LWB-Studiengruppe steckt Rahmen für zweijährigen Arbeitsprozess ab
(LWI) – Die Studiengruppe des Lutherischen Weltbundes (LWB), die sich mit der Frage auseinandersetzt, warum und wie seine Mitgliedskirchen im öffentlichen Raum präsent sind, hat gemeinsame Ziele für ihren Studienprozess festgelegt.
Die sieben TheologInnen aus allen LWB-Regionen sowie Mitarbeitende der Abteilung für Theologie und Öffentliches Zeugnis (ATÖZ) kamen vom 29. bis 31. Januar zu einer ersten Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll (Deutschland) zusammen. Sie bekräftigten, die Öffentlichkeit müsse faire Chancen für eine gleichberechtigte Teilhabe aller BürgerInnen bieten. Einen Raum zu schaffen, in dem Menschen gemeinsam an einer Veränderung in der Gesellschaft hin zu Frieden und Gerechtigkeit wirken könnten, sei Teil des Auftrags, den alle ChristInnen in der Taufe erhalten hätten.
Der öffentliche Raum werde jedoch immer wieder durch Kräftewie Manipulation, Fragmentierung oder Dominanzbestrebungen deformiert, stellten die TheologInnen fest. ChristInnen und Kirchen müssten solche Verhaltensweisen hinterfragen und sich ihnen entgegenstellen.
Untersuchungen lutherischer Dialektik
Um die Rolle von Kirchen und ChristInnen im öffentlichen Raum klarer herauszuarbeiten, befasste sich die Studiengruppe mit dialektischen lutherischen Differenzierungen wie etwa zwischen dem geistlichen und weltlichen Reich, der Identität als Heilige/r und SünderIn sowie dem Glauben und der Vernunft. Weiterhin untersuchten sie das lutherische Verständnis von Freiheit und Verantwortung.
„Wie können wir ein prophetischeres lutherisch-christliches Zeugnis anbieten inmitten der Kakophonie der religiösen Stimmen auf unserem öffentlichen Marktplatz? Wie können wir als Lutheranerinnen und Lutheraner partnerschaftlich mit anderen beitragen zum Aufbau gesunder Gesellschaften, in denen alle Kinder Gottes – und die Fülle der Schöpfung – gedeihen können?“ Diese Fragen stellte Dr. Kathryn M. Lohre, Referentin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika für ökumenische und interreligiöse Beziehungen.
Für Pfarrerin Dr. Eva Harasta aus der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich, die als Studienleiterin für Theologie und Interreligiösen Dialog tätig ist, ist der religiöse Pluralismus ein wichtiger Faktor für die Entscheidung über das Mass der aktiven Präsenz im öffentlichen Raum. „Ein Akzeptieren der multireligiösen Situation ist von fundamentaler Bedeutung und die Interkontextualität hat Relevanz für die Entwicklung einer Hermeneutik der lutherischen Präsenz im öffentlichen Raum“, betonte Harasta.
„Die verschiedenen Mitglieder der Studiengruppe bringen verschiedene Perspektiven in den Prozess ein, aber ihnen allen ist das Anliegen gemeinsam, unseren aktiven Beitrag zum öffentlichen Raum als fairem Raum für alle klarer zu artikulieren“, so Pfarrerin Dr. Simone Sinn, Studienreferentin des LWB für öffentliche Theologie und interreligiöse Beziehungen.
Regionale Kontexte berücksichtigen
Es sei entscheidend, die soziopolitischen Kontexte der verschiedenen LWB-Regionen in den Blick zu nehmen, damit der Studienprozess für die Realität der Gegenwart relevant sein könne, so Sinn. „Am Rand Verortete und zum Schweigen Gezwungene hinterfragen jedes bequeme Verständnis vom öffentlichen Raum und drängen uns, ein tieferes, noch intensiveres Verständnis zu entfalten. Die Studiengruppe steht am Beginn eines Reflexions- und Handlungsprozesses, der von Bedeutung ist für die lutherische Kirchengemeinschaft insgesamt.“
Den Vorsitz der Studiengruppe hat Erzbischöfin Dr. Antje Jackelén von der Schwedischen Kirche. Das Ergebnis ihrer ersten Tagung wird den jeweiligen regionalen Kirchenleitungskonferenzen des LWB vorgelegt. Eine zweite Tagung ist im Rahmen der vom LWB organisierten theologischen Konferenz geplant, die sich im Oktober 2015 in Windhuk (Namibia) mit der Reformation befassen wird. Bei dieser Gelegenheit sollen Einsichten andere AkteurInnen gesammelt werden. Den ersten Entwurf ihres Berichts will die Studiengruppe dem LWB-Rat bei seiner Tagung 2016 vorlegen.
[Bei der Tagung in Bad Boll brachten auch die Teilnehmenden aus Brasilien, Indien und Polen Einsichten aus ihrem jeweiligen Kontext sowie Erwartungen an den Studienprozess ein. Mehr dazu erfahren Sie im LWB-Blog (in englischer Sprache).]