„Gemeinsam am Tisch“, um Gerechtigkeit und Menschenwürde zu stärken

30. Nov. 2022

Menschen in der diakonischen Praxis aus den LWB-Mitgliedskirchen in Lateinamerika und der Karibik sprechen über aktuelle Herausforderungen für die lutherischen Kirchen in der Region.

Die Teilnehmenden des Workshops „Gemeinsam am Tisch“ in Porto Alegre, Brasilien, stellten die Anliegen junger Menschen in der LWB-Region Lateinamerika und Karibik vor. Josue Vera Gutierrez, Bolivianische Evangelisch-Lutherische Kirche, erläutert die sozialen Herausforderungen in seinem Land. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Die Teilnehmenden des Workshops „Gemeinsam am Tisch“ in Porto Alegre, Brasilien, stellten die Anliegen junger Menschen in der LWB-Region Lateinamerika und Karibik vor. Josue Vera Gutierrez, Bolivianische Evangelisch-Lutherische Kirche, erläutert die sozialen Herausforderungen in seinem Land. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Regionaler Workshop für Menschen in der diakonischen Praxis aus Kirchen der Region Lateinamerika und Karibik  

(LWI) – Die Berufung der Kirchen zur diakonischen Arbeit wird in ihrem gezielten Dienst für Frieden und Gerechtigkeit deutlich und nicht in erster Linie durch wiederkehrende Handlungen der Nächstenliebe für Menschen in Not. Dekan Jonathan Rodriguez de Oliveira von der Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) sprach darüber auf einem regionalen Workshop für Mitgliedskirchen des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Lateinamerika und der Karibik (LAC), der in Porto Alegre, Brasilien, stattfand.  

Rodriguez ist einer von 38 in der Diakonie tätigen Mitarbeitenden aus 15 LAC-Kirchen, die an dieser von der IECLB ausgerichteten Veranstaltung vom 20.–24. November mit dem Thema „Gemeinsam am Tisch“ (Sharing the Table) teilgenommen haben. Die Workshop-Teilnehmenden sprachen darüber, wie Modelle der Diakonie in unterschiedlichen Kirchen die biblischen Konzepte Gerechtigkeit und Menschenwürde vor dem Hintergrund zunehmender regionaler Ungleichheit und Vielfalt verwirklichen.  

Vertreter der Lutherischen Kirche Perus schildern, wie sich die polizeiliche Repression auf junge Menschen auswirkt. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Vertreter der Lutherischen Kirche Perus schildern, wie sich die polizeiliche Repression auf junge Menschen auswirkt. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

„Diakonie erfordert Hingabe, die gemeinsame Teilnahme am Abendmahl und Gemeinschaft; sie ist Dienst am Frieden und an der Gerechtigkeit“, stellte Rodriguez fest. „Unsere ständigen Aktionen sollten nicht wie Beiträge zu einer Verpflichtung aussehen, die nur unser Gewissen beruhigt“, fügte er hinzu.  

Der arbeitsame Weg hin zu einer inklusiven Kirche ist Teil des diakonischen Zeugnisses der IECLB, wie ihn Diakonin Carla Jandrey in der weiteren Diskussion beschrieb. Wenn über den Zugang zu Kirchen gesprochen werde, so sagte sie, gehe es tendenziell oft nur darum, sich mit bestimmten Erfordernissen auseinanderzusetzen, zum Beispiel der Inklusion von Menschen mit Behinderungen. „Wir müssen uns aber fragen, ob alle die Menschen, die in die Kirche kommen möchten, den Haupteingang benutzen können.“ Zugänglichkeit, so fügte sie hinzu, müsse sich auch mit physischen Aspekten und Einstellungen befassen, die Menschen von einem Leben in der Gemeinschaft ausschließen. „Gibt es Zugang für jeden Menschen zum Gottesdienstraum oder zum Friedhof, um sich von seinen Liebsten zu verabschieden?“ Die Kirchen, so Jandrey, müssten solche Bedürfnisse in ihrer diakonischen Arbeit berücksichtigen.

Sonia Skupch, LWB-Regionalsekretärin für Lateinamerika, Karibik und Nordamerika, leitet einen Workshop. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Sonia Skupch, LWB-Regionalsekretärin für Lateinamerika, Karibik und Nordamerika, leitet einen Workshop. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Katariina Kiilunen, LWB-Programmreferentin für Kapazitätsaufbau und Führungsentwicklung, hat den Workshop gemeinsam mit Sonia Skupch geleitet, der Regionalsekretärin für LAC und Nordamerika. Kiilunen hat den Workshop als „einen wertvollen Begegnungsraum“ beschrieben, der „nicht nur Verständnis für die unterschiedlichen Dimensionen der diakonischen Aufgabe der Kirchen und ihrer Organisationen vermittelt, sondern auch Debatten über schwierige Themen ermöglicht.“ 

Katariina Kiilunen, LWB-Programmreferentin für Kapazitätsaufbau und Führungsentwicklung, leitet einen Workshop. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

Katariina Kiilunen, LWB-Programmreferentin für Kapazitätsaufbau und Führungsentwicklung, leitet einen Workshop. Foto: LWB/Eugenio Albrecht

In Gruppenarbeitssitzungen haben die Teilnehmenden die Herausforderungen für ihre Gemeinschaften sowie die Initiativen ihrer Kirchen analysiert, um Menschenwürde und Gerechtigkeit in schwierigen soziopolitischen Kontexten zu fördern. Klimagerechtigkeit stellte sich als wichtiges Thema in der gesamten Region heraus, wobei sich die Teilnehmenden darin einig waren, dass Kinder und junge Erwachsene stärker in Aktionen eingebunden werden müssen, die sich für den Erhalt der Schöpfung einsetzen. Den Kirchen kommt auch die schwierige Aufgabe zu, verstärkt auf den Zusammenhang zwischen der Sorge um die Schöpfung und alternativen Produktions- und Konsummodellen im Hinblick auf Lebensmittel und andere Güter hinzuweisen.  

In einer Videobotschaft haben junge Teilnehmende des Workshops als Delegierte von Kirchen in Argentinien, Bolivien, Brasilien, El Salvador, Honduras, Paraguay und Uruguay dargestellt, was das Workshopthema in ihrem jeweiligen Heimatlandkontext bedeutet. „Gemeinsam am Tisch“, so erklärten sie, bedeute eine radikale Forderung nach Inklusion; die Bereitstellung von Räumen für Reflexionen und interkulturelle Begegnungen; Kennenlernen unterschiedlicher Wirklichkeiten und Austausch von Erfahrungen; Geben und Empfangen von Liebe; Arbeit mit Menschen, die besondere Bedürfnisse haben; und unverfälschte Diakonie.  

Kiilunen sagte, der Workshop habe gezeigt, unter welch schwierigen Umständen Beschäftigte in der Diakonie in der Region LAC arbeiteten, und dass sie sich oft isoliert fühlten. „Aus diesem Grund wurde der Workshop als eine Veranstaltung wahrgenommen, die Handlungsmacht vermittelt, als sicherer Ort, um Sorgen und Erfahrungen auszutauschen, Unterstützung zu bekommen und von anderen zu lernen.“ Die gewonnenen Erkenntnisse werden auf der LAC Leadership Conference an andere Kirchenleitende weitergegeben. 

LWB/Eugenio Albrecht, Redaktion: LWB/P. Mumia. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller
Botschaft der jungen Erwachsenen beim LAC Diakonieworkshop

Die jugendlichen Teilnehmenden des Workshops „Gemeinsam am Tisch“ in Porto Alegre, Brasilien, stellten ihre Perspektive zum Thema dar.