LWB-Generalsekretärin besucht Jerusalem und Westjordanland

19. Apr. 2024

Die LWB-Generalsekretärin Pfn. Dr. Anne Burghardt hat Jerusalem und das Westjordanland besucht. Dort hörte sie über die Auswirkungen des aktuellen Konflikts auf die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land sowie das LWF-Jerusalem-Programm.

LWF General Secretary Rev Dr Anne Burghardt presents a replica of the Lund cross from El Salvador to Bishop Sani Ibrahim Azar. Photo; LWF/ Maddi Froiland

LWB-Generalsekretärin Burghardt überreicht Bischof Azar eine Replik des Lund-Kreuzes. Foto: LWB/ Maddi Froiland

Behaltet die palästinensischen Christen im Gebet”

(LWI) - Trotz Hoffnungslosigkeit, Krieg und Ungerechtigkeit weiterhin für Menschen in Not sorgen: Dies war der Haupteindruck eines Solidaritätsbesuchs der Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB) in Jerusalem und dem Westjordanland. Bei ihrem Besuch traf Pfarrerin Dr. Anne Burghardt mit Pfarrern und Pfarrerinnen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL), einer LWB-Mitgliedskirche, und Mitarbeitern des LWB-Landesprogramms Jerusalem zusammen. Die Generalsekretärin betonte das wichtige Zeugnis der Kirche und des LWB-Länderprogramms in Kriegszeiten. 

“Wo ist Gott?” 

Die LWB- Generalsekretärin besuchte die Region vom 11. bis 16. April 2024 und traf sich mit Bischof Sani Ibrahim Azar und Pastorinnen und Pastoren der ELKJHL in Jerusalem und Beit Jala sowie mit LWB-Mitarbeitenden im Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK), im Berufsbildungszentrum in Beit Hanina, und mit humanitären Partnern. Am Sonntag, dem 14. April, predigte sie nach einem massiven Luftangriff aus dem Iran in der Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg über das christliche Friedensverständnis.

“Wo das größte Gebot, das unser Herr Jesus Christus seinen Jüngern gegeben hat, nicht gelebt wird, nämlich Gott mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzem Verstand und den Nächsten wie sich selbst zu lieben, da sind bereits die Samen der Gewalt gepflanzt worden. Inmitten des vom Menschen verursachten Leids fragen wir oft: „Wo ist Gott in all dem?“, während wir uns vielmehr fragen sollten: „Wo ist der Mensch in all dem?“ sagte sie.

Klein in der Zahl, stark im Zeugnis

Bei dem Treffen mit ELKJHL-Vertretern erfuhr Burghardt von den Auswirkungen des Krieges auf palästinensische Christen. „Viele haben ihren Job verloren und haben Schwierigkeiten, Miete, Strom und sogar Essen zu bezahlen“, sagte sie.

Die ELKJHL investiert zunehmend in ihren diakonischen Dienst, um Kirchenmitglieder zu unterstützen, die aufgrund des Krieges in Gaza ihr Einkommen verloren haben, so die Generalsekretärin. „Die ELKJHL ist eine dieser Kirchen, die mich daran erinnert, dass die Größe einer Kirche nicht von der Zahl ihrer Mitglieder, sondern von ihrem Zeugnis abhängt. Die Kirche macht hervorragende Arbeit in Bildung, Diakonie und Geschlechtergerechtigkeit, fügte sie hinzu.

Im Schatten des Gaza-Krieges habe die internationale Gemeinschaft der zunehmenden Gewalt im Westjordanland nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt, sagte die Generalsekretärin. Sie verwies insbesondere auf den Siedlungsbau, die Gewalt der Siedler und die Angriffe auf palästinensische Dörfer und Häuser. „Schon bevor der Krieg in Gaza begann, wurden Dutzende Palästinenserinnen und Palästinenser im Westjordanland entweder von Siedlern oder israelischen Soldaten getötet“, sagte Burghardt.

In ihren Gesprächen äußerten ELKJHL-Pastoren auch ein „Gefühl der Ungerechtigkeit“, fügte sie hinzu. „Als wir das Evangelische Zentrum in Talitha Kumi besuchten, hörten wir eine Geschichte über eine christliche Familie, die ihre Farm in der Nähe von Talitha Kumi hatte. Die Familie wurde vor einiger Zeit von Siedlern von ihrem Land vertrieben. Jetzt haben sie keinen Zugang mehr. Diese eine Geschichte steht für viele, und die palästinensischen Christen haben das Gefühl, dass ihr Recht, in ihrer historischen Heimat zu leben, in Frage gestellt wird und dass die internationale Gemeinschaft ihnen nicht zuhört.“ 

„Eine Quelle des Stolzes“

Auch in den Gesprächen mit den Mitarbeitenden des AVK waren Pflege und Betreuung wichtige Themen. Das Krankenhaus auf dem Ölberg bietet lebensrettende Behandlung von Krebs und Nierenerkrankungen für Palästinenser aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Seit Oktober werden auch Krebspatienten aus Gaza und ihre Begleitpersonen im Krankenhaus untergebracht, da sie nicht zurückkehren konnten. Krebspatienten, die sich immer noch in Gaza befinden, konnten seit Kriegsbeginn nicht zur Behandlung kommen. „Es war herzzerreißend, die Geschichten der Mitarbeiter des AVK zu hören, die mit den Patienten aus Gaza arbeiten“, sagte Burghardt.

Viele medizinische AVK-Mitarbeiter leben im Westjordanland und das Passieren der Checkpoints ist stressig und zeitaufwändig. „Eine meiner Sorgen war, wie sie mit der Situation zurechtkommen“, sagte Burghardt, „und es war gut zu hören, dass die Krankenhausleitung dafür sorgt, dass sie Zugang zu psychosozialer Betreuung haben.“ Es sei inspirierend zu sehen, dass die Mitarbeitenden trotz der manchmal hoffnungslosen Situation die hohe Qualität aufrechterhalten, für die das Krankenhaus bekannt ist, und wie sie die Patienten in ihrer Obhut weiterhin betreuen. Wir sind dankbar, dass sie zu denen gehören, deren Arbeitserlaubnis, für Ostjerusalem erneuert wurde.“ Das AVK „ist für viele eine Quelle des Stolzes und ein Zeichen dafür, dass das palästinensische Volk nicht vergessen wird“, fügte Burghardt hinzu.

Ein Leib

„Es ist sehr wichtig, diese Geschichten von Menschen und ihren alltäglichen Realitäten zu teilen. Öffentliche Erklärungen sind wichtig, aber genauso wichtig ist es, den Menschen vor Ort zuzuhören und ihre Erfahrungen über das, was in diesen Tagen in Palästina geschieht, weiter zu tragen“, schloss die LWB-Generalsekretärin. „Es ist wichtig, die ständigen Angriffe auf die Menschenwürde im Kontext Palästina hervorzuheben und sich daran zu erinnern, was uns die Bibel in 1. Korinther 12:26 sagt: Wenn ein Teil des Leibes leidet, leiden alle anderen Teile mit.“

„Als globale Gemeinschaft müssen wir unsere Mitgliedskirche und die breitere palästinensische Gemeinschaft in unsere Gebete einbeziehen. Wir sollten die Hoffnung nicht verlieren, dass die Menschen im Heiligen Land eines Tages Wege finden werden, friedlich zusammenzuleben“, schloss sie. 

LWF/C. Kästner-Meyer