Appell: "Rettet unser gemeinsames Haus"

06 Okt. 2021
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LWB-Generalsekretär Martin Junge spricht im Rahmen der Konferenz „Faith and Science: Towards COP26” im Vatikan vor religiösen Führungspersonen. Foto: Vatican Media

LWB-Generalsekretär Martin Junge spricht im Rahmen der Konferenz „Faith and Science: Towards COP26” im Vatikan vor religiösen Führungspersonen. Foto: Vatican Media

Christliche Kirchen und andere Weltreligionen richten Klima-Aufruf an Regierungen

VATIKANSTADT, Italien/GENF (LWI) – „Wir haben einen bunten Garten geerbt und dürfen unseren Kindern keine Wüste hinterlassen.“ Diese unmissverständliche Warnung ist die zentrale Aussage eines gemeinsamen Appells von Führungspersonen vieler Religionsgemeinschaften der Welt, die am 4. Oktober im Vorfeld des Welt-Klimagipfels COP26 im Vatikan zusammengekommen sind. Der Gipfel wird Ende des Monats in Glasgow eröffnet. Der Appell unterstreicht den breiten Konsens in der Wissenschaft, dass dringende Maßnahmen erforderlich sind, um den Anstieg der Erderwärmung zur Abwendung einer Klimakatastrophe auf 1,5°C zu begrenzen.

Rund 40 religiöse Führungspersonen aus aller Welt – darunter der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Martin Junge, und der Leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT), Frederick Shoo – unterzeichneten gemeinsam mit Papst Franziskus den Appell an Regierungen und Entscheidungstragende. Diese werden nachdrücklich aufgefordert, ambitioniertere Maßnahmen zu ergreifen und effektiver zusammenzuarbeiten, um die Erderwärmung einzudämmen.

Das Treffen mit dem Thema „Faith and Science: Towards COP26” (Glaube und Wissenschaft: Auf dem Weg zur COP26) war der Abschluss der bereits seit mehreren Monaten stattfindenden Online-Zusammenkünfte von religiösen Führungspersonen und renommierten Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Die Veranstaltung wurde vom Vatikan in Partnerschaft mit den britischen und italienischen Botschaften beim Heiligen Stuhl veranstaltet und sollte Glaubensgemeinschaften aus aller Welt mobilisieren. Teil der Veranstaltung war auch eine symbolische Pflanzaktion eines Olivenbaums in den Vatikanischen Gärten unter Mitwirkung der anwesenden religiösen Führungspersonen.

Emissionen verringern und die Schwachen schützen

Junge sagte in seiner Ansprache im Namen der lutherischen Kirchengemeinschaft, dass der gemeinsame Appell die klare Botschaft vermittele, dass sich „Menschen guten Willens aus allen gesellschaftlichen Gruppen vereinen und gemeinsam handeln und arbeiten können“. Nur wenige Wochen vor dem Beginn des COP26-Klimagipfels wies er darauf hin, „dass wir gemeinsam die Staatengemeinschaft dazu auffordern, Emissionen substanziell zu reduzieren und für den Schutz und die Unterstützung besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen zu sorgen“.

Aufbauend auf sein langjähriges Engagement für die Bewahrung der Schöpfung verpflichte sich der LWB, so Junge, seine Mitgliedskirchen „mit spirituellen und theologischen Ressourcen auszustatten, um Maßnahmen gegen den Klimawandel in die Wege zu leiten und Gemeinwesen zu unterstützen, die bereits von klimabedingten Katastrophen betroffen sind“. Weiterhin, erklärte Junge, verpflichte sich der LWB, „die bereits bestehende ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit auszubauen“ und „der Stimme junger Menschen Gehör zu verschaffen und sie zu fördern sowie Kirchenleitende in ihrem Engagement für Klimagerechtigkeit zu unterstützen“.

Bischof Shoo aus Tansania, der aufgrund seines wegweisenden Einsatzes im Kampf gegen den Klimawandel eingeladen wurde, erzählte, dass er aufgrund seiner Bemühungen, die lokalen Gemeinschaften für die Bepflanzung der Hänge des Kilimandscharo zu mobilisieren, den Spitznamen „Baum-Bischof“ bekommen habe. Er paraphrasierte und erinnerte an die Worte Martin Luthers: „Selbst, wenn ich wüsste, dass ich morgen sterben würde, würde ich heute noch einen Baum pflanzen“, und berichtete, dass in seiner Heimat inzwischen von allen Kindern im Konfirmationsunterricht erwartet werde, Bäume zu pflanzen und etwas über die Klimakrise zu lernen. Er schloss mit einem Appell an die Staats- und Regierungschefs der Welt: „Lasst uns unser gemeinsames Haus retten, bevor es zu spät ist.“

Erhalt der Schöpfung ist moralische Pflicht

Der gemeinsame Appell wurde von christlichen Führungspersonen der orthodoxen, katholischen, anglikanischen, protestantischen und reformierten Glaubenstraditionen sowie von Vertreterinnen und Vertretern des Judentums, des Islam, des Buddhismus, des Sikhismus und des Jainismus unterzeichnet. Weitere religiöse Führungspersonen, die nicht persönlich an der Konferenz teilnehmen konnten, hatten Videobotschaften übermittelt. Die junge italienische Aktivistin Federica Gasbarro kam als Vertreterin der Delegierten einer Veranstaltung von „Jugend für das Klima“, die in der Vorwoche in Mailand stattgefunden hatte, zu Wort.

Der gemeinsame Appell wurde zum Abschluss von Papst Franziskus an den britischen Politiker Alok Sharma, der als Präsident den COP26-Gipfel leiten wird, und an den italienischen Außenminister Luigi Di Maio überreicht. Die Klimakonferenz, die vom 31. Oktober bis 12. November in Glasgow stattfinden wird, wird von Großbritannien und Italien gemeinsam ausgerichtet. Der LWB wird auf dem Klimagipfel von einer Delegation vertreten, der junge Klimaaktivistinnen und -aktivisten aus unterschiedlichen LWB-Regionen und Fachleute für Klimagerechtigkeit, Jugend und Advocacy angehören.

Der Appell beschreibt eindringlich, wie sehr wir Menschen von unserem Planeten abhängig sind, und fordert eine „stärkere Solidarität angesichts der globalen Pandemie“ und der sich verschärfenden Klimakrise. Er betont, dass die ärmsten Menschen und insbesondere Frauen und Kinder in den am stärksten gefährdeten Ländern am schlimmsten unter der Krise leiden, und fordert einen Paradigmenwechsel in der bisher allein auf Wirtschaftswachstum ausgerichteten Politik. „Wir sind nicht die grenzenlosen Herrscher über unseren Planeten und seine Ressourcen“, heißt es in der Erklärung. „Wir sind Haushälterinnen und Haushälter der Natur und dazu berufen, sie für zukünftige Generationen zu bewahren. Wir haben die moralische Pflicht, bei der Heilung des Planeten zusammenzuarbeiten.“

LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller

LWF/OCS