LWB unterstützt irakische Flüchtlinge in Jordanien

17. Okt. 2014
Ein Flüchtling zeigt ein Foto von seinem Haus, welches ihm Nachbarn geschickt haben. Es wurde beschlagnahmt und als Eigentum des ISIS gekennzeichnet. Foto: LWB/M. Renaux

Ein Flüchtling zeigt ein Foto von seinem Haus, welches ihm Nachbarn geschickt haben. Es wurde beschlagnahmt und als Eigentum des ISIS gekennzeichnet. Foto: LWB/M. Renaux

Kirchen von Amman bieten 1.200 vertriebenen ChristInnen Zuflucht

(LWI) - Maryam hält eine grüne Bibel in den Händen, sie klammert sich regelrecht an ihr fest, als wenn das kleine grüne Buch ihr Halt geben könnte in einem Leben, das sich binnen weniger Monate radikal verändert hat. Die Bibel ist eine der wenigen Habseligkeiten, die ihr geblieben sind, dazu noch ihr Reisepass, der sie als irakische Staatsangehörige ausweist, und die Kleider, die sie am Leib trug. Mehr konnte sie nicht mitnehmen auf die Flucht aus iohrer Heimastadt, die im Juni diesen Jahres begann.

Ihr jüngster Sohn stand kurz davor, das Schuljahr abzuschliessen, als die Familie hörte, dass ISIS-Einheiten im Anmarsch waren. „Wir hatten keine Zeit zu packen oder nachzudenken, wir sind einfach aufgebrochen“, erinnert sich die 58-Jährige. Zu Fuss und per Anhalter erreichte die Familie schliesslich Erbil im Nordirak.

Maryam und ihre Familie gehören zu den über 1.000 irakischen Flüchtlingen, die in jordanischen Kirchen Zuflucht gefunden haben. Auf Einladung des jordanischen Königs wurden sie von Erbil in Kurdistan nach Amman gebracht, wo sie jetzt in Gemeindezentren untergebracht sind. Einen wesentlichen Teil der Unterstützung leistet Caritas Jordanien. Der Lutherische Weltbund (LWB) ist an drei Orten beteiligt – baut etwa Trennwände, Toiletten und Duschen ein oder saniert die Elektroinstallation.

„Wir verfügen über das Fachwissen für die Sanierungsarbeiten, die hier nötig sind“, erläutert Josef Pfattner, der derzeit die Leitung des LWB-Länderprogramms in Jordanien innehat. „So ergänzen wir die Unterstützung, die Caritas den Flüchtlingen leistet.“

„Wir haben an 11 Orten Flüchtlinge untergebracht. In jeder Kirchengemeinde wurde ein kleinerer Saal umgebaut, so dass dort unsere Brüder und Schwestern aus dem Irak versorgt werden können“, berichtet Wael Suleiman, der Leiter von Caritas Jordanien. „Die Gemeindejugend arbeitet ehrenamtlich bei ihrer Betreuung mit. So wird Gemeinschaft erlebbar.“

Die Flüchtlinge in Amman sind ChristInnen aus der Region Mosul. Sie berichten von Drohungen, auch aus ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, und von Bombardements. „ISIS begann am 5. Juni mit dem Granatenbeschuss“, erinnert sich Lobna aus Mosul. „Wir wurden vier Nächte lang ununterbrochen beschossen. Wir hatten zusammen in einem einzigen Raum Schutz gesucht und konnten nur wenige Stunden schlafen. Am fünften Tag warnte man uns, dass ISIS jetzt Wohnhäuser angreifen würde. Also sind wir geflohen.“

Mehrere Studierende standen mitten in ihren Abschlussprüfungen. Sie glauben nicht mehr, dass sie jemals ihr Studium im Irak abschliessen können. Für die jüngeren Kinder hat das Schuljahr begonnen. „Manche Eltern haben ihre Kinder an jordanischen Schulen angemeldet“, erklärt Pfattner. „Die Schulen in Amman haben aber nicht die Kapazitäten, den grossen Andrang von Schülerinnen und Schülern aus dem Irak zu bewältigen.“

Die hohen Trennwände und die übrige Infrastruktur, die der LWB bereitstellt, sind ein Fortschritt gegenüber den Decken und Kartonagen, die sonst vielerorts üblich sind. Niemand kann sagen, wie lange die Familien hier werden leben müssen. Viele hoffen auf eine schnelle Umsiedlung in ein anderes Land. Der nächste Termin, zu dem über Umsiedlungen entschieden wird, ist für April 2015 vorgesehen.