Friedensarbeit als Priorität in der Welt nach der Pandemie

23 Sep 2020
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Eine Gruppe von Mädchen unterwegs zur Schule im jordanischen Bezirk Sahab. Die vom LWB geleistete Hilfe kommt sowohl jordanischen als auch syrischen Kindern zugute. Foto: LWB/Albin Hillert

Eine Gruppe von Mädchen unterwegs zur Schule im jordanischen Bezirk Sahab. Die vom LWB geleistete Hilfe kommt sowohl jordanischen als auch syrischen Kindern zugute. Foto: LWB/Albin Hillert

Friedensengagement und nachhaltige Entwicklung

GENF (LWI) – Anlässlich der Feierlichkeiten zum Internationalen Tag des Friedens am 21. September hat der Lutherische Weltbund eine Erklärung über die dringend erforderliche Friedensarbeit in einer Welt nach dem Ende der Corona-Krise unterzeichnet. Dieses Jahr befasst sich der 1981 von den Vereinten Nationen eingeführte Weltfriedenstag in erster Linie mit dem Thema „Frieden gemeinsam gestalten“ und thematisiert auch die Herausforderungen, vor die uns die COVID-19-Pandemie stellt.

Die Erklärung mit dem Titel „Jetzt ist die Zeit: eine neue Friedensverpflichtung“ ist von zahlreichen humanitären Organisationen sowie Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen aller Glaubensrichtungen unterzeichnet worden. Sie warnt nachdrücklich davor, dass die Grundprinzipien der UN-Menschenrechtscharta in Vergessenheit geraten und daraus „Entwicklungsverluste und menschliches Leid“ entstehen können mit der Folge, „dass viele Menschen auf der Strecke bleiben.“

Die Erklärung geht auf die negativen Auswirkungen von COVID-19 und seine wirtschaftlichen Folgen für das Leben der Menschen ein und warnt, „dass Maßnahmen von Regierungen und anderen Akteuren die Lage verschlimmern“, indem mit „zunehmender Gewalt, Ungerechtigkeit und Ausgrenzung reagiert wird und auf diese Weise die Würde und der Wert des Menschen und die gleichen Rechte von Männern und Frauen sowie großer und kleiner Länder missachtet werden.“

Ressourcen für Friedensarbeit und Teilhabe verfügbar machen

Die Unterzeichner rufen die internationale Gemeinschaft auf, die Friedensarbeit als Antwort auf COVID-19 zum festen Bestandteil aller Initiativen zu machen, um der Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen an Entscheidungsprozessen Priorität zu geben und internationale Menschenrechtsnormen „als Schutz für die am stärksten gefährdeten Menschen“ zu stärken.

Die Erklärung wiederholt die Forderung nach einer globalen Waffenruhe, wie sie vom UN-Sicherheitsrat gestellt wurde und im Juli vom LWB-Generalsekretär Pfr. Dr. Martin Junge ebenfalls unterstützt wurde, und fordert die Länder auf, Atomwaffen abzuschaffen und Militärausgaben zu kürzen, um diese freiwerdenden Ressourcen an anderer Stelle einsetzen zu können.

Pfr. Dr. Sivin Kit, LWB-Programmreferent für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen, sagte: „Die anhaltenden Beiträge aller nationalen und lokalen, aus dem Glauben handelnden Akteure sind für die Konfliktprävention, die Intervention in kritischen Situationen und den Aufbau sozialen Friedens nach Konflikten von entscheidender Bedeutung.“ Und weiter: „Bei unserer Arbeit mit ökumenischen, interreligiösen und anderen Partnern sehen wir es als unsere Aufgabe an, Brücken zwischen Basisbewegungen, praktischen Initiativen und globalen Prozessen zu bauen und damit unserer Berufung als Friedensarchitekten zu folgen.“

SDG16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Die Friedensarbeit war auch das zentrale Thema eines vor kurzem durchgeführten LWB-Seminars mit Beteiligung der Mitglieder der Waking the Giant-Initiative, deren Ziel der Aufbau von Kapazitäten der Kirchen ist, damit diese einen effektiven Beitrag zur Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDG) leisten können. Die Online-Diskussion befasste sich in erster Linie mit SDG 16: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen und beschrieb praktische Beispiele der Kirchenarbeit in Kolumbien und den Vereinigten Staaten zur Förderung von Dialog, Inklusion und Versöhnung als wichtige Voraussetzungen einer friedlichen Gesellschaft.  

Bischof Eduardo Martìnez Diaz, nationaler Koordinator des Kolumbien-Programms von Waking the Giant, erklärte die enge Zusammenarbeit seiner Kirche mit zahlreichen anderen aus dem Glauben handelnden Organisationen im Rahmen einer Plattform mit der Bezeichnung „Glaube und Entwicklung“ und der als Dipaz bekannten Friedensbewegung der Zivilgesellschaft. Der Bischof berichtete über eine Dipaz-Initiative aus jüngster Zeit mit einer Forderung an den UN-Sicherheitsrat, das Mandat einer Verifizierungsmission zu verlängern, die die Einhaltung des 2016 unterzeichneten Friedensabkommens in Kolumbien überwacht.

Sara Lara, Koordinatorin des Menschenrechtsprogramms der Evangelisch-Lutherischen Kirche Kolumbiens (IELCO), wies darauf hin, dass die Kirchen die Friedensarbeit in Kolumbien nach jahrzehntelangen Konflikten im Land zunehmend perfektioniert haben. In dieser Zeit „haben wir diese Arbeit geleistet, um zu überleben und die Hoffnung in unseren Gemeinschaften aufrecht zu erhalten.“  Diese Rolle „wird von der Regierung immer stärker anerkannt“, fügte sie hinzu, aber „das globale Kirchennetz des LWB hat die wichtige Fähigkeit, unsere Arbeit zu unterstützen.“

Alaide Vilchis Ibarra, Programmdirektorin für Migrationspolitik bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA), berichtete über ihre Arbeit im Kontext des AMMPARO-Programms, das junge Flüchtlinge unterstützt und betreut, die in die Vereinigten Staaten kommen. Sie berichtete über die „prophetische Führungsrolle“ der ELKA als erste Kirche, die geflüchtete Menschen willkommen heißt und unterstützt und sich verpflichtet, allen Migrierenden und Flüchtlingen beizustehen.

In ihren Ausführungen über die Werte des Alten und Neuen Testaments, die die Arbeit für Gerechtigkeit und Versöhnung bestimmen, sagt Dr. Kit: „Die Friedensarbeit ist eine harte Arbeit, und das Leben derjenigen, die sich für Menschenrechte einsetzen, wird oft bedroht.“ Er betonte ebenfalls „die entscheidende Bedeutung interreligiöser und interkultureller Perspektiven, um zu vermeiden, eine zu einseitige Sicht auf den Frieden zu haben.“ „In Zeiten zunehmenden Populismus und nationalistischer Politik und Diskurse“, sagte er, „haben wir alle die Pflicht, der Sprache des Friedens Gehör zu verschaffen.“

Friedensarbeit und öffentliche Theologie werden ebenfalls das zentrale Thema eines Webinars sein, das Sivin Kit am 22. September durchführt. Titel: „Ignorieren, Widerstand leisten, sich engagieren? Global Antworten auf religiösen Nationalismus“.

LWF/OCS