Weltwoche der interreligiösen Harmonie: Stereotype Vorstellungen bekämpfen, Verständigung fördern

Die Kirchen in Indonesien arbeiten bei der Konzipierung einer neuen Schulung zu religiösem Pluralismus und interreligiösem Dialog eng zusammen. 

05 Febr. 2025
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Ein Treffen der akademischen Gemeinschaft für den interreligiösen Dialog in Nordsumatra, Indonesien. Foto: KN-LWF

Ein Treffen der akademischen Gemeinschaft für den interreligiösen Dialog in Nordsumatra, Indonesien. Foto: KN-LWF

Indonesische Kirchen arbeiten für interreligiösen Lehrgang mit Projekt für inklusive Staatsbürgerschaft und Menschenrechte zusammen 

(LWI) – Religiöse Vielfalt und der interreligiöse Dialog – das sind die zentralen Themen einer Aufklärungsinitiative, für die das aus Norwegen arbeitende „Inclusive Citizenship and Human Rights Project“ (ICHR - Projekt für inklusive Staatsbürgerschaft und Menschenrechte) in Zusammenarbeit mit dem Indonesischen Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes (LWB), in dem 13 indonesische lutherische Kirchen zusammengeschlossen sind, Pionierarbeit geleistet hat. 

Die zwei Organisationen haben gemeinsam eine Online-Schulung erarbeitet, die darauf abzielt, religiöse Stereotype zu bekämpfen, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu fördern und zu einem friedlichen Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften beizutragen. Die Schulung nutzt Filme und andere audiovisuelle Hilfsmittel, um zu erklären, wie Stereotype und Propaganda bekämpft werden können, insbesondere wenn es darin um die Geschichte, die Präsenz und die Praktiken religiöser Minderheiten geht. 

Pfr. Dedi Pardosi, Direktor des indonesischen LWB-Nationalkomitees, erklärt: „In Indonesien, wo die religiöse Vielfalt in der Gesellschaft eine zentrale Rolle spielt, ist der interreligiöse Dialog nicht einfach nur eine theoretische Debatte, sondern ist zwingend erforderlich, um Brücken der Verständigung und des Friedens zu bauen. Die Initiative passt sehr gut zum Geist der Weltwoche der interreligiösen Harmonie, die uns in Erinnerung ruft, dass wechselseitiger Respekt und Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung sind für die Bekämpfung von religiöser Intoleranz und gesellschaftlicher Zersplitterung.“ 

Pardosi erklärt, dass „Kirchenleitende und unser regionales Netzwerk von Universitäten und Organisationen“ durch die Schulung „mit Kompetenzen ausgestattet werden, damit sie sich konstruktiv engagieren, falsche Vorstellungen überwinden und eine Theologie des Dialogs im täglichen Leben umsetzen können. Wir Kirchen in Indonesien müssen uns bewusst machen, dass es im Dialog nicht darum geht, sich auf Kompromisse einzulassen, sondern darum, den eigenen Glauben zu vertiefen und gleichzeitig die Glaubensüberzeugungen von anderen Menschen zu würdigen und zu respektieren.“ 

Dr. Ingvill Plesner, Projektmanagerin für das ICHR-Projekt am Norwegischen Zentrum für Holocaust- und Minderheitenforschung, erklärt, dass die Zusammenarbeit mit dem indonesischen LWB-Nationalkomitee nach der COVID-19-Pandemie mit der Produktion eines Kurzfilms über die Religionsvielfalt in Indonesien begann. „Wir freuen uns sehr, dass wir nicht nur auf globaler Ebene mit dem LWB zu diesen wichtigen Themen zusammenarbeiten konnten und können, sondern auch auf regionaler Ebene mit dem Indonesischen Nationalkomitee“, sagt Plesner. 

