Interview mit Pastorin Ofelia Dávila Llimpe, Präsidentin der Lutherischen Kirche Perus
(LWI) – Pastorin Ofelia Dávila Llimpe ist seit Mai 2023 Präsidentin der Lutherischen Kirche Perus (IL-P), die sie als Laiin in den 1980er Jahren selbst mitbegründete.
Von 2017 bis 2023 war sie Mitglied im Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB). Darüber hinaus war sie viele Jahre lang zunächst Mitglied und später Koordinatorin des Netzwerks für Frauen und Gendergerechtigkeit in der Region Lateinamerika und die Karibik.
Im folgenden Interview aus der Reihe „Stimmen aus der Kirchengemeinschaft“ spricht Pastora Ofelia, wie sie genannt wird, über ihre katholischen Wurzeln, darüber, dass die Befreiungstheologie eine Quelle der Inspiration für sie war, und über die lutherischen Netzwerke, die prägend gewesen sind für ihren Dienst.
Können Sie uns zunächst von ihren ersten religiösen Erfahrungen erzählen und was ihre lutherische Identität geprägt hat?
Ich stamme aus einer katholischen Familie, in der die Religion immer einen zentralen Stellenwert hatte. Mein Vater und meine Mutter waren sehr fromm und unsere Gottesdienstbesuche am Sonntag zählen zu meinen lebhaftesten Kindheitserinnerungen. Mit zehn feierte ich meine Erstkommunion in der katholischen Kirche, und als Jugendliche engagierte ich mich eine Weile als Katechistin in der katholischen Sonntagsschule.
Es war mir aber wichtig, einen Ort zu finden, an dem es nicht nur um religiöse Aktivitäten geht, sondern auch um den Kontakt mit anderen Menschen, einen Ort, der zudem Möglichkeiten für persönliche und spirituelle Weiterentwicklung bietet. Genau das habe ich in der Befreiungstheologie gefunden, und mein enger Kontakt mit lutherischen Freundinnen und Freunden hat meine Verbundenheit mit der lutherischen Kirche gefestigt.
Die Befreiungstheologie fand ich spannend, weil sie einen Schwerpunkt legt auf soziale Gerechtigkeit und angesichts der politischen und gesellschaftlichen Realitäten zum Handeln aufruft.
Inwiefern haben Ihre ökumenischen Begegnungen Ihr Verständnis von Spiritualität und sozialem Engagement geprägt?
Meine Teilnahme an ökumenischen Veranstaltungen und meine Reise nach Nicaragua 1984 waren Schlüsselmomente in meinem Leben. Ich besuchte die Gemeinwesen in Managua und Matagalpa und erfuhr von den schwierigen gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten dort. Ich sah große Armut, aber auch Widerstandsfähigkeit und erlebte ein Ringen um Gerechtigkeit. Ich lernte Priester Ernesto Cardenal kennen, der eine Führungsfigur in Nicaraguas revolutionärem Prozess war und die Bedeutung von praktizierter Nächstenliebe und Engagement auf lokaler Ebene betonte. Das hat meinen Horizont erweitert und mein Engagement für soziale Gerechtigkeit und den Dienst am Menschen gestärkt.
Nach diesen bereichernden Erfahrungen habe ich 1986 mein Theologie-Studium aufgenommen. Interessanterweise hatte ich ursprünglich nicht vor, Pastorin zu werden. Meine Suche nach spiritueller Authentizität führte mich nach Brasilien, wo ich Kurse an der Escola Superior de Teologia (EST) der Evangelischen Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (IECLB) belegte. Im Anschluss ging ich nach Argentinien, um am Instituto Superior Evangélico de Estudios Teológicos (ISEDET) in Buenos Aires zu studieren. An beiden Seminaren habe ich jeweils verschiedene Kurse belegt und einige Wochen studiert.
Als ich nach Peru zurückkehrte, habe ich festgestellt, dass es auf lokaler Ebene in den lutherischen Gemeinden an Führungspersonen mangelte. Ich habe dann an verschiedenen Stellen die Funktion der Pastorin übernommen und an der Schulung lokaler Führungspersonen mitgewirkt. Zusammen mit verschiedenen Gemeindeleitungen habe ich die Gründung einer nationalen Kirche vorgeschlagen. Es gab damals nur einzelne unabhängige Ortsgemeinden. Wir machten uns motiviert an die Arbeit und konnten 1990 die Lutherische Kirche Perus (IL-P) aus der Wiege heben und damit die Dynamik in den Gemeinden und der seelsorgerischen Arbeit der Kirche insgesamt bedeutend verändern.
Was waren die entscheidenden Faktoren in diesem Prozess?
Bis zur Gründung der IL-P lag die Leitung der Gemeinden in der Hand von ausländischen Missionarinnen und Missionaren. In der entscheidenden Phase haben wir uns für die Ausbildung lokaler Führungspersonen, die Vergabe von Stipendien für ein Theologie-Studium und die Förderung einheimischer Führungspersonen eingesetzt. Weil es zu wenige lokale Führungspersonen gab, habe ich eine aktive Rolle übernommen und mich für Bildung und Ausbildung als wirkungsvolles Instrument für gesellschaftlichen Wandel von Grund auf konzentriert. Und ich habe beschlossen, auch selbst Pastorin zu werden. Ich war überzeugt, dass Gott mir in dieser Zeit den richtigen Weg zeigen würde.
Von 1996 bis 2000 habe ich in São Leopoldo, Brasilien, Theologie studiert. Und es hat sich mir in dieser Zeit auch meine Entschlossenheit zur Arbeit mit Frauen und anderen Aspekten aus dem Bereich Gendergerechtigkeit bestätigt. Mit einem Bachelor bin ich nach Peru zurückgekehrt und habe mich um eine Vikariatsstelle beworben. Ich wurde Pastorin Patricia Cuyatti zugeteilt, die ich schon aus Brasilien kannte.
Wo haben Sie gearbeitet, als Sie nach Peru zurückgekehrt sind?
Am 30. Dezember 2001 wurde ich zur Pfarrerin ordiniert und am 5. Januar 2002 offiziell in mein Amt in Cusco eingeführt, wo ich missionarische Aufgaben übernehmen sollte. In dieser Arbeit konnte ich auf meine Ausbildung und meine bisheriges Engagement aufbauen. Ich habe mich nicht nur mit theologischen Themen beschäftigt, sondern auch mit praktischen Themen wie Bildung, geschlechtsspezifischer Gewalt und der Verbesserung der Grundversorgungsleistungen zum Beispiel im Wohnungswesen und mit Trinkwasser.