Wittenberger Seminargruppe in weltumspannender Gemeinschaft verbunden
WITTENBERG, Deutschland/GENF (LWI) - "Wir haben als WhatsApp-Gruppe begonnen, denn wir wollten länderübergreifend in Verbindung bleiben“, berichtet Damaris Grimmsmann (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers). Die Gruppe von 20 Pfarrerinnen und Pfarrern aus 17 Ländern hat sich inzwischen zu einem weltumspannenden Netzwerk entwickelt, um Ängste und Sorgen zu teilen, einander zu ermutigen und neue Ideen für die Gemeindearbeit, insbesondere angesichts der Corona-Pandemie, auszutauschen.
Kennengelernt haben sich die Pfarrerinnen und Pfarrer im März 2019 während eines zweiwöchigen internationalen theologischen Seminars, das der Lutherische Weltbund (LWB) regelmäßig in seinem Zentrum in Wittenberg anbietet. Die konzentrierte theologische Auseinandersetzung, der persönliche Austausch und gemeinsamen Exkursionen schweißte die Teilnehmenden weit über die Dauer des Seminars zusammen.
"Ich habe durch unser Netzwerk eine unerwartet klare Wahrnehmung des Begriffs 'Pandemie' bekommen", so Lise Palstrøm (Evangelisch-Lutherische Volkskirche in Dänemark). "Wir sind alle betroffen. Einige früher, andere wenige Tage oder Wochen später. Während an einigen Orten Zusammenkünfte mit 50 oder mehr Personen noch als unproblematisch angesehen werden, erleben andere bereits Kontaktsperren oder akute Fälle von COVID-19 in ihrem sozialen Umfeld oder in ihren Kirchengemeinden.
Vor zwei Wochen hatte Tom Hoffmann (Lutherische Kirche Australiens) ein Treffen der länderübergreifenden Gruppe von Pastorinnen und Pastoren auf einer Videokonferenzplattform initiiert. "Ich hatte das Gefühl, dass es gut wäre, einander zu sehen", erklärt er. "Wir kennen uns gut und vertrauen einander.“ War bisher die Geburt von Kindern, Herausforderungen in der Arbeit der Kirchen und andere Themen Gegenstand des Austausches, gab es angesichts der Coronavirus-Pandemie das Bedürfnis, diese Verbindung noch enger zu gestalten.
Die Koordination über unterschiedliche Zeitzonen hinweg war eine der ganz praktischen Herausforderungen dieses Treffens. Hoffmann blieb bis Mitternacht auf. Für die Teilnehmenden in Europa fiel es auf den frühen Nachmittag, und in den USA mussten sie früh aufstehen, um dabei zu sein. Urwin Holband (Evangelisch-Lutherische Kirche in Suriname) nahm sogar während einer Autofahrt per Handy an der Sitzung teil. "Es war sehr ermutigend, sich auf diese Weise weltweit verbunden zu wissen", berichtet Grimmsmann. "Aber es war gleichzeitig ziemlich erschreckend, die globalen Dimensionen dieser Krise wahrzunehmen.“
Südafrika ist eines der Länder, in denen erst kürzlich eine weitreichende Kontaktsperre verhängt wurde. Petra Röhrs (Nordöstliche Evangelisch-Lutherische Kirche in Südafrika - NELCSA) ist erleichtert: so wird die Notwendigkeit verringert, dass Menschen, die in Townships leben, in überfüllten Verkehrsmitteln und mit hohem Infektionsrisiko zur Arbeit pendeln müssen. Die neue Situation hat jedoch nicht nur sozio-ökonomische, sondern auch kulturelle Auswirkungen: "Soziale Distanzierung ist im südafrikanischen Kontext ein Konzept, das bisher unvorstellbar war", erklärt sie.
Die Begegnung in einer Videokonferenz erwies sich als eine so ausgezeichnete Methode, die Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern zusammenzubringen, dass sie dies nun regelmäßig tun möchten. Eines des Hauptthemen des ersten Treffens war vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der Einsatz von digitalen Werkzeugen und anderen Mitteln für die Gemeindearbeit. Eine weitere Aufgabe, vor der Pfarrerinnen und Pfarrer derzeit stehen, ist die Vorbereitung auf die Karwoche und Ostern, zu denen sich die Gemeinden nicht wie üblich an einem Ort werden treffen können. Auch hier wird ihnen die Zugehörigkeit zu ihrem Netzwerk wertvolle Anregungen und kollegiale Unterstützung bieten – dessen sind sie sich alle sicher.