Für Ökumene und soziale Gerechtigkeit

11. Okt. 2018
LWB-Ratsmitglied William Flippin Jr. engagiert sich stark in der Ökumene und für soziale Gerechtigkeit. Foto: LWB/Albin Hillert

LWB-Ratsmitglied William Flippin Jr. engagiert sich stark in der Ökumene und für soziale Gerechtigkeit. Foto: LWB/Albin Hillert

Interview mit Ratsmitglied Pfarrer William Flippin Jr.

Atlanta, USA/Genf (LWI) – William Flippin Jr. ist ein engagierter Ökumeniker. Er ist Pfarrer seiner Kirche in Atlanta (USA) und Ratsmitglied der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA). Beim Lutherischen Weltbund (LWB) hat er in Rahmen des LWB-Rates den stellvertretenden Vorsitz für den Ad hoc-Ausschusses für Advocacy und öffentliche Verantwortung inne.

Wie steht die ELKA zur Ökumene?

Unsere ganze Arbeit basiert auf unserem erklärten Wunsch, dass „sie alle eins seien“ (Joh 17,21). Die ELKA ist bestrebt, dies in ihrem ökumenischen Engagement umzusetzen, indem sie organische Beziehungen aufbaut. Viele andere Kirchen sind schnell dabei, ihre eigenen Standpunkte in Sachen Lehre und Praxis zu verteidigen. Wir arbeiten mit vielen Partnern weltweit wie dem LWB, dem Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Nationalrat der Kirchen Christi in den USA zusammen. Praktisch umgesetzt wird die Arbeit durch den Dienst und die Kampagnen unserer Kirche insgesamt, wie zum Beispiel der „Shoulder to Shoulder“-Kampagne, einer interreligiösen Kampagne mit muslimischen Gläubigen zur Förderung von Dialog. Ökumene bedeutet eine innere Haltung der Verherrlichung Gottes und der Liebe. 

An welchen Dialogprozessen ist die ELKA beteiligt und inwiefern stärken diese die weltweite Gemeinschaft?

Die ELKA ist stolz auf das Engagement des seit 50 Jahren bestehenden lutherisch/römisch-katholischen Dialogs für die Feier des 500. Reformationsjubiläums und die Bemühungen seit der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Die von der US-amerikanischen katholisch-lutherischen Dialogkommission formulierte Erklärung mit dem Titel „Declaration on the Way“ führt diese Entwicklungen fort. Sie besagt, dass es 32 Konsenserklärungen gibt, die bekräftigen, dass es viel Verbindendes zwischen katholischen und lutherischen Gläubigen gibt. Das Dokument weist zwar auch auf die noch bestehenden Unterschiede hin, beschreibt aber auch ein mögliches weiteres Vorgehen hin zur sichtbaren Einheit der Christen, um die wir in Christi Gebet bitten. Dies stärkt die weltweite Gemeinschaft, weil es von der Bereitschaft zum Dialog zeugt, der notwendig ist, um Gottes Reich voranzubringen.

Wie wird sich die Ökumene Ihrer Meinung nach in Zukunft entwickeln?

Die Erfahrungen aus der ELKA und in meiner Arbeit im LWB-Rat stimmen mich optimistisch bezüglich der Zukunft der Ökumene. Im LWB-Rat spiegelt sich für mich die Herrlichkeit der Einheit von der Jesus im Johannesevangelium spricht. Gottes Liebe für die Welt spiegelt sich durch Jesus Christus in uns; und durch uns auf die Welt, die wiederum diese Herrlichkeit zu Gott zurückspiegelt.

Wirtschaftliche Gerechtigkeit ist für Sie ein wichtiges Thema. Inwiefern fördert die neue LWB-Strategie Ihrer Ansicht nach das Engagement der lutherischen Weltgemeinschaft für wirtschaftliche Gerechtigkeit?

Abschnitt 6.2 der LWB-Strategie erteilt uns den Auftrag, uns für Menschenwürde, Gerechtigkeit und Frieden zu engagieren. Und das bekräftigt auch die Selbstverpflichtung, die lokale und globale Advocacy-Arbeit zu intensivieren, um die Menschenrechte zu fördern und die Rechte marginalisierter Gemeinschaften zu schützen. Wir werden uns proaktiv für Fragen der Gerechtigkeit engagieren und wirtschaftliche Ungleichheit angehen. Die Strategie schreibt dem LWB mehr sichtbarere Präsenz in den verschiedenen Lebensrealitäten weltweit zu.

Was bedeutet wirtschaftliche Gerechtigkeit im US-amerikanischen Kontext und wie fördert die Arbeit der ELKA wirtschaftliche Gerechtigkeit?

In diesem Bereich gibt es in den USA noch viel zu tun. Die Reichen haben vom amerikanischen Traum profitiert. Historisch gesehen gründet unsere Geschichte darauf, dass wir der amerikanischen Urbevölkerung ihr Land weggenommen und ihnen dafür mit Krankheitserregern verseuchte Decken gegeben haben – bekannt unter der Bezeichnung „Pfad der Tränen“ (Trail of Tears). Die jüngst vom Kongress verabschiedeten Steuergesetze werden die medizinische Grundversorgung, die aufgebaut wurde, um das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück sicherzustellen, nicht nur kürzen, sondern abschaffen.

Die ELKA hat sich auf die Fahnen geschrieben, Schranken und Grenzen zu überwinden – Grenzen in Bezug auf Rasse, ethnische Zugehörigkeit, Kultur, Religion, Alter, Geschlecht, Familienstand, sexuelle Orientierung, Gesundheitszustand, Persönlichkeit und Klasse, die oftmals in einer ungerechten Behandlung, in Ungleichheit, Exklusion und Gewalt zum Ausdruck kommen. Die ELKA engagiert sich in verschiedenen ökumenischen Netzwerken, legt öffentlich Zeugnis ab und tritt ein für Fairness und Gerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft. Die Sozialerklärung der ELKA, „Freed in Christ: Race, Ethnicity and Culture“ (Befreit in Christus: Rasse, ethnische Zugehörigkeit und Kultur), bietet theologische Überlegungen zu der Selbstverpflichtung der Kirche, Rassismus zu überwinden und sich hin zu bewegen zu Versöhnung, Heilung und dem Empfang aller Menschen mit offenen Armen.

 

Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.