Angola: Eine wachsende Kirche setzt ein Zeichen durch Bildung

03 Apr. 2019
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Bischof Antonio Alfredo Barros leitet die Westliche Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Angolas (ELKA). Foto: LWB/S. Gallay

Bischof Antonio Alfredo Barros leitet die Westliche Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Angolas (ELKA). Foto: LWB/S. Gallay

Interview mit Bischof Antonio Alfredo Barros

(LWI) – Bischof Antonio Alfredo Barros leitet die Westliche Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche Angolas (ELKA) im Nordwesten des Landes. Mit der Lutherischen Welt-Information (LWI) sprach er über seine katholischen Wurzeln und die Freude am Evangelium und daran, dass Gottes Gnade für jede und jeden von uns ausreicht.

Wie sind Ihre kirchlichen Verbindungen gewachsen?

Ich bin 1958 in Angolas Hauptstadt Luanda als Kind einer frommen katholischen Familie geboren. Ich wurde in der katholischen Kirche getauft und gefirmt und habe dort 1979 geheiratet. Weil Angola eine portugiesische Kolonie und der Katholizismus die vorherrschende christliche Konfession war, hat mich der katholische Glaube sehr stark geprägt.

Nach der Unabhängigkeit Angolas 1975 ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Wie viele junge Menschen in meinem Alter wurde ich für etwa drei Jahre zum Militärdienst eingezogen. Als ich etwa 20 Jahre alt war bin ich zum ersten Mal lutherischen Predigern begegnet. Das am Evangelium ausgerichtete Wesen des lutherischen Glaubens hat mir die Augen geöffnet. Ganz besonders fasziniert hat mich die ungewöhnliche Darlegung unserer Beziehung mit Gott, die Erlösung als Gottes freie Gabe für jede und jeden von uns. Ich habe also angefangen, die Gottesdienste der lutherischen Kirche vor Ort zu besuchen und bin 1985 als Mitglied aufgenommen worden. Dann habe ich am Lutherischen Seminar in Kuene Theologie studiert. 1990 bin ich ordiniert worden und war als Pfarrer tätig. Als die Kirche 2016 in zwei Diözesen aufgeteilt wurde, bin ich zum Bischof der Region Luanda geweiht worden.  

Inwiefern beeinflusst ihr ganz persönlicher Weg des Glaubens die Art und Weise, wie Sie die Kirche leiten?

Auch wenn der Krieg 2002 zu Ende war, sind die Auswirkungen von mehr als 30 Jahren Bürgerkrieg immer noch sehr schmerzhaft. In den Kämpfen selbst haben so viele Menschen ihr Leben verloren, und auch Jahre nach Kriegsende sterben immer noch viele durch Landminen, die während des Krieges gelegt wurden, oder werden durch sie verstümmelt. In diesem Kontext ist die Kirche zu einem Instrument für Heilung, Versöhnung und Frieden geworden. Wir zeigen den Menschen, wie sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können, und nutzen die biblischen Texte, um zu vermitteln, wie die Würde der Menschen wiederhergestellt werden kann. Es ist etwas in Bewegung gekommen und die Dinge verändern sich, aber wir müssen die Menschen immer noch wieder daran erinnern, dass ein christliches Leben nicht einfach bedeutet, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen und zu allem „Ja und Amen“ zu sagen. Unser Glauben muss uns dazu bewegen zu hinterfragen, wie wir Gottes Herrschaft hier auf Erden erleben.

Gibt es einen bestimmten Bibelvers, der Ihnen besonders wichtig ist?

„Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige. Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte“ aus Lukas 10,2. Ich war 25 Jahre lang Gemeindepfarrer und bin erst seit drei Jahren Bischof. Es macht mir große Freude, biblische Inhalte zu vermitteln und mit den Menschen darüber zu sprechen, welche Bedeutung das Wort Gottes in ihrem täglichen Leben hat. Ich freue mich darüber, dass Gott mich berufen hat, ein Arbeiter in seinem Weinberg zu sein. In Angola hat die lutherische Kirche nur 59.000 Mitglieder, was sehr wenig ist im Vergleich zu anderen christlichen Kirchen. Aber unsere Kirche wächst, und wir leisten wichtige Beiträge im Bildungs- und Gesundheitssektor.

Können Sie das etwas ausführen?

