Das gegenseitige Vertrauen stärken

14 Juni 2017
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Erzbischof Dr. Musa Panti Filibus, Päsident des Lutherischen Weltbundes. Foto: LWB/Albin Hillert

Erzbischof Dr. Musa Panti Filibus, Päsident des Lutherischen Weltbundes. Foto: LWB/Albin Hillert

Interview mit Erzbischof Dr. Musa Panti Filibus, dem neugewählten Präsidenten des Lutherischen Weltbundes

GENF (LWI) – Die Delegierten der Zwölften Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) haben am 13. Mai 2017 Erzbischof Dr. Musa Panti Filibus zum 13. Präsidenten des LWB gewählt. In sein neues Amt bringt Filibus seine Erfahrung aus 11 Jahren Tätigkeit im Büro der Kirchengemeinschaft ein. Im folgenden Interview umreißt er die Prioritäten, die er setzen möchte, und beleuchtet sie vor dem Hintergrund seines Kontexts.

Wie fühlt man sich als neugewählter LWB-Präsident?

Ich empfinde Dankbarkeit und bin gewissermaßen überwältigt. Ich kehre zurück in den Dienst der Kirchengemeinschaft, die ich sehr gut kenne. Der LWB ist ein Teil von mir.

Was bedeutet es für Sie, 11 Jahre im Büro der LWB-Kirchengemeinschaft tätig gewesen zu sein, dann den Ruf ins Bischofs- und später Erzbischofsamt einer Mitgliedskirche erhalten zu haben und sich nun als Präsident wiederum für den LWB zu engagieren?

Ich empfinde es als großen Segen, dass ich die Möglichkeit hatte, in der Kirchengemeinschaft mitzuarbeiten, zunächst als Afrikareferent in der Abteilung für Mission und Entwicklung (AME), dann als Direktor der AME und schließlich auch als Stellvertretender Generalsekretär. So habe ich Kontakte in alle Regionen des LWB knüpfen können.

Ich bin aus der weltweiten Kirchengemeinschaft an die Basis berufen worden, um Bischof der Diözese Mayo Belwa in der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria zu werden. Nach kurzer Zeit wurde mir als Erzbischof Führungsverantwortung auf der nationalen Ebene übertragen. Und nun die Rückkehr zum LWB. Ich fühle mich zutiefst geehrt und empfinde es als große Gnade Gottes, dass er mich in dieses Amt ruft.

Sie haben die Kirchengemeinschaft als „Geschenk“ bezeichnet und festgestellt, dass sie genährt werden muss, um wachsen zu können. Würden Sie uns diesen Gedanken erläutern?

Als wichtige Aufgabe stellt sich uns aktuell die Klärung der Frage, wie wir unseren Weg als Kirchengemeinschaft fortsetzen wollen. Wenn wir den Weg nicht miteinander gehen können, wenn wir einander nicht gegenseitig respektieren können, gibt es keinen LWB. Ganz egal welches gemeinsame Tun wir uns vornehmen, alles hängt davon ab, wie wir unser Miteinander gestalten.

Wir sollten uns bewusst machen, dass die Reformation, die sich vor 500 Jahren vollzog, der Kirche die Chance eröffnete, die Botschaft des Evangeliums und den Auftrag der Kirche, wie er sich zur damaligen Zeit darstellte, neu zu entdecken. Ich meine, wenn wir nun die nächsten Schritte auf unserem Weg gehen, bietet sich uns gleichermaßen die Chance, zu fragen: Zu welchen Aufgaben ruft Gott die Kirche heute?

Über das 500. Reformationsjubiläum hinaus Kirchengemeinschaft zu sein bedeutet, bewusst wahrzunehmen, dass wir befreit sind durch Gottes Gnade. Dieses Bewusstsein pflegen wir auf dynamische Art und Weise und suchen die Gegenwart des Heiligen Geistes, damit er uns in unserem Alltag, aber auch in unserem Miteinander als Kirchen belebt.

Nigeria, Ihre Heimat, leidet unter schweren Konflikten. Hat das einen Einfluss auf Ihre Prioritätensetzung als LWB-Präsident?

