Honduras: ICLH unterstützt Kampf gegen Unterdrückung, Gewalt und Armut

30 Juli 2019
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Im Rahmen der Veranstaltungen zum zehnten Gedenktag des Putsches hielt die ICLH einen öffentlichen Gottesdienst an der Stelle ab, an der das erste Todesopfer des Putsches ums Leben kam. Bereitschaftspolizei und Armee umstellten die Veranstaltung, als anschließend ein Gedenkkreuz in das Zentrum der Hauptstadt getragen wurde. Alle Fotos: LWB/S. Hawkey

Im Rahmen der Veranstaltungen zum zehnten Gedenktag des Putsches hielt die ICLH einen öffentlichen Gottesdienst an der Stelle ab, an der das erste Todesopfer des Putsches ums Leben kam. Bereitschaftspolizei und Armee umstellten die Veranstaltung, als anschließend ein Gedenkkreuz in das Zentrum der Hauptstadt getragen wurde. Alle Fotos: LWB/S. Hawkey

Seit zehn Jahren sucht die Gesellschaft nach Gerechtigkeit, Frieden und Gleichberechtigung

Tegucigalpa, Honduras/Genf(LWI) – Zehn Jahre nach dem Militärputsch gegen Präsident Mel Zelaya in Honduras erhebt die Christlich-Lutherische Kirche Honduras (ICLH) in dem mittelamerikanischen Staat nach wie vor ihre Stimme für Gerechtigkeit und Frieden in dem Land und bietet den Migrierenden sowie den zurückkehrenden Flüchtlingen praktische Unterstützung.

Der Militärputsch im Juni 2009 führte zu beispiellosen politischen Turbulenzen und in der Folge zu einem nie gekannten Ausmass an Gewalt und Armut. Ungeklärte Anklagen wegen Wahlbetrugs und Korruption seitens der derzeitigen Regierung haben dazu geführt, dass es seit November 2017 zu Massendemonstrationen, anhaltenden Streiks und Protesten gekommen ist.

Derzeit gibt es Proteste in Form von landesweiten Streiks der größten Lehrer- und Ärztegewerkschaften sowie von Studierenden an den Universitäten und Schulen, von den Beschäftigten in der Transportwirtschaft und sogar von Teilen der Polizei. Gewalt und Morde, Gefängnisstrafen und Unterdrückung lassen ein komplexes und gefährliches Umfeld entstehen, in dem die ICLH nach wie vor ihre prophetische Stimme erhebt und an der Seite der an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen steht. Die Mitgliedskirche des Lutherischen Weltbundes (LWB) versucht, Alternativen zu der um sich greifenden Migration aufzuzeigen.

Pastor Rolando Ortez Martinez, Präsident der ICLH hielt vor kurzem auf einer öffentlichen Demonstration eine Rede zum zehnten Jahrestag des Militärputsches:

„Wir haben uns hier auf einem Platz versammelt, dem wir den Namen Isy Obed Murillo Square gegeben haben. Dies ist der Ort, an dem es 2009 das erste Opfer der Diktatur gab, genau hier, als in die Menge geschossen wurde und Murillo getroffen zu Boden ging [...]. Zehn Jahre sind seit dem Putsch vergangen, und seit zehn Jahren setzen wir uns für Gerechtigkeit, Frieden und Gleichheit in unserem Land ein. Wir haben soeben versucht, hier einen Gottesdienst abzuhalten und der Märtyrer und Märtyrerinnen in diesem Kampf zu gedenken, aber das Militär hat unsere Lautsprecheranlage konfisziert und Menschen daran gehindert, sich hier zu versammeln. Trotzdem konnten wir eine Feier veranstalten und einige Gebete sprechen, und wir haben einige Bibeltexte vorgelesen, um an Isy Obed Murillo zu erinnern, das erste von zahlreichen Todesopfern während dieses Putsches, und leider gehen die Morde weiter.“

„Die lutherische Kirche fordert alle Menschen weltweit auf, für dieses Land und seine Menschen zu beten und auch dafür, dass hier einiges Tages Gerechtigkeit herrscht. Das honduranische Volk braucht Frieden und Gerechtigkeit, Bildung und Gesundheitsversorgung für alle. Wir beten um Solidarität, damit wie diese Ungerechtigkeit überwinden, und wir wollen, dass sich die Menschen überall auf der Welt mit dem honduranischen Volk solidarisch erklären, denn auf diese Weise werden wir stark, so dass wir weiter für Gerechtigkeit kämpfen können.“

 

Pastor Rolando Ortez Martinez (mit Kollar), Präsident der ICLH, hielt vor kurzem auf einer öffentlichen Demonstration eine Rede zum zehnten Jahrestag des Militärputsches.

