„Wir haben Freude daran, Gottes frohe Botschaft weiterzusagen“
Guatemala-Stadt, Guatemala/Genf (LWI) – Die kleine Augustinische Lutherische Kirche von Guatemala (ILAG), deren Mitglieder mehrheitlich indigenen Bevölkerungsgruppen angehören, setzt bei ihrer Arbeit auf Bildung sowie Frieden und Gerechtigkeit. Für viele Menschen, die in dem lateinamerikanischen Land am Rand der Gesellschaft stehen, sind dies die zentralen Themen. Sie bilden die schlichte, aber tragfähige Grundlage für den Dienst der Kirche, erläutert ihre Präsidentin, Pfarrerin Karen Castillo Echeverría.
„Bildung macht die Menschen frei. Unsere Arbeit stützt sich auf das Fundament der Bildung. Wenn Menschen etwas lernen über ihre Menschenrechte, über die Bibel, Gott und seine Gnade, dann verändern sie sich. Sie wachsen, wenn sie Gott zuerst als Gott der Gnade kennenlernen, nicht als einen Gott, der straft“, führt Castillo aus.
„Wir haben Freude daran, Gottes frohe Botschaft weiterzusagen, den Gott des Friedens, der Liebe und Barmherzigkeit zu verkünden in einem Land, das traditionell einen strafenden, rächenden Gott hat“, betont Castillo. „Wir machen deutlich, dass Gott in uns ist, nicht irgendwo weit weg im Himmel, ein Gott des Friedens und der Gerechtigkeit.“
Die meisten der 18 Gemeinden der ILAG bestehen aus Angehörigen der ethnischen Gruppe der Q’eqchi oder anderer ethnischer Gruppen oder aus Menschen, die nach dem 36 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der 1996 zu Ende ging, nach Guatemala zurückgekehrt sind. Ab 1996 begleitete die Kirche die Zurückkehrenden an die ihnen von der Regierung zugewiesenen Wohnorte. 1998 nahm sie ihre Missionsarbeit in La Esmeralda (Municipio Dolores, Departamento Petén) auf, in der Folge entstanden rasch 14 weitere Gemeinden.
Neben den kulturellen und sprachlichen Unterschieden stellt die Integration der Rückkehrenden die ILAG vor eine weitere Herausforderung. So hatten etwa diejenigen, die in Mexiko Zuflucht gesucht hatten, ihre guatemaltekische Identität großteils verloren und man vermittelte ihnen nach ihrer Rückkehr nicht die nötigen Kompetenzen, um überleben zu können. „Guatemala lebte vor der Unterzeichnung des Friedensvertrags 36 Jahre lang in einem Konflikt. War er damit zu Ende? Nein. Frieden muss man aufbauen und niemand hat uns gelehrt, wie man in Frieden lebt“, erläutert Castillo.
Mitgliedschaft im LWB fördert öffentliche Aufmerksamkeit
Der LWB-Rat nahm die Kirche bei seiner Tagung 2018 als neues Mitglied in die weltweite Kirchengemeinschaft auf, was ihr zuhause die Anerkennung ihres Status als lutherische Kirche eingebracht hat, stellt Castillo fest.
Mit ihren 3.000 Mitgliedern ist die ILAG unter der 17 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung Guatemalas eine kleine Kirche, die es schwer hat, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. „Obendrein haben wir keine Mittel und unsere Kirchenglieder sind wenig gebildet. Nimmt man dazu unsere Arbeit mit Indigenen, unser Engagement für Frauen, dann haben wir ein gewaltig dickes Brett zu bohren.“
Weiter stellt die Kirchenpräsidentin fest: „Einem größeren Ganzen anzugehören stärkt unsere lutherische Identität, besonders in indigenen Gemeinschaften an entlegenen Orten. Die Kirche erfährt damit Anerkennung für ihren Dienst in Gottes Mission, den sie seit über 29 Jahren leistet und sie kann gegenüber dem Staat und der übrigen Gesellschaft mit gestärktem Profil und größerer Glaubwürdigkeit auftreten.“
Vonseiten anderer Konfessionen war in Zweifel gestellt worden, dass die ILAG eine Kirche sei, da das Luthertum in Guatemala kaum bekannt ist. Ihr Ringen um Anerkennung wurde zusätzlich durch die Tatsache erschwert, dass der Kirche eine Frau als Präsidentin vorsteht, während es in Guatemala kaum ordinierte Frauen gibt.
„Heute sind wir sichtbar präsent in unserer Gesellschaft, in der Menschen, die indigen, arm, ungebildet und/oder ausgegrenzt sind, in der Regel übersehen werden. Damit gehen wir so um, dass wir unserem Umfeld mit Freundlichkeit begegnen und nicht zurückschlagen – einfach Liebe und Freundlichkeit üben.“
Schwerpunkt Bildung
Ihre Seelsorge und Sozialarbeit nahm die ILAG zuerst in sozial schwachen Vororten von Guatemala-Stadt auf. In allen ihren Arbeitsbereichen liegt ein klarer Schwerpunkt auf dem Thema Bildung.
„Bildung zu vermitteln macht uns Freude. Wenn die Kommunikation von Menschen gefördert wird und sie Begleitung erfahren, können sie lernen, dass sie sich selbst direkt an Gott wenden können, dass sie dazu würdig sind“, betont Castillo.
Im Jahr 1993 gründete die Kirche im Viertel La Isla eine Grundschule. Drei Jahre später folgte eine zweite Schule in El Mirador Boca del Monte, die Kindern von vier bis 15 Jahren offensteht.
Als andere wichtige Arbeitsbereiche der ILAG zu nennen sind die Vermittlung von Leitungskompetenzen an die Gemeindeglieder, die Frauenarbeit, die Sicherung der medizinischen Grundversorgung und Ausbildung ehrenamtlicher Gesundheitsfachkräfte, Sonntagsschulen und Grundschulen, Musikunterricht sowie die Entwicklung von Beziehungen mit Synoden und Kirchen. In der von der Kirche betriebenen Casa Milagro werden jungen indigenen Frauen die erforderlichen Fähigkeiten vermittelt, damit sie auf eigenen Füßen stehen können und nicht gezwungen sind, früh zu heiraten.
Aktuell weitet die Kirche ihre Arbeit mit der indigenen Jugend und indigenen jungen Familien in ländlichen Gebieten aus und eröffnet den Q’eqchi-Maya neue Chancen, den Glauben wiederzuentdecken. Die ILAG fördert mit verschiedenen Aktivitäten junge Führungspersönlichkeiten, insbesondere diejenigen, die Q’eqchi-Maya als Muttersprache sprechen.