LWB-Präsident besucht Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien
(LWI) – Der Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), Bischof Dr. Munib A. Younan, hat die lateinamerikanische Befreiungstheologie als „frohe Botschaft“ bezeichnet, die die Kirche dazu dränge, inmitten von Unterdrückung ihren prophetischen Dienst weiterzuführen.
In seiner Predigt anlässlich der 29. Tagung des Generalrats der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) erklärte Younan, die Stimme der Befreiungstheologie in Lateinamerika sei nie verstummt, weil die Kirche an den Gott der Gerechtigkeit glaube.
„Aus Brasilien richte ich den Aufruf an die Kirche Gottes, prophetisch zu sein. Die Stärke der Kirche liegt nie in ihrem Wohlstand, ihrer Mitgliederzahl, ihren Bankkonten oder guten Werken. Die Kraft der Kirche erwächst daraus, dass sie den Willen Gottes und die Liebe Christi weitergibt an die Gläubigen und an die Welt“, so Younan in der Predigt über Jeremia 29,7.
„Die Kraft der Kirche ist eine prophetische, wo sie Gleichheit, Würde und Leben in Fülle für alle verkündigt“, betonte Younan, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL). Thema des Generalrats, der vom 15. bis 19. Oktober stattfand, war „viDas em comunhão“ (Leben in Gemeinschaft). Pfr. Dr. Nestor Friedrich, der Präsident der IECLB, erläuterte dazu vor den 500 Delegierten, es gehe darum, für Einheit und gemeinsames Handeln in der Kirche zu sorgen.
„Unter konfessioneller und kirchlicher Einheit verstehe ich die Harmonie und das Verständnis eines von Gnade und Freiheit getragenen Engagements aller Gläubigen in der Mission der Kirche. Grundlegend ist, den Glauben zum Ausdruck zu bringen und sich zu einer Identität zu bekennen, die aus der Bibel und den Bekenntnisschriften erwächst“, so Friedrich.
Bildung und Friedensarbeit
In einem Referat zum Thema „Glauben, Gendergerechtigkeit und Friedensarbeit im palästinensisch-israelischen Konflikt“ an der lutherischen theologischen Fakultät der Faculdades EST in São Leopoldo forderte Younan Lehrende und Studierende auf, sich religiös getragenem politischem Extremismus entgegenzustellen.
„Dem Extremismus wirken wir am besten entgegen, indem wir beharrlich den Kern unseres Glaubens verkündigen: Gottes Liebe gilt allen Menschen, ohne Ansehen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Identität oder ihres Glaubens. Egal wer du bist, du bist geliebt, von Gott und von uns“, betonte Younan.
Palästinenserinnen und Palästinenser sowie Israelis seien ein Fakt im Leben der jeweils anderen, das hiesse jedoch nicht, dass sie im Streit miteinander liegen müssten. Angehörige des jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens seien alle miteinander in das soziale Gefüge des Nahen Ostens eingewoben und dürften, wenn sie mit Unterdrückung konfrontiert werden, nicht schweigen.
Younan berichtete, in den Schulen der ELKJHL würden seit Jahrzehnten Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet. Dies zeige im Alltag muslimischer und christlicher Palästinenserinnen und Palästinenser, dass es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern und keine Einschränkung der Begabungen irgendeiner Person gebe.
„Wir müssen gemeinsam auf ein friedliches Zusammenleben hinarbeiten in dem Land, das uns allen als heilig gilt“, erklärte Younan. Er forderte von den Studierenden, sich stärker darum zu bemühen, die wahren Ursachen des Konflikts zu verstehen, für die palästinensischen Christinnen und Christen zu beten und sich in der Friedensarbeit zu engagieren.
Im Gespräch mit der EST-Genderforschungsgruppe wurde Younan informiert, die Einrichtung entwickle gegenwärtig ihre eigenen Richtlinien für Gendergerechtigkeit auf der Grundlage des LWB-Grundsatzpapiers zu der Thematik, das vom Netzwerk für Frauen und Geschlechtergerechtigkeit der lateinamerikanischen Kirchen positiv aufgenommen worden sei.