Ihr Ziel sind ahnungslose Jugendliche und arme Familien

30. Nov. 2012
Mädchen und Frauen, die Opfer von MenschenhändlerInnen oder anderen Formen von Gewalt geworden sind und befreit wurden, lernen im RDRS-Rehabilitationszentrum in Rangur im Nordwesten Bangladeschs handwerkliche Fertigkeiten wie Nähen und Sticken. © RDRS-Bangladesch

Mädchen und Frauen, die Opfer von MenschenhändlerInnen oder anderen Formen von Gewalt geworden sind und befreit wurden, lernen im RDRS-Rehabilitationszentrum in Rangur im Nordwesten Bangladeschs handwerkliche Fertigkeiten wie Nähen und Sticken. © RDRS-Bangladesch

Vom LWB unterstütztes Zentrum hilft Opfern des Menschenhandels in Bangladesch

Am 29. Januar 2010 gingen Ranjona und ihre Cousine Pinky zu der heiligen Stätte Majar Sharif in ihrem Dorf im Distrikt Dinajpur im Nordwesten von Bangladesch. Bevor sie wussten, wie ihnen geschieht, waren sie von Fremden umringt und wurden bewusstlos geschlagen.

Als die Teenager ihr Bewusstsein wiedererlangten, stellten sie fest, dass sie in einem für sie fremden Haus von einem ihnen unbekannten Ehepaar festgehalten wurden. In den folgenden Wochen wurden die jungen Frauen zur Prostitution gezwungen.

Kurze Zeit später erfuhr Ranjona, dass sie an eine andere Frau im nahe der Hauptstadt Dhaka gelegenen Faridpur-Distrikt verkauft werden sollte, wo die Arbeit als Zwangsprostituierte weiterging. Zuhause hatten ihr Vater, ein Gemüseverkäufer, und ihre Mutter, die Hausfrau ist, bei der Polizei das Verschwinden der beiden Mädchenangezeigt.

Geholfen wurde Ranjona schliesslich als sie einen Gemüseverkäufer, der sie durch das Fenster im Haus „ihrer Besitzerin“ bemerkt hatte, den Namen ihres Vaters gab. Die Polizei durchsuchte das Haus und rettete sie. Auch Pinky wurde kurz darauf befreit und die TäterInnen verhaftet. Aber all dies geschah erst nachdem die Mädchen schon zwei Monate in Gefangenschaft sexuell ausgebeutet worden waren.

Ein Rehabilitationszentrum für notleidende Frauen auf dem Land

Ranjonas Eltern hatten von dem Rehabilitationszentrum für notleidende Frauen gehört, das vom Rangpur Dinajpur Rural Services (RDRS), eine der ältesten und grössten Nichtregierungsorganisationen in Bangladeschund ein führender Akteur in der ländlichen Entwicklung, geleitet wird.

Der RDRS wurde 1971 vom Lutherischen Weltbund (LWB) als Länderprogramm seiner Abteilung für Weltdienst (AWD) ins Leben gerufen und ist heute ein assoziiertes Programm der AWD, das fortwährend gegen die Ursachen und Auswirkungen von Armut, Unwissenheit und Machtlosigkeit in Bangladesch kämpft und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Ermächtigung von Frauen legt.

Im RDRS-Rehabilitationzentrum in Rangpur wurden Ranjona und Pinky Beratungsgespräche, eine medizinische Grundversorgung, Rechtsberatung und Ausbildungskurse für praktische Fertigkeiten angeboten. Sie konnten so besser ausgebildet als vorher zu ihren Eltern zurückkehren, um ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Die jungen Mädchen sind nur zwei von Millionen Frauen und Männern, Jungen und Mädchen, die in Bangladesch, einem Land, in dem 160 Millionen Menschen leben, Opfer von Menschenhandel geworden sind. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist der Menschenhandel, einschliesslich des Handels mit Frauen und Kindern zu Zwecken sexueller Ausbeutung, in Bangladesch und der ganzen Region ein ernsthaftes Problem.

Die Wurzeln des Problems sind jedoch in einem grösseren Kontext zu suchen. Die durch die Armut bedingte legale Abwanderung der Menschen hat jedoch auch zu illegalen Aktivitäten geführt, durch die die armen und verwundbarsten Menschen bedroht sind. „Irreguläre Migration, informelle Kanäle für den Geldtransfer und Menschenhandel haben immer noch schwerwiegende Verletzungen der Rechte von MigrantInnen zur Folge und es wird eine steigende Zahl irregulärer MigrantInnen aus Bangladesch in den verschiedenen Zielländern erfasst“, stellt IOM fest.

Der RDRS erklärte, dass Kinder – sowohl Jungen wie auch Mädchen – in Bangladesch zu Zwecken der kommerziellen, sexuellen Ausbeutung, Zwangsbettelei und Zwangsarbeit Opfer von Menschenhandel werden. Frauen und Mädchen werden zur Zwangsprostitution innerhalb des Landes oder nach Indien verkauft.

„Ein grosser Teil der Opfer von Menschenhandel in Bangladesch sind Männer, die mit falschen Beschäftigungsangeboten zum Arbeiten im Ausland gelockt und dann mit Zwangsarbeit ausgebeutet werden“, so der RDRS.

Frauen und Kinder vor Menschenhandel bewahrt

Am 5. Oktober 2009 schöpften AnwohnerInnen in Bhaoalguri, einem Dorf im Kurigram-Distrikt im Nordwesten Bangladeschs, Verdacht, als sie fünf Frauen und sechs Kinder in ihrem Dorf umherirren sahen. Sie nahmen Kontakt zu einem ehrenamtlichen Rechtsberater des RDRS auf, welcher herausfand, dass die Gruppe aus einem Dorf im Faridpur-Distrikt stammte und ein Mann, den sie bisher nicht kannten, ihnen Arbeit in Indien versprochen hatte.

Nach Rücksprache mit Regierungs- und Polizeibeamten bestätigten der RDRS, dass der Mann, der die Arbeitsmöglichkeiten versprochen hatte, sie als Zwangsarbeiterinnen verkaufen wollte. Der Mann wurde verhaftet.

Menschenhandel ist in Bangladesch immer noch an der Tagesordnung, aber die Regierung ist bemüht, ihn zu unterbinden und die TäterInnen zu bestrafen. Ein 2011 beschlossenes Gesetz macht den Menschenhandel zu einer Straftat und legt fest, dass der unter Strafe gestellte Menschenhandel nicht mehr nur Prostitution und sexuelle Ausbeutung umfasst, sonder auch den internen Menschenhandel. Das Strafmass für TäterInnen reicht von mehreren Jahren bis hin zu lebenslänglicher Haft.

Der RDRS engagiert sich weiterhin gegen die Ursachen und Auswirkungen von Armut, Unwissenheit und Machtlosigkeit im Land. Ihre Entwicklungsprogramme erreichen mehr als 2,2 Millionen Menschen (400.000 Haushalte) in fast 17.000 Gruppen und 360 Vereinigungen, die hauptsächlich im nördlichen, verarmten Bangladesch, insbesondere in der Region Rangpur leben.

Die Vereinigungen sind zu einer effektiven lokalen Plattform geworden, durch die marginalisierte Menschen als positive Kraft mobilisiert werden können. Das RDRS-Programm für Frauenrechte will Diskriminierung und geschlechtsspezifische Gewalt vermindern, die auch für den LWB wichtige Anliegen sind.

(Von Sabrina Sharmin, Kommunikationsbeauftragte des RDRS.)

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