„Stealing our future“ – Kämpfen für Steuergerechtigkeit

14. Mär. 2024

Warum sich Vorkämpferinnen und Vorkämpfer für Gendergerechtigkeit des LWB zur Bekämpfung illegaler Finanzströme gemeinsam mit anderen für eine UN-Steuerkonvention einsetzen.

 

Der LWB und seine Partner begrüßen die Schritte zur Schaffung eines rechtsverbindlichen globalen Steuerabkommens

Der LWB und seine Partner begrüßen die Schritte zur Schaffung eines rechtsverbindlichen globalen Steuerabkommens, um Milliarden von Dollar an entgangenen Einnahmen für Entwicklung, Soziales und Umweltschutz zu erzielen. Foto: Katt Yukawa via Unsplash

LWB fordert gemeinsam mit anderen Organisationen Maßnahmen für eine rechtsverbindliche Steuerkonvention der Vereinten Nationen 

(LWI) - Eine Wirtschaft, die für Frauen gut ist, ist eine Wirtschaft, die für alle gut ist. Deshalb ist eine verbindliche Steuerkonvention der Vereinten Nationen, die das Problem der illegalen Finanzströme angeht, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer gerechteren Welt. Gemeinsam mit ACT Alliance, Norwegian Church Aid (NCA) und der Finnischen Evangelisch-Lutherischen Missionsgesellschaft (FELM) hat der Lutherische Weltbund (LWB) am 12. März eine Veranstaltung organisiert, um auf die Notwendigkeit einer solchen Konvention im Kampf um Gendergerechtigkeit hinzuweisen. 

Im Mittelpunkt der Veranstaltung unter dem Titel „Stealing our future“ (etwa: „Unsere Zukunft wird gestohlen“) stand die Frage nach den Auswirkungen von internationalem Steuermissbrauch auf das Leben von Frauen und Mädchen, insbesondere in den ärmeren Teilen der Welt. Der NCA-Generalsekretär und ehemalige Vizepräsident des norwegischen Parlaments, Dagfinn Høybråten, betonte, mehr Steuergerechtigkeit sei nicht nur eine finanzielle Frage, sondern „eine Frage von Leben und Tod, eine Kernfrage der Gerechtigkeit und der Menschenwürde.“ „Viele Anstrengungen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele werden vergeblich sein, solange die Lücken im globalen Steuersystem nicht geschlossen werden“, sagte er. 

In den letzten Jahren, so Høybråten, habe das Bewusstsein für die Bedeutung von Steuergerechtigkeit zugenommen. Er würdigte die Bemühungen afrikanischer Staaten um eine UN-Konvention, „an der alle Länder auf Augenhöhe teilnehmen können“. Er zeigte sich optimistisch, dass „die Welt die nötigen Mittel hat, um diese Krise zu bewältigen“. Man werde die Regierungen und andere Organisationen weiterhin dazu auffordern, dieses Thema ganz oben auf der politischen Agenda zu halten.

Auch Namibias stellvertretende Ministerin für Finanzen und öffentliche Unternehmen, Maureen Hinda-Mbuende, begrüßte die Bemühungen der Zivilgesellschaft um die Einführung einer rechtsverbindlichen UN-Konvention. Ihr Land habe am Pilotprogramm der Afrikanischen Union zur Bekämpfung illegaler Finanzströme teilgenommen, so Hinda-Mbuende. Sie betonte, wenn für alle Länder gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten, sei das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen reichen und armen Ländern „nicht unvermeidbar.“ 

Der Wirtschaftswissenschaftler Alex Cobham ist Leiter des Tax Justice Network. Er sprach von den unterschiedlichen Erscheinungsformen von illegalen Finanzströmen, wie zum Beispiel Steuerhinterziehung, aber auch Machtmissbrauch in der Politik bei der Vergabe von Aufträgen und Geldwäsche von Erträgen aus Straftaten. Auch einkommensstarke Länder erlitten durch diesen Missbrauch erhebliche Verluste, sagte er. Länder mit niedrigerem Einkommen verlören jedoch den größten Teil der öffentlichen Ausgaben. Beispielsweise gingen in Ländern mit hohem Einkommen 9 Prozent der öffentlichen Gesundheitsbudgets durch Steuermissbrauch verloren. In Ländern mit niedrigem Einkommen seien es dagegen 49 Prozent, was wiederum zu mehr Kindersterblichkeit führe.“

Uhuru Dempers, Direktor für soziale Entwicklung bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia, verwies auf die umfangreichen Steueranreize, die viele Regierungen großen Unternehmen bieten, während sie gleichzeitig mit rückschrittlichen Steuerregelungen vor allem Frauen belasten. Mit den Milliarden von Dollar, die durch illegale Finanzströme verloren gehen, könnte Namibia „das skandalös hohe Ausmaß der Obdachlosigkeit bekämpfen und unser Gesundheitssystem in Ordnung bringen sowie auf andere Nachhaltigkeitsziele hinarbeiten, die wir nur mit viel Mühe erreichen können.” 

Eine neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur 

Dempers sprach über die Arbeit des Programms New International Financial and Economic Architecture (Neue internationale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur, NIFEA), das vom LWB und anderen ökumenischen Partnern betrieben wird. Eine globale Vermögenssteuer könnte schätzungsweise 4,4 Billionen Dollar pro Jahr einbringen, so Dempers. Damit könnten die Regierungen „investieren und unsere eigene Entwicklung finanzieren, anstatt unter äußerst strengen Bedingungen Kredite bei der Weltbank oder dem Internationalen Währungsfonds aufzunehmen“. Ebenso könnte die vorgeschlagene CO2-Steuer für die schlimmsten Umweltverschmutzer der Welt „dazu beitragen, dass wir unsere dringenden ökologischen Herausforderungen angehen“, sagte er. 

Dr. Ortrun Merkle von der Universität der Vereinten Nationen mit dem Forschungsschwerpunkt Korruption, Gender und Migration, betonte die Notwendigkeit von mehr Daten, um zu verstehen, „wie der Genderaspekt bei der Bekämpfung illegaler Finanzströme am besten einbezogen werden kann.“ Der Verlust von Ressourcen für Entwicklung und Inlandsinvestitionen bedeute zwangsläufig „weniger Geld für staatliche Anstrengungen zugunsten von Chancengleichheit“, während sich rückschrittliche Steuerreformen „am härtesten auf von Frauen geführte Haushalte“ auswirkten. Illegale Finanzströme erhöhten zudem das Risiko von Menschenhandel, „einem der lukrativsten Geschäfte weltweit, von dem Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind“, sagte sie.

Dr. Nicole Maloba, Rechts- und Politikwissenschafterin bei FEMNET, dem African Women's Development and Communications Network, stimmte zu, dass für ein Verständnis für die Entwicklung einer „geschlechtersensiblen Sichtweise“ im Umgang mit Steuerhinterziehung und anderen illegalen Finanzströmen mehr getan werden müsse. Viele Organisationen versäumten es, nach Geschlechtern aufgeschlüsselte Daten zu liefern. Dies erschwere es zu belegen, dass Frauen in vielerlei Hinsicht am stärksten betroffen sind. „Wir müssen unser Steuersystem überdenken und sicherstellen, dass sich sich die Politik positiv auf die Frauen an der Basis auswirkt“, sagte sie. 

 

LWB/P. Hitchen