Ingenieurinnen bringen Licht ins Dorf

09 März 2016
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Bowba mint Brahim und Aichetou mint Khayling demonstrieren die Funktion ihrer Solarpanele. Foto: LWB/C. Kästner

Bowba mint Brahim und Aichetou mint Khayling demonstrieren die Funktion ihrer Solarpanele. Foto: LWB/C. Kästner

LWB-Projekt in Mauretanien: Frauen erlernen den Umgang mit Solarakkus

Nouakchott (Mauretanien)/Genf, 9. März 2016 (LWI) – In Mauretanien sieht man nicht oft Frauen, die technische Geräte bedienen, aber Bowba mint Brahim und Aichetou mint Khayling haben ganz offensichtlich viel Übung darin, die grossen Akkus an die Sonnenkollektoren anzuschliessen. Inzwischen sind sie es gewohnt, sich ausserhalb der Grenzen zu bewegen, die ihre traditionell geprägte Gesellschaft Frauen setzt. Alles begann damit, dass der Lutherische Weltbund (LWB) mit einem sehr ungewöhnlichen Angebot in ihr Dorf in einem ländlichen Gebiet Mauretaniens kam.

Die Regionen Brakna und Hodh El Chargui, wo das Dorf liegt, sind ein beiger Fleck auf der Landkarte. Sie liegen tief im Sahel, einem Ausläufer der Sahara. Die Gegend ist von Trockenheit und sehr schwierigen Lebensbedingungen geprägt und nur dünn besiedelt. In den wenigen, kleinen Dörfern leben die Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft.

„Wer möchte nach Indien gehen?“

Vor acht Jahren wählte der LWB ihr Dorf, Trarza im Brakna-Distrikt, für ein Projekt zur Gemeindeentwicklung aus. Im Rahmen des Projekts fand eine Kooperation mit dem indischen Barefoot College statt, das einigen BewohnerInnen der beteiligten Dörfer Kenntnisse über Solartechnik vermitteln sollte.

„Dann haben sie die Dorfgemeinschaft gefragt: Wer möchte nach Indien gehen und eine Ausbildung in Solartechnik machen?“, erinnert sich Aichetou.

Das naheliegendste wäre gewesen, einige Männer zu schicken. Viele sind von klein auf mit Mechanikerarbeiten vertraut, und ohnehin ist der Platz der Frau in diesem Dorf traditionell eher im Haushalt. Aber dann begann die Dorfgemeinschaft zu überlegen, erzählt Aichetou. „Die Ausbildung dauert ein halbes Jahr. Das ist eine sehr lange Zeit, wenn man eine Familie und Vieh zu versorgen hat“, erläutert sie. „Also haben wir Frauen beschlossen zu gehen, damit die Männer sich weiter um die Tiere kümmern konnten.“

„Sie machen diese Arbeit mit grosser Begeisterung und hohem Engagement. Die Leute nennen sie ‚die Ingenieurinnen‘.“ – Kasongo Mutshaila

So kam es, dass aus den beiden ländlichen mauretanischen Regionen sechs Analphabetinnen nach Indien reisten und eine Solartechnik-Ausbildung absolvierten. Zwischen Januar und Juli 2008 erwarben sie das Wissen und die Fertigkeiten für die Bedienung von Sonnenkollektoren und Solarkochern. Zum bestandenen Abschluss erhielten die Absolventinnen als Geschenk einen kleinen Akku und einen Sonnenkollektor. Damit hat sich ihr Leben und auch das Leben ihres Dorfes verändert.

„Sie sind in der Lage, Sonnenkollektoren in vielen Dörfern zu installieren und zu warten. Das hat ihnen in den verschiedenen Dorfgemeinschaften einen guten Ruf und viel Respekt eingebracht“, berichtet Kasongo Mutshaila, Ländervertreter von LWB-Mauretanien. „Sie machen diese Arbeit mit grosser Begeisterung und hohem Engagement. Die Leute nennen sie ‚die Ingenieurinnen‘.“

Verbindung zur Aussenwelt

Bowba hat sich mit dem Angebot, Telefonakkus aufzuladen, selbständig gemacht. „Ich kann den Akku pflegen und reparieren, damit er richtig lange hält“, erzählt sie. „Ich werde dafür bezahlt, dass ich die Leute ihr Telefon aufladen lasse.“ Sie möchte sich demnächst einen grösseren Akku zulegen, mit dem sich ein Kühlschrank betreiben lässt.

„Bevor ich in Indien war, war es hier im Dorf um neun Uhr abends still und dunkel“, erinnert sich Aichette mint Khayling. „Wir mussten früh essen, solange es noch hell war. Unsere Kinder konnten nicht für die Schule lernen.“ Viele Kinder müssen nach der Schule auf dem Hof und im Haushalt mithelfen. Wenn sie Zeit haben ihre Hausaufgaben zu machen, ist es bereits dunkel, und sie arbeiten bei Kerzenlicht.

Jetzt gibt es Solarlampen, die am Abend das Zimmer beleuchten. Die Kinder können lernen, auch gekocht werden kann später. Manche Familien haben einen Fernseher angeschafft und erfahren damit, was ausserhalb ihres Dorfes vor sich geht. Mit dem Geld, das sie mit ihrer Arbeit verdienen, können die Frauen die Schulausstattung und medizinische Versorgung für ihre Kinder bezahlen.

Inzwischen haben sich die insgesamt 20 Dörfer in Brakna und Hodh Ech Chargui komplett auf das neue Leben mit Solarlampen umgestellt. Ohne die sechs „Ingenieurinnen“, die die Ausbildung in Indien gemacht haben, wäre die dafür nötige Ausstattung nicht instand zu halten.

Im Jahr 2015 hat der LWB in den Regionen Brakna und Hodh Ech Chargui 618 Menschen die nötigen Kenntnisse über die Nutzung und Wartung von Solarkochern und Sonnenkollektoren vermittelt und sie bei der Bereitstellung der nötigen Ausrüstung unterstützt.

LWF/OCS