Aktion motiviert junge Menschen, sich für Veränderungen in ihrer Gesellschaft zu engagieren
(LWI) – Über 200 „KlimaheldInnen“ aus 42 Ländern haben am 26. Oktober an dem Onlinespiel „Reise zur Klimagerechtigkeit“ teilgenommen. Das Konzept dazu hatte der Lutherische Weltbund (LWB) entwickelt, mit dem Ziel, junge Menschen bei ihrem Engagement für Veränderungen zu unterstützen und sie gleichzeitig mit der weltweiten lutherischen Kirchengemeinschaft in Kontakt zu bringen.
Die Teilnehmenden unternahmen eine virtuelle Weltreise, entdeckten mithilfe von Beiträgen von ReferentInnen aus verschiedenen Ländern unterschiedliche aktuelle Aspekte des Klimaschutzengagements, trugen selbst Ideen bei und konnten bei der Beantwortung von Quizfragen Punkte sammeln.
In zwölf Referaten ging es um Theologie, Klimagerechtigkeit, urbanen Gartenbau, Wiederaufforstungsprojekte, Advocacy gegen Tiefseebergbauprojekte, „KlimaSail“ - ein besonderes Segelprojekt sowie um Befreiungstheologie aus der Perspektive der Dalits. Es referierten junge Menschen aus dem LWB, Mitarbeitende der Vereinten Nationen und TheologInnen, die interreligiös engagiert sind.
Das Spiel wurde organisiert im Rahmen des Programms „Kapazitätsaufbau Advocacy“, das in der Abteilung des LWB für Mission und Entwicklung (AME) angesiedelt ist. Es soll die Mitgliedskirchen dazu ermuntern, sich, gemeinsam mit AktivistInnen aus Ökumene und Zivilgesellschaft sowie den Marginalisierten selbst, verstärkt für Gerechtigkeit und Menschenrechte einzusetzen.
Die Initiative ist Teil der Bemühungen des LWB, neue Möglichkeiten zu finden, um junge Menschen anzusprechen und in das Engagement für Veränderungen in ihrer jeweiligen Gesellschaft einzubeziehen, um so der drängenden Problematik des Klimawandels und seiner negativen Folgen zu begegnen.
„Dieses Pilotprojekt war ein voller Erfolg“, so die Bewertung von LWB/AME-Jugendreferentin Caroline Richter. „Die Teilnehmenden gaben extrem positives Feedback zur Methodik eines Social Game, das gleichzeitig Lernerfahrungen und Vernetzung ermöglicht und obendrein Spass macht.“
Richter ergänzte: „Sie möchten diese Form der Bildungs- und Advocacy-Arbeit zur Klimagerechtigkeit fortsetzen.“
Aus den Reihen der Teilnehmenden kommt das Fazit, man habe durch das Spiel sehr viel gelernt und werde einige Ideen im Alltag umsetzen.
„Hier wird wirklich viel Wissen vermittelt“, resümiert *Tamesha aus Guyana. „Ich habe so viel gelernt. Ihr könnt sicher sein, dass ich weitergeben und selber praktizieren werde, was ich bei dieser Reise gelernt habe.“
*Carolina aus Argentinien schreibt: „Ich finde das Spiel total klasse und lerne so viel dabei.“
*Patrick aus Chile erklärt: „Ich möchte die Referate herunterladen, damit ich auch später darauf zugreifen und sie anderen jungen Leuten zeigen kann.“
Theologische Hilfestellungen
Den Teilnehmenden wurden eine Reihe theologischer Hilfestellungen für ihr Engagement für Klimagerechtigkeit zur Verfügung gestellt. Dr. Guillermo Kerber, Programmreferent für Klimagerechtigkeit beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) betonte, die Bibel unterstreiche einerseits die Heiligkeit der Schöpfung und fordere andererseits Gerechtigkeit.
Martin Kopp, ein französischer Theologe, der 2013 der LWB-Delegation zur Klimawandel-Konferenz der Vereinten Nationen in Warschau angehörte, stellte fest, es gebe eine traditionelle, irrige Lesart des biblischen Schöpfungsberichts, wonach der Mensch berufen sei, die Schöpfung zu unterwerfen: „Die Bibel ruft uns vielmehr dazu auf, als verantwortliche Haushalterinnen und Haushalter mit der Erde umzugehen und Ressourcen fair zu verteilen.
