerke geschaffen", sagte sie und zeigte auf selbstgemachte Puppen und Untersetzer. „Auch wenn jede etwas anderes gelernt oder gemacht hat, so waren sie doch durch das Garn miteinander verbunden. Sie haben sich beim Häkeln kennengelernt und bei einer Tasse Tee und vielen gemeinsamen Stunden gespürt, dass die Handarbeit sie verbindet", fügte sie hinzu.
„Uns war es ein Anliegen, Frauen, die eine schwierige Phase in ihrem Leben durchmachen und nicht arbeiten können, mit diesem Häkelprojekt eine sinnvolle Beschäftigung zu bieten. Gemeinschaft tut da gut. Sie lernen andere Frauen kennen, tauschen sich aus, sprachen miteinander Italienisch oder Deutsch, lernen voneinander und erleben ein Gefühl von Sinn durch das gemeinsame Tun", so Julia Kuppelwieser, eine Mitarbeiterin des Vereins.
Mehr Asylsuchende
Im Jahr 2023 meldeten sich fast 160 Personen bei der Schutzhütte B1 Rifugio, und der Verein vermittelte 70 Personen, darunter 31 Frauen und 18 Kinder, eine Unterkunft in Wohnungen in Bozen und vorübergehend auch in einem Gemeindehaus der Kirche. Durchschnittlich blieben die Menschen sechs bis 18 Monate, bis sie eine dauerhafte Unterkunft und Arbeit gefunden hatten. Sie erhielten Unterstützung bei so grundlegenden Dingen wie medizinischer Versorgung und Kinderbetreuung. Die Hilfesuchenden kamen aus 18 Ländern, darunter Afghanistan, Iran und Pakistan, aus Ländern in West- und Nordafrika und am Horn von Afrika sowie aus Mittelosteuropa und Italien.
Neben der Bereitstellung von Notunterkünften für schutzbedürftige Personengruppen hilft die Organisation 2024 vor allem bei der Verteidigung der Rechte von Personen, die internationalen Schutz und Rechtsbeistand suchen, insbesondere von alleinstehenden Frauen. Weitere Schwerpunkte sind die Vermittlung von Arbeit und sicherem Wohnraum für Einzelpersonen, die Veranstaltung von Bildungs- und Kulturkursen sowie Sensibilisierungskampagnen zu Menschenrechts- und Flüchtlingsfragen.
*Zum Schutz der Personen verwenden wir nur ihre Vornamen.