Wir sind eine offene Kirche mit 57 Gemeinden im ganzen Land. Es gibt acht Pfarrerinnen und 50 Pfarrer, insgesamt also 58, und dazu noch neun Pfarrerinnen im Ruhestand. Wir haben elf Laienprediger und 39 Diakoninnen und Diakone. Bis vor drei Jahren gab es nur einen Nationalen Bischof – Bischof Tomás Ndawanapo – heute sind wir zu zweit.

Unsere Beiträge im Bildungs- und Gesundheitswesen sind unter anderem zwei weiterführende Schulen in Kunene, zwei in Huambo und zwei in Luanda, wobei eine von letzteren noch nicht ganz fertig gestellt ist. In unseren Schulen werden rund 5.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Überdies betreiben wir ein Gesundheitszentrum in Kunene.

Wo werden die Mitarbeitenden Ihrer Kirche ausgebildet?

Alle unsere Mitarbeitenden werden im Lutherischen Theologischen Seminar in Kunene ausgebildet. Dort gibt es eine Reihe von verschiedenen Studienprogrammen – von einem fünfjährigen Programm für angehende Pfarrerinnen und Pfarrer bis hin zu einem kurzen Ausbildungsprogramm für Menschen, die in der Diakonie tätig sein wollen. Das Oberhaupt der Kirche, Bischof Tomás Ndawanapo, ist einer der Dozenten dort. Jedes Jahr haben wir etwa 30 Studierende.

Aufgrund der Unterdrückung, unter der die lutherische Kirche in der Zeit des Kolonialismus gelitten hat, und der Zerstörung durch den Bürgerkrieg, haben wir sehr viel zu tun. Aber wir haben gut ausgebildete Mitarbeitende in der Kirche, die unsere Kirche tragen und die es ermöglichen, dass unsere Kirche wachsen kann. Wir sind gleichzeitig aber auch sehr dankbar für die Unterstützung durch die Finnischen Evangelisch-Lutherischen Mission (FELM) und den auch den LWB.

Was sind einige der Schwierigkeiten, vor denen Ihre Kirche aktuell steht?

In Angola gibt es viele verschiedene christliche Konfessionen, und die lutherische Kirche ist nur sehr klein. Die neuen Pfingstkirchen, die materiellen Wohlstand als eine Voraussetzung für Erlösung bewerben, sind eine große Herausforderung für uns. Wir predigen Gottes Gnade und seine freie Gabe der Erlösung und wir ermutigen die Menschen, die Verbindung zu Gottes Wort nicht zu verlieren.

Viele Menschen in unserem Land, insbesondere in den ländlichen Gebieten, sind immer noch sehr arm – und das obwohl Angola über beträchtliche Erdölvorkommen und weitere natürliche Ressourcen verfügt. Die neue Regierung versucht, die Entwicklung voranzutreiben, aber es bleibt noch viel zu tun. Unsere Kirche hat nicht genug Einnahmen, um alle unsere Pfarrerinnen und Pfarrer und all die anderen Mitarbeitenden zu bezahlen, aber wir versuchen unsere Mitglieder zu ermächtigen, die Kirche noch mehr zu unterstützen.

Sie haben im November 2018 an der letzten der jährlich stattfindenden LWB-Klausurtagungen der neu gewählten Kirchenleitenden in Genf und Wittenberg teilgenommen. Was haben Sie von dieser Tagung mitgenommen?

Das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Ich habe den LWB besser kennengelernt und erfahren, wie genau er funktioniert. Ich habe Bischofs-Kolleginnen und -Kollegen aus anderen Teilen der Welt kennengelernt und erfahren, dass wir alle vor sehr ähnlichen Herausforderungen stehen. Wir brauchen solche Möglichkeiten, unsere Beziehungen innerhalb der Gemeinschaft zu knüpfen. In Wittenberg habe ich selbst sehen können, wo Martin Luther seine Arbeit begonnen hat, und das hat mich in meinem lutherischen Glauben bestärkt.

 

Stimmen aus der Kirchengemeinschaft:

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft, deren Mitglieder sich gemeinsam für das Werk und die Liebe Christi in der Welt einsetzen. In dieser Reihe präsentieren wir Kirchenleitende und Mitarbeitende, die über aktuelle Themen sprechen und Ideen entwickeln, wie Frieden und Gerechtigkeit in der Welt geschaffen werden und die Kirchen und die Gemeinschaft in ihrem Glauben und ihrem Engagement wachsen können.

 

LWF/OCS