Der Präsident und die Generalsekretärin des LWB befinden sich in Bratislava auf der ersten Konsultation von Kirchenleitenden in Mittel- und Osteuropa seit der Pandemie, die sich schwerpunktmäßig mit der Rolle der Kirche bei Friedensstiftung und Versöhnung im Ukraine-Krieg befasst.
Thematische Schwerpunkte sind die Ukraine-Krise und die Vollversammlung 2023 in Krakau
(LWI) - Während der Konflikt weiterhin jeden Tag Tausende von Menschen zur Flucht aus der Ukraine zwingt, trafen sich lutherische Kirchenleitende aus der Region Mittel- und Osteuropa in Bratislava, Slowakei, um über die Rolle der Kirche bei der Förderung von Frieden und Versöhnung zu sprechen. Vertreterinnen und Vertreter aus nahezu allen 16 Kirchen in der Region versammelten sich vom 19. bis 21. Oktober zur ersten Präsenz-Konsultationen seit Beginn der COVID-19-Pandemie.
Oben auf der Tagesordnung stand die Reaktion ihrer Kirchen auf die Ukraine-Krise. Ein weiterer Schwerpunkt war die Dreizehnte Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds (LWB), die im kommenden Jahr in Polen abgehalten wird. Mit dieser Veranstaltung trifft sich das höchste beschlussfassende Organ des LWB erst zum zweiten Mal seit Gründung des LWBs vor 75 Jahren in dieser Region.
In seiner Ansprache an die versammelten Delegierten reflektierte LWB-Präsident Panti Filibus Musa über die zunehmenden Herausforderungen durch Konflikte, Ungleichbehandlung, religiösen Nationalismus, Klimawandel, Menschenrechtsverletzungen und Massenvertreibung von Menschen sowie die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie in vielen Teilen der Welt. Diese Liste an Problemen „scheint von Tag zu Tag zu wachsen“, sagte er. „Sie fordert uns heraus, tief in den Quell unserer spirituellen theologischen und ethisch-moralischen Ressourcen einzutauchen, damit wir angemessen darauf reagieren.“
Die Kirche sei aufgefordert, „sich im öffentlichen Raum sowohl zuversichtlich als auch unerschrocken zu engagieren“, sagte er, doch gleichzeitig „müssen wir auch die Stimmen in unseren eigenen Reihen ansprechen, wenn die Menschenwürde angezweifelt wird, wenn Religion zu politischen Zwecken instrumentalisiert wird oder wenn wir sehen, wie Kirchenmitglieder an der öffentlichen Verbreitung von Lügen mitwirken.“
Durch mutiges, klares und demütiges Handeln, sagte Musa, müssten Kirchenleitende „sich jeder Art von Propaganda, die auf die Verteufelung anderer abzielt, ebenso wie den Rufen nach autoritäreren Regierungssystemen entgegenstellen.“ Er merkte an, dass die Texte der LWB-Dokumente Resisting exclusion (Widerstand gegen Ausgrenzung) und Die Kirche im öffentlichen Raum immer mehr Relevanz bekämen, „da wir mit religiösen Stimmen konfrontiert werden, die Krieg und Gewalt rechtfertigen bzw. mit politischen Stimmen, die die Religion zur Spaltung der Menschen instrumentalisieren.“
Musa betonte, die lutherischen Kirchen in Osteuropa „haben eine besondere Gabe, an der sie die ganze Gemeinschaft und die ganze Gesellschaft teilhaben lassen müssen“, denn unter der jahrzehntelangen kommunistischen Herrschaft hätten sie gelernt, wie man „den christlichen Glauben mit Resilienz und Beharrlichkeit auslebt“. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg II, fuhr er fort, waren die Kirchen in dieser Region auch Vorreiter bei der Versöhnung zwischen Polen und Deutschland. Sie riefen nach Vergebung und Anerkennung der gemeinsamen Grenzen „schon bevor die Politiker symbolische Gesten machten.”
Jugendliche haben Schlüsselrolle in der Friedensstiftung
Der nigerianische Erzbischof hob auch die „wichtige Rolle von jungen Menschen“ als Botschafterinnen und Botschafter des Friedens und der Versöhnung hervor. Er verwies auf ein vom LWB unterstütztes Jugendprojekt in seinem eigenen Land, durch das Farmer und Viehhirten auf neutralem Boden zusammengebracht wurden, um über die Grundursachen der zwischen ihnen herrschenden Konflikte zu sprechen. Auf Initiative von Jugendlichen lutherischen Glaubens, sagte er, habe das Projekt auch muslimische Partnerinnen und Partner zur gemeinsamen Arbeit an Frieden und Versöhnung an Bord geholt.
Auch LWB-Generalsekretärin Anne Burghardt sprach die Möglichkeiten an, mit denen die weltweite Gemeinschaft versucht, bei der Beteiligung an Gottes ganzheitlicher Mission „unsere Worte in die Tat umzusetzen“. Sie warf einen Blick auf die Geschichte des LWB und seines Vorgängers, des Lutherischen Weltkonvents, die beide danach strebten, Menschen christlichen Glaubens zusammenzubringen und engere Beziehungen zwischen den lutherischen Kirchen in verschiedenen Teilen der Welt zu schmieden.
Obwohl sich die Demographie der lutherischen Welt deutlich zum Globalen Süden hin verschoben habe, seien die vier Säulen, auf denen der LWB gegründet wurde, nämlich „sich der Bedürftigen anzunehmen, gemeinsame Bestrebungen in der Theologie, gemeinsame Bezeugung der ökumenischen Einheit und gemeinsame Initiativen in der Mission“, unverändert geblieben. Sie beharrte darauf, dass der LWB trotz der wachsenden Herausforderungen in unseren aktuellen Kontexten auch weiterhin von seiner Visionserklärung geleitet werde: ‚Befreit durch Gottes Gnade sind wir eine Gemeinschaft in Christus, die gemeinsam lebt und arbeitet für eine gerechte, friedliche und versöhnte Welt.‘
Burghardt nannte ein paar Beispiele für die Arbeit des LWB, mit der diese Vision in die Praxis umgesetzt wird, wie den COVID-Schnellhilfefonds, die Advocacy-Arbeit für Klimagerechtigkeit und die Programme zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die auch als „Schattenpandemie“ bezeichnet wird. Der LWB hat „eine langjährige Verpflichtung zur Gleichstellung der Geschlechter aus der Überzeugung heraus, dass Gott alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht als Seine geliebten Kinder betrachtet.“ Ebenso hat er eine „klare Verpflichtung zur Frauenordination“, die erstmals im Jahr 1984 bestätigt wurde.
In unserer heutigen polarisierten Welt, sagte die Generalsekretärin, „müssen wir dafür sorgen, dass wir aus dem Reichtum unserer theologischen Tradition schöpfen“, um den grob vereinfachenden Sichtweisen entgegenzutreten, die die Welt in „Freunde und Feinde“ spalten. „Wir müssen Botschafterinnen und Botschafter von Hoffnung und Versöhnung unter unseren Anhängern, in der Ökumene und in unseren Gesellschaften sein“, beharrte sie und „einen gemeinsamen Raum für Menschen mit unterschiedlichen und gegensätzlichen politischen Interessen und Überzeugungen“ anbieten. Das kann nur geschehen, sagte sie abschließend, „wenn wir Christus in den Mittelpunkt stellen. Nähern wir uns ihm an, so heißt das, dass wir uns auch gegenseitig annähern.“