LWB-Präsident Younan: „Andere“ annehmen heisst Gerechtigkeit üben
(LWI) – Der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Dr. Munib A. Younan, hat gemeinsam mit anderen internationalen Führungspersönlichkeiten aus dem religiösen Bereich das historische Papier „Fremde willkommen heissen – Selbstverpflichtungen von Religionsführerinnen und Religionsführern“ unterzeichnet, das Hilfeleistung für Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Staatenlose sowie das Eintreten gegen Fremdenfeindlichkeit festschreibt.
Die Unterzeichnungszeremonie fand am 21. November im Rahmen der 9. Weltversammlung der Religionen für den Frieden in Wien (Österreich) statt. Über 600 Delegierte aus der buddhistischen, christlichen, hinduistischen, jüdischen und muslimischen Tradition nahmen teil. Je ein/e VertreterIn jeder Religion verlas eine Passage aus dem Dokument, bevor sie/er es unterzeichnete.
Die Selbstverpflichtungen, die vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) aufgrund einer Initiative unter Federführung des LWB entwickelt worden waren, wurden im Juni dieses Jahres offiziell vorgestellt und vom LWB-Rat bei seiner Tagung im selben Monat bekräftigt.
Younan stellte fest, die Unterzeichnung des Dokuments nicht einmal ein Jahr nach seiner Präsentation sei ein emotionales Ereignis, das illustriere, was geschehen könne, wenn im religiösen Bereich Verantwortung Tragende und PolitikerInnen sich für das Wohl der Menschheit einsetzten.
„Es beunruhigt uns, dass manche Extremisten und Extremistinnen Andere (Fremde) aufgrund ihrer religiösen Identität ausgrenzen“, so der LWB-Präsident.
„Es beunruhigt uns, dass manche Regierungen Gesetze gegen Zuwandernde erlassen zu einer Zeit, da unsere Welt sich zu einem kleinen Dorf wandelt. Genauso geht es uns angesichts der Immigrantinnen und Immigranten aus Afrika und dem Nahen Osten, die aus ihren von Krisen geschüttelten Regionen fortlaufen und bisweilen dem Tod ins Auge sehen müssen.“
Der LWB-Präsident stellte fest, die Unterzeichnung von „Fremde willkommen heissen“ sei zwar bedeutungsvoll, die fortdauernde Not von Flüchtlingen und Asylsuchenden zeige jedoch, dass noch ein weiter Weg zurückzulegen sei, bis Politik und Verhalten gegenüber Fremden sich wandeln.
„Aus diesem Grund fordere ich Religionsführer und -führerinnen in Europa und in aller Welt immer wieder auf, das Dokument als Richtschnur zu nehmen und Regierungen wie Bevölkerungsgruppen, die Fremde weiterhin ausgrenzen und absondern, in die Pflicht zu nehmen“, erklärte Younan.
Das Dokument betont, „die Fremde, den Flüchtling, die Binnenvertriebene, den Anderen willkommen zu heissen“ sei einer der zentralen Werte des Glaubens. Es verpflichtet ReligionsführerInnen, religiöse Organisationen und Weltanschauungsgemeinschaften, Fremde willkommen zu heissen mit Mitgefühl, Barmherzigkeit, Liebe und Gastfreundschaft.
„Ich werde mir bewusst machen und die Mitglieder meiner Gemeinschaft daran erinnern, dass wir alle irgendwo als ‚Fremde‘ gelten, dass wir den Fremden in unserer Gemeinschaft so begegnen sollten, wie wir wünschen, dass man uns begegnet. Und nicht hinnehmen werde ich Intoleranz“, so das Dokument weiter.
Es wird betont, dass Menschen ihr Heimatland verlassen aufgrund von Verfolgung, Gewalt oder Ausbeutung, wegen Naturkatastrophen oder, weil sie ihrer Familie ein besseres Leben ermöglichen möchten.
Und schliesslich wird nochmals bekräftigt: „Ich werde Fremde willkommen heissen.“
Die Bestätigung der Selbstverpflichtungen im Rahmen der Weltversammlung moderierte Dr. William Vendley, Generalsekretär der Weltkonferenz der Religionen für den Frieden, sie wurde per Akklamation vollzogen. Die Religionsführer und Religionsführerinnen unterzeichneten ihrerseits offiziell das Dokument. Ihnen wurde eine Abschrift überreicht.
Religionen für den Frieden ist ein multireligiöses Bündnis, das das gemeinsame Eintreten für den Frieden unter den Religionsgemeinschaften der Welt fördert.
Das Dokument „Fremde willkommen heissen – Selbstverpflichtungen von Religionsführerinnen und Religionsführern“ vollendet den Dialog zu Glauben und Flüchtlingsschutz des UNHCR, der 2012 von Flüchtlingskommissar António Guterres einberufen worden war und aus dem eine Empfehlung über einen Verhaltenskodex für ReligionsführerInnen hervorging, den ursprünglich der LWB-Präsident vorgeschlagen hatte.