Gewalt, Armut und Migration

In den vergangenen Monaten haben Tausende von verzweifelten Menschen aus Honduras das Land in Richtung USA verlassen. Einige haben einen Asylantrag gestellt, um der allgegenwärtigen Gewalt zu entkommen, und viele suchen als Wirtschaftsflüchtlinge einen Ausweg aus der zermürbenden Armut. Die Internationale Organisation für Migration hat darüber informiert, dass es einen Zusammenhang zwischen Armut, Gewalt und Migration in der Region gibt und Tausende von Menschen nach sichereren Lebensumständen für ihre Familien suchen.

Zwar schaffen es nach wie vor viele bis in die USA, aber es gibt auch zahlreiche Familien, die an der Grenze zwischen Mexiko und den USA getrennt werden. Die Reise ist zudem gefährlich. Einige finden unterwegs den Tod, viele erleben auf ihrem Weg und auch in den USA Übergriffe und Diskriminierungen. In der entgegengesetzten Richtung gibt es einen nicht abreissenden Strom von Menschen, die von den Behörden aus den USA und Mexiko abgeschoben werden, aber auch Migrierende, die freiwillig zurückkehren.

Mit Unterstützung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika (ELKA) hat der Lutherische Weltbund (LWB) ein Programm aufgelegt, um zurückkehrende und abgeschobene Migrierende zu begleiten und ihnen bei der Verbesserung ihrer Lebensumstände zu helfen, damit sie sich nicht wieder auf den Weg machen müssen. Gemeinsam mit anderen ökumenischen Partnern versuchen die Kirchen mit ihrer Arbeit, eine Strategie mit der Bezeichnung AMMPARO umzusetzen. Diese Initiative will die Ursachen der Migration an der Wurzel bekämpfen und die Sicherheit und die Rechte aller Kinder und Familien garantieren, die unterwegs sind.

Migrierende aus Honduras unterwegs in einer Karawane, die sie über Mexiko in die USA bringen soll. Tausende von Menschen haben das Land in den letzten Monaten verlassen.

Dieses Programm hat Hunderten von Rückkehrern geholfen. Carlos ist einer von ihnen, und er erklärt, warum er das Land verlassen hat. „Ich bin aus meiner Heimat geflohen wegen der Gefahr. Was bedeutet Gefahr? Gefahr ist hier kein abstrakter Begriff. Meine gesamte Familie wurde von einer Bande bedroht. Die Bedrohung deines Lebens dient dazu, dich zu kontrollieren und dich zu unterdrücken. Meine gesamte Familie musste fliehen. Menschen, die diese Drohungen nicht ernst nehmen, werden einfach umgebracht. Wir haben viele Freunde und Nachbarn verloren, sie sind einfach verschwunden. Die Gang hier erdrosselt ihre Opfer mit Tourniquets, das ist ihr Erkennungszeichen.“

Nachdem Carlos kurz nach dem Überschreiten der Grenze zur USA von einer Grenzpatrouille aufgegriffen worden war, wurde er in „Eisschränken“ eingesperrt, bis er abgeschoben wurde: „Ich war in vier Eisschränken in den USA, jeweils drei Tage lang. Der Eisschrank ist ein Raum, in dem die Klimaanlage auf Hochtouren läuft und die Luft extrem heruntergekühlt wird mit dem Ziel, dich fast erfrieren zu lassen, damit du ein Formular unterschreibst und sie dich direkt nach Hause abschieben können. Es ist wirklich kalt, du sitzt auf dem Boden, es gibt kein Bett, man hat nicht genügend Kleidung, die Zähne klappern und es fühlt sich an, als ob man gleich sterben würde. Ich wurde nach etwa 20 Tagen abgeschoben und habe jemanden hier in Juticalpa getroffen, der mir von dem LWB-Programm erzählt hat. Als ich zurückgekommen bin, musste ich umziehen, und ich hatte nichts mehr, da ich alles verloren hatte. Der LWB hat mir geholfen, mich in Sicherheit zu bringen, so dass ich wieder auf die Beine kommen konnte.“

Der aus den USA abgeschobene Migrant Carlos Andrés Hernández (23) hat mit Hilfe eines LWB-Programms in Olancho das Schneiderhandwerk erlernt.

Die ICLH und Organisationen, die sich in Honduras vor Ort solidarisch für die Menschen einsetzen und ihnen helfen, eine Existenz aufzubauen, legen täglich Zeugnis für ihren Glauben an die Solidarität mit den Armen und Entrechteten ab und fordern die lutherische Gemeinschaft auf der ganzen Welt auf, für diese Menschen zu beten und sie zu unterstützen.

LWF/OCS