Natürlich prägt mein nigerianischer Kontext meine Überlegungen. Sie sind deswegen aber nicht losgelöst sind vom großen Ganzen. Ich habe auch die weltweiten Entwicklungen und den Weg im Blick, den ich bisher beschritten habe.

Nigeria hat sich sehr stark verändert. Vielfach stehen wir dort unter dem Eindruck, dass wir nicht mehr zusammengehören. Zu viele Menschen haben das Gefühl, dass sie als Bürgerinnen und Bürger nicht gefragt, verstanden oder respektiert werden. Das menschliche Leben wird geringgeschätzt. Dabei sind die religiös bedingten Unruhen nur ein Aspekt. Im Süden Nigerias wird um die Kontrolle der Rohstoffe gekämpft.

Trotz dieser instabilen Situation gibt es immer Hoffnungszeichen, die Religion, Politik und Staat gleichermaßen berühren. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass sich da und dort entsprechende Stimmen erheben. Das gibt mir Hoffnung, dass die Gewalt, die wir erleben, nicht das letzte Wort haben wird. Die Chance auf Erneuerung und Veränderung gibt es immer.

Es wird nicht einfach sein, aber wir dürfen nicht nachlassen – wir müssen unseren Weg fortsetzen. Hierauf beruht meine Leidenschaft, heute Teil des LWB zu sein und danach zu fragen, wie wir einander in diesen schwierigen, krisenträchtigen Zeiten, die wir vor Ort und weltweit erleben, unterstützen können.

Die Landschaft des LWB ist allerorten komplex. Wie wird der LWB die Mitgliedskirchen in so unterschiedlichen und vielfältigen Kontexten zukünftig unterstützen?

Keine Kirche sollte sich alleingelassen fühlen. Wir müssen auch weiterhin das wechselseitige Vertrauen, das wir im Lauf der Jahre aufgebaut haben, nähren und fördern. Haben wir dieses Vertrauen zueinander, dann bleiben wir langfristig offen für den Austausch über unserer Erfolge und Herausforderungen und tragen einander im Gebet und in der Liebe. Wir sollten noch mehr Raum schaffen für den respektvollen gegenseitigen Austausch.

Im Rahmen Ihrer früheren Mitarbeit beim LWB haben Sie an der Umsetzung des Grundsatzpapiers Gendergerechtigkeit mitgewirkt. Was sind nach Ihrer Ansicht die nächsten Schritte in dessen Umsetzung?

Es ist mir sehr wichtig, hier gemeinsam mit dem Rat des LWB Leitungsverantwortung zu übernehmen und Möglichkeiten zu erschließen, wie dieses Dokument ganz konkret umgesetzt werden kann. Wir müssen Mechanismen entwickeln, die dafür sorgen, dass es nicht auf der Ebene der Kirchenleitungen allein verbleibt. Wir müssen Prozesse fördern, die die Auseinandersetzung mit dem Dokument in theologischen Seminaren und Institutionen ermöglichen und das Gespräch zwischen den Mitgliedskirchen anstoßen.

Welcher Platz kommt im LWB zukünftig der Diakonie zu?

Diakonisch zu handeln bedeutet, Kirche zu sein. Und Kirche zu sein bedeutet, Diakonie zu üben. Mein Traum wäre, dass der LWB im diakonischen Bereich auch in Zukunft ein relevanter, wichtiger internationaler Akteur bei der Linderung menschlichen Leids bleibt. Wir haben den Weltdienst als internationalen diakonischen Arm des LWB, der hervorragende Arbeit leistet. Und wir haben die Mitgliedskirchen, die ebenfalls vielfältige diakonische Arbeit tun. Es ist unerlässlich, dass diese beiden Ebenen der Diakonie im LWB und seinen Mitgliedskirchen gemeinsam im Blick behalten werden. In diesem Sinne habe ich die Vision eines LWB, der den Weltdienst weiterhin und noch intensiver unterstützt und gleichzeitig die Mitgliedskirchen dazu befähigt und dabei begleitet, als prophetische diakonische Akteurinnen in ihrem je eigenen Umfeld zu wirken.

LWF/OCS
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