Pfr. Brian Konkol, Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika (ELKA), plädierte für eine „olivgrüne Agenda“ als Verbindung der grünen Agenda des Umweltschutzes mit der braunen Agenda der Armutsbekämpfung: „Nur [eine solche Agenda] ist mit den Ideen des oikos, des einen Haushalts Gottes, vereinbar.“
Unter Verweis auf die Aussage Luthers, ChristInnen seien zugleich Heilige und SünderInnen, betonte Konkol, es treffe zu, dass ChristInnen zum Klimawandel beitrügen, sie müssten sich dieser Tatsache jedoch offen und in Demut stellen, „damit wir mutig nach Mitteln und Wegen suchen, der ganzen Schöpfung Leben in Fülle zu bringen.“
Alle grossen Weltreligionen, einschliesslich des Christentums, des Islam und des Buddhismus böten hilfreiche Grundlagen für den gemeinsamen Einsatz für Klimagerechtigkeit, so Pfarrerin Dr. Simone Sinn, Studienreferentin für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen in der Abteilung des LWB für Theologie und Öffentliches Zeugnis (ATÖZ).
Reuben Mete, von Watut River Development in Papua-Neuguinea, berichtete, die indigene Bevölkerung in seiner Heimat sei zwar im Besitz eines Grossteils der Landflächen, aber ausländische Bergbauunternehmen strichen einen Grossteil der Gewinne ein und trügen in den Gebieten, wo sie aktiv sind, gleichzeitig zu dem hohen Grad an Umweltverschmutzung bei.
Die Teilnehmenden erfuhren weiterhin, dass in Kanada genossenschaftliche Gärten jungen Menschen die Möglichkeit bieten, über ihr Verhältnis zur Natur und zu Lebensmitteln nachzudenken, während AltersgenossInnen in Deutschland die Folgen des Klimawandels beim Segeln in der Nordsee unmittelbar erleben können.
Tsiry Rakoto und Chris Böer (Madagaskar bzw. Deutschland) berichteten von ihren Erfahrungen in der LWB-Delegation zur 18. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP18) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), die 2012 in Doha (Katar) stattfand.
Der LWB-Rat hat in seiner im Juni 2013 abgegebenen Erklärung zum Klimawandel alle Mitgliedskirchen aufgerufen, sich auf der nationalen Ebene wie auch in den Gemeinden im Kampf gegen den Klimawandel zu engagieren. Diese Erklärung und die Erkenntnisse aus der „Reise zur Klimagerechtigkeit“ würden die sieben jungen Delegierten der COP19-Delegation des LWB motivieren, im Namen der lutherischen Kirchengemeinschaft noch energischer wirksamere Massnahmen einzufordern, so Richter.
Im persönlichen und gemeinschaftlichen Leben
In den Diskussionen während der „Reise zur Klimagerechtigkeit“ ging es um die praktischen Veränderungen im persönlichen Leben und im gemeinschaftlichen Leben – etwa um den Verzicht auf Fleisch, die Berücksichtigung des Klimawandels in den Lehrplänen von Sonntagsschulen und den politischen Einsatz für Klimagerechtigkeit.
Matilda Mattson, eine schwedische Teilnehmerin, die auch der COP19-Delegation des LWB angehören wird, stellte fest, immer mehr Menschen in ihrer Kirche entschieden sich für eine vegetarische oder vegane Ernährung.
„Für meine Jugendgruppe, die sich für internationale Fragen interessiert, ist völlig klar, dass das der richtige Schritt für den Klimaschutz ist. Hoffentlich verbreitet sich der Gedanke von der Kirche ausgehend auch auf Familien und Freunde ausserhalb.“
Die Teilnehmenden räumten allerdings auch ein, es bleibe noch viel zu tun, um die Öffentlichkeit insgesamt zu sensibilisieren. „Wir alle haben unseren Teil dazu beizutragen, dass der Klimawandel bekämpft und diejenigen Länder, die die grössten Emissionen verursachen, für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden“, urteilt *Cassandra aus Guyana.
(*Bei den Online-Teilnehmenden sind teilweise nur die Vornamen bekannt.)