Möglichkeit der Hilfe für Mitflüchtlinge gibt neue Hoffnung Ahmad und Haneen aus Syrien teilen ihre Talente in Za’atari

24 Aug. 2016
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Der syrische Flüchtling Ahmad vermittelt im Flüchtlingslager Za’atari, wie wichtig Bildung ist. Foto: LWB Jordanien

Der syrische Flüchtling Ahmad vermittelt im Flüchtlingslager Za’atari, wie wichtig Bildung ist. Foto: LWB Jordanien

(LWI) - Gefoltert und gezwungen, die Universität zu verlassen, haben Ahmad und Haneen trotzdem alle Widrigkeiten überwunden und unterstützen jetzt Flüchtlinge im Lager Za’atari in Jordanien, in dem auch der Lutherische Weltbund (LWB) tätig ist.

Ahmad und Haneen stammen aus Syrien. Ihre Freiwilligenarbeit im Rahmen von LWB-Projekten im Camp ist ein Versuch, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Innerhalb des Lagers beschäftigt der LWB eine Reihe von Syrerinnen und Syrern, die Unterstützungsarbeit bei Projekten leisten. Das gibt den Beschäftigten nicht nur die Möglichkeit, mit dem Verdienst ihre Familien zu unterstützen, sondern schafft auch die Voraussetzungen für produktive Aktivitäten und Lebenshilfe für Mitflüchtlinge.

Vom Folteropfer zum Betreuer

Der Status des freiwillig Helfenden lässt oft vergessen, dass die Betroffenen selbst das gleiche Schicksal erlitten haben wie die Teilnehmenden an den Projekten.

Ahmad ist einer der Freiwilligen. Um sich selbst zu schützen, musste er Syrien verlassen, nachdem er verhaftet und gefoltert worden war. In Jordanien kam er zu Fuss  mit seinem Bruder und seiner Mutter an, die er auf dem Weg zur Grenze tragen musste, da sie krank geworden war. 

Trotz dieser traumatischen Erfahrungen bringt Ahmad viel Enthusiasmus und Mitgefühl für die Kinder auf, mit denen er arbeitet.  Es ist nicht leicht, an all die erlittenen Verluste und die Aussichtslosigkeit eines absehbaren Ende dieses Konfliktes zu denken, ohne depressiv zu werden.

Ahmad ist jetzt verheiratet und hat eine Tochter. Hätte er allerdings gewusst, so sagt er, dass er in naher Zukunft kaum nach Syrien zurückkehren könne, hätte er kein Kind in die Welt gesetzt. Er möchte nicht, dass seine Tochter im Camp aufwächst und keine Chance hat, ein anderes Leben kennenzulernen.

Allerdings träumt er davon, seiner Tochter eines Tages die Schönheit seines Heimatlandes zeigen und selbst sein Studium der arabischen Literatur abschliessen zu können, das er aufgrund des Krieges abbrechen musste.

Eine Erkenntnis hat Ahmad aus all seinen Erfahrungen gewonnen - wie wichtig Bildung ist und welchen hohen Wert es hat, wenn Möglichkeiten für Bildung geboten werden. Daher erklärt sich auch seine Leidenschaft, anderen Flüchtlingen im Camp im Rahmen der psychosozialen Hilfeprojekte des LWB zu helfen, ihre Ausbildung mit möglichst guten Ergebnissen abzuschliessen.

Künstlerisches Talent weitergeben

Haneen ist ebenfalls freiwillige Helferin beim LWB Jordanien. Als sie und ihre Familie noch in Syrien waren, lebten sie in ständiger Angst vor den Granaten und Bomben, die in ihrer Umgebung einschlugen. Eines Tages würden sie sicherlich auch ihr Haus in Schutt und Asche legen.

Trotzdem studierte Haneen Kunst an der Universität. Als ihre Eltern beschlossen, ihre Heimat zu verlassen, gab Haneen ihnen die Schuld, sie von allem zu trennen, was sie so sehr liebte.

Nach der Ankunft im Lager Za’atari wurde ihr bewusst, unter welchen Bedingungen sie in Zukunft würde leben müssen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es im Camp kein fliessendes Wasser und nur wenige Latrinen. Haneen wurde depressiv und weigerte sich, die Unterkunft ihrer Familie zu verlassen oder der Mutter zu erlauben, die Vorhänge zu öffnen.  Statt dessen schlief sie den ganzen Tag.

Dieser Zustand hielt sechs Monate an. Danach begann Haneen zu akzeptieren, dass ihre Eltern die ihrer Meinung nach beste Entscheidung für sie getroffen hatten, um ihr ein sicheres Leben zu ermöglichen.

Als der LWB ihr die Möglichkeit bot, als freiwillige Helferin im Camp zu arbeiten, fasste sie wieder Mut und Hoffnung. Jetzt kann sie ihr künstlerisches Talent in die Projektarbeit mit Kindern einbringen, denen sie Zeichnen und Malen beibringt. Nach ihrer eigenen Aussage ist dies wichtig für sie selbst und auch für die Kinder, da sie auf diese Weise Möglichkeiten gezeigt bekommen, wie sie sich selbst ausdrücken und die erlebten traumatischen Erfahrungen verarbeiten können.

80 000 Flüchtlinge - Tendenz steigend

Die Krise in Syrien hat zu Folge, dass in Jordanien inzwischen mehr als 650.000 registrierte Flüchtlinge leben. Jeden Tag kommen neue Flüchtlingsströme an. Davon leben fast 80 000 im Flüchtlingslager Za’atari. Damit ist das Camp die viertgrösste Stadt Jordaniens.

Gegründet 2012 als Notunterkunft für Flüchtlinge aus Syrien, die oft nur einige wenige Habseligkeiten bei sich hatten, ist Za’atari inzwischen zu einer permanenten Einrichtung geworden. Das Camp funktioniert inzwischen wie eine lebhafte Stadt mit Hauptstrassen, die ironische Namen wie Champs Elysées tragen, mit Geschäften, Schulen, Krankenhäusern und dem Fahrrad als wichtigem Transportmittel. Trotz allem erfüllen die Infrastruktur und die Lebensbedingungen nur rudimentäre Ansprüche.

LWF/OCS