Europa: Online-Lernmaterial für Diakonie entwickelt

23. Sep. 2022

Diakonie-Fachleute aus LWB-Mitgliedskirchen in Europa entwickeln ein Lernprogramm für Gemeinden, kirchliche Organisationen, Lehrkräfte und Auszubildende in der Diakonie und anderen Diensten.

Europe Diaconal Process

Seit seines Beginns in 2010 hat der Diakonie-Prozess des LWB in Europa verschiedene Ergebnisse hervorgebracht, darunter Materialien zum diakonischen Leben in den verschiedenen Gesellschaften der Region. Foto: Priscilla Du Preez/Unsplash

Diakoniefachleute entwickeln Material für Gemeinden, Pfarrpersonen und Studierende

(LWI) – Die Vertreter des Lutherischen Weltbund (LWB), die den europäischen Diakonieprozess koordinieren, arbeiten an einem Rahmen für ein „Lernprogramm“ zur Unterstützung des christlichen Sozialdienstes (Diakonie), das auf die Bedürfnisse in Gesellschaften zugeschnitten ist, die immer stärker durch Vielfalt geprägt sind.

Das Programm wird für verschiedene Gruppen gestaltet, unter anderem Kirchengemeinden, diakonische Organisationen, Kirchenleitende, Lehrende sowie Auszubildende in der Diakonie und anderen Diensten. Das Programm, das Anfang 2023 fertig sein soll, wird online zur Verfügung gestellt und bietet flexible Lehrpläne an, damit unterschiedliche Zielgruppen teilnehmen können.

Dies ist eine wichtige Phase des europäischen Diakonieprozesses, der vor 11 Jahren begann. Obwohl er nur von einer kleinen Gruppe geleitet wird, sind einige hunderte Weitere einbezogen, die die kirchliche Diakoniearbeit umsetzen, so Katariina Kiilunen, Programmreferentin für Kapazitätsaufbau und Führungsentwicklung. „Ziel ist es, die LWB-Mitgliedskirchen bei ihrem Engagement im Zusammenhang mit der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft zu unterstützen, indem wir eine Vision vermitteln, wie Konvivenz durch Zusammenleben im jeweiligen Kontext entwickelt und praktiziert wird,“ merkt sie an.

Das Lernprogramm hat vier Schlüsselthemen: Erfahrungen, Reflexion über Konvivenz und Diakonie, Konvivenz in der Praxis und Bemühungen um Veränderung.

Die individuelle Erfahrung wurde als wichtigster Aspekt identifiziert, da das Zusammentreffen mit anderen, Storytelling, Glauben und Spiritualität die Wahrnehmung und die Beziehungen in der Gemeinschaft prägen. Der Schwerpunkt auf Konvivenz und Diakonie berücksichtigt die Bedeutung der politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die erforderlich sind, um einen förderlichen Kontext für ein gemeinsames Gemeinschaftsleben zu schaffen. Ebenso ist es wichtig, zu beurteilen, welche Auswirkungen diakonisches Leben auf Diakoninnen und Diakone, in der Seelsorge tätige Personen und die breitere Gesellschaft hat, und sich mit den möglichen Veränderungen für die Kirche, die mit ihr verbundenen Organisationen, die Gesellschaft und die Wirtschaft zu beschäftigen.

European Diaconal Process - service

Teilnehmende des Konvivenz-Workshops, im Juni, im Sofia Cultural Center in Helsinki, Finnland, stattfand. Foto: LWB/Rebecca Daniel

Gemeinsam nach Lösungen suchen

Bei dem letzten Präsenz-Workshop im Juni in Helsinki, Finnland, analysierten die diakonischen Akteure und Akteurinnen ihre gemeinsame Online-Arbeit, erarbeiteten den Rahmen und entwickelten konkrete Ansätze und Methoden für jeden der vier thematischen Aspekte. Bis zum nächsten Präsenztreffen im Januar 2023 in Tallinn, Estland, werden sie die Arbeit online in kleinen Arbeitsgruppen und bei einem Tagesworkshop für die gesamte Gruppe fortsetzen.

Diakon Matthias Rose vom Diakonischen Werk der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Deutschland, war einer der Teilnehmer des Workshops in Helsinki. Auch wenn er noch immer Schwierigkeiten mit dem Begriff „Konvivenz“ hat, so merkt er an, „ist es wichtig, eine greifbare Übersetzung zu finden“ und nicht schönfärberisch drüber wegzugehen in einer Welt, die „aufgrund von Klimakrise, Ungerechtigkeit und Krieg dermaßen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Es hat konkret einen Platz in unserer diakonischen Kirche. Er fügte hinzu: „Für mich ist Konvivenz Respekt, Gegenseitigkeit, Befähigung, Achtsamkeit – ein Ort, an dem man sichtbar ist und sich mit anderen austauscht.“

Anna Nagy Panka von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn vertritt die Meinung, dass „wir alle jeden Tag für eine inklusive und annehmende Gemeinschaft arbeiten müssen und dabei unsere Ängste und unsere Vorsicht überwinden müssen.“ Es gibt eine „endlose Liste mit Menschen, die in unseren Gemeinschaften fehlen oder unsichtbar sind,“ sagte sie mit Blick auf Geflüchtete, Roma, auf diejenigen, die obdachlos sind, eine geringe Bildung haben, die keiner Religionsgemeinschaft angehören und körperlich behindert sind, sowie weitere Gruppen. Es gibt Fragen „außerhalb unserer Komfortzone, über die wir nachdenken müssen.“ Sie fügte hinzu: „Mit Hilfe der Arbeitsgruppe Konvivenz stellt der LWB einen Ort zur Verfügung, um an Lösungen zu arbeiten, die die Erfahrung von einem wertvollen Miteinander fördern.“

Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, sagte Avo Üprus, Pfarrer der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, „die Suche nach Möglichkeiten, Konvivenz in die Praxis umzusetzen, ist auch eine Möglichkeit, Gewalt zu überwinden und Gemeinschaften zu heilen.“

Der Europäische Diakonieprozess, den der LWB 2010 ins Leben rief, betont das Kernkonzept der Konvivenz – der Kunst und Praxis des Zusammenlebens – als Grundlage für diakonische Aktionen, die zu transformativen Veränderungen für Einzelne und für Gemeinschaften führen. Dieser Prozess hat verschiedene Ergebnisse hervorgebracht, einschließlich Ressourcen wie die vor kurzem erschienenen Hefte über diakonisches Leben in vielfältigen europäischen Gesellschaften. Dies wurde in Zusammenarbeit mit der Internationalen Akademie für Diakonie und soziales Handeln (International Academy for Diaconia and Social Action – interdiac) mit Sitz in der Tschechischen Republik durchgeführt.

LWB/Rebecca Daniel. Deutsche Übersetzung: Tonello-Netzwerk, Redaktion: LWB/A. Weyermüller