Versöhnung und ein „Jubeljahr für die Erde“

07 Okt. 2020
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Foto: LWB/JC Valeriano

Foto: LWB/JC Valeriano

Ökumenischer Online-Gottesdienst schließt Zeit der Schöpfung 2020 ab

GENF, Schweiz (LWI) – Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge, hat zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern anderer christlicher Kirchen und Glaubensgemeinschaften am 4. Oktober an einem Online-Gottesdienst zum offiziellen Abschluss der diesjährigen Zeit der Schöpfung teilgenommen. Die Zeit der Schöpfung wird jährlich mit Gottesdiensten und vielseitigem Engagement für die Bewahrung der Schöpfung begangen. In diesem Jahr stand sie unter dem Motto „Jubeljahr für die Erde“.

Zur Eröffnung des ökumenischen Gottesdienstes mit Musik, Fürbitten, Lesungen aus der Bibel und einer Predigt las die Bischöfin der Episkopalkirche von Kuba, Bischöfin Griselda Delgado, ein Gebet für die Schöpfung und Msgr. Bruno Duffé vom vatikanischen Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen den Sonnengesang des Franz von Assisi. 

Als Vertreter eines orthodoxen Kirchenoberhauptes, des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I., welcher als Pionier auf dem Gebiet der Umwelttheologie gilt, unterstrich Erzdiakon Dr. John Chryssavgis „die herausragende Bedeutung spiritueller Werte bei der Formulierung einer Umweltethik“. In seinen Ausführungen darüber, wie eng ein Jubeljahr und Versöhnung miteinander verbunden sind, sprach Chryssavgis über das „ökumenische Gebot, die Schöpfung zu bewahren“ und sagte, „die Erde vereine uns alle, ungeachtet unserer Differenzen in Bezug auf Glaubenslehre, politische Überzeugungen, Ethnie usw. und über diese hinweg“

Wiederherstellung zerbrochener Beziehungen

Dr. Agnes Abuom von der Anglikanischen Kirche von Kenia und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen erklärte, die COVID-19-Pandemie habe uns „an die zerbrochenen Beziehungen zwischen der Menschheit und dem Rest der Schöpfung und die zerbrochenen Beziehungen der Menschen untereinander“ erinnert. Das Virus habe die auf nationaler und internationaler Ebene herrschende soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit deutlich aufgezeigt und noch verschärft. Aber das Virus, so Abuom, gebe Glaubensgemeinschaften gleichzeitig auch die Möglichkeit, „einen Weg in Zukunft zu entwerfen und darzulegen, um Heilung und Veränderung herbeizuführen“ und so Gerechtigkeit und Würde in den Beziehungen wiederherzustellen.

Die Franziskanerschwester Sheila Kinsey sprach im Namen der Internationalen Vereinigung von Generaloberinnen, einem Zusammenschluss von Generaloberinnen katholischer Ordensfrauen aus aller Welt. Sie berichtete über das Projekt „Hoffnung säen für den Planeten“, an dem Ordensfrauen in vielen Ländern der Welt mitwirken, um die zentralen Botschaften der Enzyklika „Laudato Si‘: Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ von Papst Franziskus umzusetzen.

LWB-Generalsekretär Junge hat in seiner Ansprache berichtet, auf wie vielfältige Art und Weise die lutherischen Kirchen aus aller Welt auf den Aufruf zur Bewahrung der Schöpfung reagieren, darunter zum Beispiel die Installation von solarbetriebenen Wasserpumpen im Tschad und ein Baumpflanzprojekt in Tansania. Die Zeit der Schöpfung, so Junge, sei „eine Möglichkeit für unsere Mitgliedskirchen, das theologische Fundament für ihre Lehren zur Menschenwürde, der Tatsache, dass wir Geschöpfe Gottes sind, zu unserer Beziehung zum Land und dem wahren Wert der Schöpfung zu festigen“.

Alle Teile und Aspekte der Schöpfung sind miteinander verbunden

In Bezug auf die „weitreichenden Auswirkungen der weltweiten COVID-19-Pandemie“ erklärte Junge, das Virus habe „aufgedeckt, auf wie vielfältige Art und Weise wir miteinander verbunden sind“. Es habe gleichzeitig aber auch die Überzeugung aufgezeigt, so Junge, „die der Kern unseres christlichen Glaubens ist, nämlich dass alle Teile und Aspekte der Schöpfung eng miteinander verbunden sind, was wiederum Quelle einer Hoffnung auf Erlösung und Wiedergutmachung ist“. 

Diese Grundüberzeugung, sagte er weiter, illustriere, dass unsere Erlösung davon abhinge, „dass wir uns darauf zurückbesinnen, dass wir Teil und Glieder der Erdgemeinschaft sind“, denn „eine Freiheit ohne das Bewusstsein, dass wir alle miteinander verbunden sind, macht uns nur zu Gefangenen unserer selbst“. Weil wir durch unsere Taufe als eine Familie von Christinnen und Christen miteinander verknüpft und verbunden seien, sagte Junge, „streben wir nach der heiligen Vorstellung und dem heiligen Mut, wieder so zu leben, wie Gott es gewollt hat“, befreit von dem ökonomischen und gesellschaftlichen Joch einer gotteslästerlichen Produktion und eines ebensolchen Konsums, die zu Umweltzerstörung und der Ungerechtigkeit führen, dass der Klimawandel abhängig von unserer Zugehörigkeit zu einem Geschlecht, einer Ethnie oder einer Generation unterschiedliche schwere Folgen für uns hat“.

Pfr. Dr. Chad Rimmer, LWB-Programmreferent für Identität, Gemeinschaft und Bildung und Vorsitzender des Lenkungsausschusses für die Zeit der Schöpfung, hob hervor, dass die in jedem Jahr aufs Neue begangene Zeit der Schöpfung „die ganze christliche Familie für eine liturgische Zeit des Betens und mutigen ökumenischen Handelns“ zusammenbringe. „Unsere globale Solidarität ist ein Zeichen für die Verbundenheit und Unteilbarkeit der Erdgemeinschaft und die sichtbare Einheit der Kirche. Wir hoffen, dass diese ökumenische Solidarität unsere Berufung stützen und uns Kraft geben kann, die Erde in den kommenden Monaten zu bestellen und zu bewahren bis wir auch im nächsten Jahr die Zeit der Schöpfung begehen!“

An dem Online-Gottesdienst mitgewirkt haben des Weiteren Führungspersonen der Globalen Katholischen Klimabewegung, der Weltweiten Evangelischen Allianz, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und der Konferenz Europäischer Kirchen. Zum Abschluss des Gottesdienstes sprach die LWB-Vizepräsidentin für Afrika, Pfarrerin Dr. Jeannette Ada Maina von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kamerun, einen Segen. 

Viele Kirchen in der ökumenischen Familie nehmen die „Zeit der Schöpfung“ (auch Schöpfungszeit genannt) wahr, die sich vom 1. September bis zum 4. Oktober, dem Fest des Heiligen Franziskus von Assisi, erstreckt. Für die lutherische Gemeinschaft ist diese liturgische Zeit des Gebets und Handelns eine Gelegenheit, das Engagement des LWB für die Bewältigung einer zentralen Krise unserer Zeit - des Klimawandels - zu bekräftigen. „Jubeljahr für die Erde“ ist 2020 das Thema für die „Zeit der Schöpfung“.

 

LWF/OCS