„Das indonesische Nationalkomitee hat ein solides Netzwerk von Universitäten und Organisationen, die sich für den interreligiösen Dialog einsetzen“, berichtet sie. „Dank dieses Netzwerks hatten wir die Möglichkeit, mit Mitarbeitenden der Kirchen zu sprechen, die sich aktiv in diesem Bereich engagieren. So konnten wir spannende Diskussionen über die Herausforderungen und die Instrumente anregen, die dabei helfen können, ein besseres gegenseitiges Verständnis unter den verschiedenen Glaubensgemeinschaften zu fördern.“ 

Indonesien, Tunesien, Irak und Indien im Fokus 

Neben den Erfahrungen an der Basis in Indonesien legt die Schulung auch einen Schwerpunkt auf die religiöse Vielfalt in Tunesien, im Irak und in Indien, und beschäftigt sich mit der festen historischen Verwurzelung von verschiedenen Minderheiten, die seit Jahrhunderten friedlich mit der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft zusammenleben. Ein Modul unterstreicht, wie wichtig und wertvoll interreligiöse Exkursionen sind, wie wichtig und wertvoll es ist, Gotteshäuser und Kultstätten zu besuchen und zu erkunden, wie Vielfalt in Speisen, Kleidung, kulturellen Traditionen und den gemeinsam mit Nachbarinnen und Nachbarn und befreundeten Menschen gemachten Lebenserfahrungen zum Ausdruck kommt. 

Ein anderes Modul beschäftigt sich genauer mit der Art und Weise, wie schnell und einfach Stereotype, die auf religiösen, ethnischen, gesellschaftlichen, nationalen und anderen Unterschieden beruhen, zu Spaltung führen und Integration verhindern und dann oft zu Gewalt und Konflikten führen. In einer Zeit, in der Hass und Hetze in den sozialen Medien immer mehr zunehmen, berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Fachbereich Interreligiosität und Menschen, die sich praktisch in diesem Bereich engagieren, wie man stereotype Vorstellungen durch Aufklärung und praktische Erfahrungen erkennen und überwinden kann. 

Einer der interreligiösen Expertinnen und Experten, die in der Schulung zu Wort kommen, ist der LWB-Direktor für Theologie, Mission und Gerechtigkeit, Pfr. Dr. Sivin Kit. Er berichtet, wie es für ihn war, in dem mehrheitlich muslimischen Malaysia aufzuwachsen. Er betont, wie wichtig es ist, „die vorgefertigten Narrative zu überwinden“, um sicherzugehen, dass die Dialogbemühungen auf tatsächlichen Lebenserfahrungen beruhen. „Im interreligiösen Dialog geht es nicht um Vorstellungen oder Glaubenssysteme. Interreligiöser Dialog findet statt, wenn Menschen zusammenkommen, um sich über ihre innersten Glaubensüberzeugungen, Werte und Visionen für das Leben auszutauschen“, sagt er. 

Kit betont zudem, dass der interreligiöse Dialog inklusiver werden muss und nicht nur zwischen „religiösen Führungspersonen und akademischen Fachpersonen“ stattfinden darf. Er sagt: „Ich bin überzeugt, dass es wichtig ist, dass die Wissenschaft eingebunden ist, aber dann gibt es oftmals eine tiefe Kluft und Frauen und junge Menschen sind nicht beteiligt.“ Oftmals, so sagt er, seien es aber die Frauen und die jungen Erwachsenen, „die einen besonderen Blickwinkel auf die praktische Umsetzung des interreligiösen Dialogs im Alltag einbringen“. 

Junge Menschen brächten zudem „die Gabe der Kreativität“ in den interreligiösen Dialog ein, unterstreicht Kit, denn „sie leben in einer schnelllebigen Welt und wissen, was es kostet, die religiöse Vielfalt nicht zu verstehen und wertzuschätzen. Sie verlangen von uns, uns mit unseren Zweifeln und den internen Auseinandersetzungen innerhalb unserer Religionsgemeinschaft auseinanderzusetzen, weil sie versuchen zu verstehen, welche Bedeutung Religion in ihrem Alltag hat.“ 

Die Weltwoche der interreligiösen Harmonie wird seit ihrer Ausrufung durch die Vereinten Nationen 2010 jedes Jahr vom 1. bis 7. Februar gefeiert. Der LWB unterstützt die Initiative, die interreligiösen Gruppen und anderen Menschen eine Plattform bietet, ihre Arbeit zu präsentieren, mit der sie den Dialog, das gegenseitige Verständnis, die Zusammenarbeit und das harmonische Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften verbessern wollen.

LWB/P. Hitchen
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