LWB-Präsident Stubkjær nimmt an Pastoralkonferenz teil und erfährt mehr über die grönländische Lebensart
(LWI) – Grönland ist die größte Insel der Welt und gleichzeitig das am dünnsten besiedelte Land der Erde. Mehr als 80 Prozent seiner Fläche sind von Eis bedeckt. Das Land hat etwas mehr als 57.000 Einwohner, von denen über 90 Prozent der lutherischen Kirche angehören. Hierher, nach Ilulissat an der Westküste der Insel, reiste kürzlich der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Henrik Stubkjær, um an einer Konferenz der einheimischen Pfarrerinnen und Pfarrer unter der Leitung ihrer Bischöfin Paneeraq Munk teilzunehmen.
Als ehemalige Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Dänemarks bemüht sich die lutherische Kirche in Grönland um eine neue Identität, während die Insel selbst die Unabhängigkeit von ihren früheren Kolonialherren anstrebt. Obwohl Grönland bereits 1979 die Autonomie von Dänemark erlangte, wurde erst im vergangenen Jahr ein neuer Verfassungsentwurf vorgelegt, der die vollständige Unabhängigkeit Grönlands einschließlich einer eigenen Außen-, Verteidigungs- und Währungspolitik umsetzen soll.
„Es ist ein stolzes und unabhängiges Volk,“ berichtet Präsident Stubkjær, der auch Bischof der dänischen Diözese Viborg ist. „Kirche und Gesellschaft sind hier eng miteinander verbunden. Deshalb müssen die Kirchen jetzt dafür sorgen, dass sie in der neuen Verfassung gut vertreten sind.“
Lutherische Identität und die Traditionen der Inuit
Bischof Stubkjær blickt auf seine Begegnungen während seines Besuchs vom 9. bis 13. September zurück und erzählt, dass es in Grönland etwa 22 Pfarrerinnen und Pfarrer gibt, von denen viele in äußerst abgelegenen Gegenden leben. „Nur alle zwei Jahre haben sie die Gelegenheit, sich alle zu einer Pastoralkonferenz wie dieser zu treffen,“ sagt er. „Deshalb war es für sie eine große Freude, dabei zu sein und die Gelegenheit zu nutzen, mit ihrer Bischöfin über die verschiedenen Herausforderungen zu sprechen.“
Und Herausforderungen gibt es in Grönland viele, darunter eine hohe Selbstmordrate, vor allem in abgelegenen Dörfern, wo die Menschen mitunter Schwierigkeiten haben, mit den rasanten Veränderungen ihrer Lebenswelt Schritt zu halten. Die Kirche versuche, den schwächsten Bevölkerungsgruppen zu helfen, sagt Bischof Stubkjær. „Während des Seminars wurde ich gebeten, eine Diskussion über die lutherische Identität zu leiten, darüber, wie man eine diakonische Kirche in der grönländischen Gesellschaft sein kann und wie sich das Christentum mit den Traditionen der Inuit verbinden lässt.“
Für die Kirche in Grönland ist es sehr wichtig, sich mit der größeren lutherischen Gemeinschaft verbunden zu fühlen.
LWF-Präsident Henrik Stubjkær
Als Beispiel nennt Bischof Stubkjær die Verwendung von Trommeln, die in der indigenen Kultur und religiösen Praxis eine wichtige Rolle spielen. „Sie fragen, ob es möglich ist, innovativ zu sein und diese Trommeln in einen christlichen Gottesdienst zu bringen. Einige finden, dass das geht. Andere sagen: Nein, so weit sind wir noch nicht.“
Für die Kirche in Grönland ist es sehr wichtig, sich mit der größeren lutherischen Gemeinschaft verbunden zu fühlen, betont der LWB-Präsident. „Ich habe ihnen einige unserer Programme vorgestellt, zum Beispiel für neu gewählte Kirchenleitende, und ich habe ihnen die Resolution der Vollversammlung in Krakau über indigene Völker mitgebracht. Einige Pfarrerinnen und Pfarrer kamen auf mich zu und sagten, das sei genau das, was sie brauchten, um ihre eigene Identität aufzubauen und zu stärken.“
Kommunikation und Internettechnologie sind in einigen der abgelegensten Teile der Insel nach wie vor eine Herausforderung, doch Bischof Stubkjær erklärt, dass eines der Ziele seines Besuchs war, die Beziehungen zum LWB zu vertiefen. Obwohl sie zur dänischen Kirche gehören, sind die Grönländer nach seinen Worten „auf dem gleichen Weg wie die Färöer [eine weitere ehemalige dänische Kolonie] – auch sie haben begonnen, mit uns im LWB darüber ins Gespräch zu kommen, wie sie engere Kontakte zu Kirchen in anderen Teilen der Welt aufbauen können.“
Gelegenheiten, voneinander zu lernen
Er fährt fort: „Ich denke, wir können viel von ihnen darüber lernen, wie sie mit den Menschen und ihrer Gesellschaft in Verbindung treten. Ihre Liturgie ist sehr lutherisch, und sie sind in vielerlei Hinsicht eine moderne Kirche, zum Beispiel gibt es viel mehr Pfarrerinnen als Pfarrer. Ich denke, dass ein Dialog zwischen den Mitgliedern der grönländischen Kirche und einigen unserer Kirchen in Lateinamerika oder Afrika sehr spannend wäre, weil diese Kirchen vor ähnlichen Herausforderungen stehen, aber andere Lösungen gefunden haben.“
Eine weitere große Herausforderung ist der Klimawandel, der traditionelle Lebensweisen verändert und es unmöglich macht, mit Hundeschlitten in Gebiete zu gelangen, in denen das Packeis geschmolzen ist. „Traditionell leben die Menschen in Grönland von Jagd und Fischfang, doch es ist offensichtlich, dass der Wandel rasch voranschreitet und sie ihre Lebensweise anpassen müssen, was eine enorme Herausforderung für die gesamte Gesellschaft bedeutet,“ sagt er.
Trotz dieser Herausforderungen betont Bischof Stubkjær, dass die Menschen „sehr aufgeschlossen und positiv an die Aufgabe herangehen, ihre Kirche aufzubauen. Für mich als dänischer Bischof war es ein inspirierender Lernprozess, dort zu sein und die Beziehungen zu Bischöfin Munk zu stärken. Sie nimmt auch an unseren dänischen Kirchentreffen teil, aber es war besonders schön zu sehen, wie sie mit allen Pfarrerinnen und Pfarrern umging. Es herrschte eine sehr gute Atmosphäre unter ihnen. Ich glaube, dass wir von ihrem Beispiel und ihrer Art, Kirche zu sein, viel lernen können.“