Bibelarbeit auf dem 3. Ökumenischen Kirchentag in Deutschland
FRANKFURT AM MAIN, Deutschland/GENF (LWI) – Unterdrückung höre nicht auf, wenn man wegschaue. Im Gegenteil: Indem Gewalt, Böses und Unterdrückung angeschaut werde, könne sie angegangen werden, so der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Panti Filibus Musa, in einer Bibelarbeit auf dem 3. Ökumenischen Kirchentag am Wochenende.
Der 3. Ökumenische Kirchentag fand vom 13. bis 16. Mai statt. Diesmal war es vor allem eine Online-Veranstaltung, die Tausende von Christinnen und Christen aus verschiedenen Konfessionen in Deutschland unter dem Thema „Schaut hin“ versammelte, das sich auf die Aufforderung Jesu „Geht hin und seht nach!“ in Markus 6,38 bezieht. Musas Beitrag war ein vorab in seinem Heimatland Nigeria aufgezeichnete Video.
In seinen Überlegungen zu Genesis 6,12-22, der Geschichte von Noah und der Arche, wies der LWB-Präsident auf die Verbindung zum Thema des Ökumenischen Kirchentags hin. „Sie versammeln sich unter dem Thema 'Schaut hin'. Und das ist es, was Gott in unserer biblischen Geschichte tut, wenn er beobachtet, wie sich menschliche Gewalt ausbreitet und entfaltet. Gott schaut nicht weg. Gott schaut hin.“
Schaut hin!
„Um des Friedens willen, um der 'Toleranz' willen oder um politisch korrekt zu sein, schauen wir oft weg von der Gewalt. Aber was für ein Frieden kann das sein, wenn er Gewalt in seiner Mitte duldet?“ fragte Musa. „Indem wir auf die Gewalt, das Böse und die Unterdrückung schauen, haben wir die Chance, sie zumindest aufzugreifen, sie anzusprechen und vielleicht auch zu transformieren.“
Als Beispiele dafür nannte er das diakonische und öffentliche Handeln der Kirchen gegen die Gräueltaten in Nigeria und das Thematisieren der „unsäglichen Gewalt, die die Menschen in Syrien, Jemen, Afghanistan, Myanmar, Mexiko und so vielen anderen Ländern“ erleiden, durch den LWB. Zugleich lobte er die „starke Stimme“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die „die unhaltbare Situation von Flüchtlingen und Migrierenden benennt und den Menschen auf dem Mittelmeer und in Deutschland praktische Unterstützung anbietet.“
Als weiteres Problem nannte Musa den ungleichen Zugang zu COVID-19-Impfungen. Dass 75 Prozent der bisher verabreichten Impfstoffe in nur zehn Ländern der Welt verteilt wurden, sei „ein Ausdruck von struktureller Korruption und Gewalt, die Tausende von Menschenleben kosten kann.“ Gleichgültigkeit und mangelnde Solidarität könnten möglicherweise „selbstmörderisch werden“, sagte Musa. „Solange nicht alle sicher sind, ist niemand sicher.“
Ein Gott des Neuanfangs
„Gottes Enttäuschung und Wut über die Korruption der Menschen und wie sie das Leben gewaltsam verleugnen und zerstören, ist groß“, so Musa. Gott wolle aber nicht die „Vernichtung der Schöpfung“, sondern „einen Neuanfang“.
Die Schöpfung solle „ihrer ursprünglichen und endgültigen Absicht annähern: neues Leben hervorzubringen“, sagte Musa. „Ich sehe hier eine schöne Parallele zu dem, was Gott viel später tat, als er seinen eigenen Sohn Jesus Christus, Gottes einzigen Sohn, opferte, damit die Welt das Leben haben konnte (Johannes 3).“
Der Regenbogen (1. Mose 9,12-13) symbolisiere den Neuanfang, „mit dem sich die Welt und die Menschheit ihrem ursprünglichen Sinn und ihrer ursprünglichen Berufung annähern, und damit das Leben verwandelt wird hin zu mehr Gerechtigkeit, mehr Frieden, und zur Versöhnung.“ Und: „Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, ist das Zeichen und Siegel über dieser Verheißung.“
„Es gibt keine Korruption und Gewalt sind kein Schicksal“, fügte der LWB-Präsident hinzu. „Das ist nicht das Ziel, für das wir geschaffen. Gott bietet Neuanfänge an, die die Spirale der Gewalt unterbrechen, die schließlich alles zerstören würde.“
Als getaufte Christen, so schloss er, werden wir in eine „Reise der andauernden Verwandlung geführt, auf der wir Gottes Ruf und Willen tiefgründiger leben und so den die Füller des menschlichen Lebens erfahren.“