Die Botschaft Christi in Erinnerung gerufen

18 Okt. 2017
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Reformationsfeierlichkeiten in Liberia mit (v.r.) Bishof Jensen Seyenkulo (LKL), LWB-Generalsekretär Pfarrer Martin Junge, LWB-Vizepräsidentin, Pfarrerin Jeannette Ada Maina (ELKK) und LWB-Afrikareferentin, Pfarrerin Elieshi Mungure. LWF/Felix Samari

Reformationsfeierlichkeiten in Liberia mit (v.r.) Bishof Jensen Seyenkulo (LKL), LWB-Generalsekretär Pfarrer Martin Junge, LWB-Vizepräsidentin, Pfarrerin Jeannette Ada Maina (ELKK) und LWB-Afrikareferentin, Pfarrerin Elieshi Mungure. LWF/Felix Samari

Reformationsjubiläum in liberianischen Kirchen

MONROVIA, Liberia/GENF (LWI) – Tausende Gläubige aus ganz Liberia und Westafrika haben gemeinsam mit Gästen aus aller Welt in einem ökumenischen Festgottesdienst des 500. Reformationsjubiläums gedacht. Der Gottesdienst fand am 24. September im Antoinette-Tubman-Stadion in der liberianischen Hauptstadt Monrovia statt.

Organisiert hatten den Gottesdienst die Lutherische Kirche in Liberia (LKL) und die Lutherische Gemeinschaft in Zentral- und Westafrika (Lutheran Communion in Central and Western Africa – LUCCWA). Er begann mit einem farbenfrohen, von einem Posaunenchor angeführten Zug von der St. Peter Lutheran Church zum Stadion.

LKL-Bischof Dr. Jensen Seyenkulo begrüßte die Gottesdienstgemeinde und betonte, die verschiedenen Kirchen und Konfessionen müssten Seite an Seite stehen, um den Menschen, die in ihrem Leben mit vielfältigen Problemen konfrontiert seien, Hoffnung zu geben. Es sei wichtig, dass die Kirchen zu Fragen des täglichen Lebens mit einer Stimme sprächen. „Dieses Ereignis bietet uns Christinnen und Christen die Gelegenheit, unsere Einheit öffentlich zu zeigen. Wir mögen die Schrift auf ganz unterschiedliche Weise betrachten, aber die Wahrheit ist, dass wir alle einen Herrn haben. Wenn also alle Konfessionen durch die Straßen von Monrovia ziehen und sich im Nationalstadion zum gemeinsamen Gottesdienst versammeln, dann erklären wir vor der Welt unsere Einheit – wir sagen: ‚Was uns eint ist größer als das, was uns trennt‘.“

Vorurteile und Schubladendenken überwinden

In seiner Predigt betonte der LWB-Generalsekretär, Pfarrer Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Junge, beim Reformationsjubiläum gehe es nicht darum, an die Botschaft Martin Luthers zu erinnern, sondern an die Botschaft Christi. „Die Botschaft gibt es nicht erst seit 500 Jahren, sondern seit 2000 Jahren [...]: Gott rettet uns, Gott ist die Liebe, Gott erlöst uns, weil er barmherzig ist.“

In Christus neu geboren zu sein, so Junge, bedeute, Schubladendenken und Vorurteile, die den Blick aufeinander verstellten, zu überwinden, „und sich stattdessen die Art und Weise zu eigen zu machen, wie Christus die Menschen ansieht, also zuerst die Person wahrzunehmen. Unabhängig von unserem sozialen oder ökonomischen Status, unserer Stammeszugehörigkeit und unserem Geschlecht, unabhängig davon, ob wir ordiniert sind oder nicht und welcher Religion wir angehören – wir alle sind zuallererst Menschen; Menschen, die Gott liebt und annimmt.“

Junge dankte den liberianischen Kirchen dafür, dass sie durch das gemeinsame Reformationsgedenken ein kraftvolles Zeugnis gäben und rief sie auf, nach Möglichkeiten zu suchen, wie sie ihren gemeinsamen Weg ohne Vorurteile gehen können.

Unter Verweis auf das Gemeinsame katholisch-lutherische Reformationsgedenken im Oktober 2016 und den bilateralen Prozess „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ bekräftigte der Generalsekretär die gemeinsam eingegangene Verpflichtung, auf Differenzen nie wieder mit Gewalt zu reagieren und stattdessen in Gebet, Dialog und gemeinsamem Zeugnis die Quelle der Heilung und Einheit zu suchen. „Gott beruft uns, Botschafterinnen und Botschafter der Versöhnung zu sein, nie aber seine Krieger und Kriegerinnen“, betonte Junge.

Er ermutigte alle Teilnehmenden des Gottesdienstes, im eigenen Leben und Kontext als Botschafterinnen und Botschafter der Versöhnung zu agieren. Er rief die Kirche auf, weiterhin nach Gemeinschaft und Einheit mit anderen zu streben und gemeinsam das Feuer Christi an andere weiterzugeben, damit der Glaube in der Welt wachsen und leuchten könne. So werde er Wärme bringen „in eine Welt, die sonst so kalt, und Licht in eine Welt, die sonst so dunkel wäre.“

Gegenseitiges Vertrauen und Gemeinschaft

Der katholische Erzbischof von Monrovia, Lewis Zeigler, brachte seine Freude über den Gottesdienst zum Reformationsgedenken zum Ausdruck und erklärte, 500 Jahre seien eine lange Zeit. Er rief die Kirche auf, vorwärts zu gehen und die Verletzungen und den Groll der Vergangenheit zu überwinden durch die Bereitschaft, sich wahrhaft zu versöhnen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam weiterzugehen in gegenseitigem Vertrauen und Gemeinschaft.

In einem Grußwort im Namen aller ökumenischen Gäste bekräftigte Bischof Jonathan Hart von der anglikanischen Bischöflichen Kirche, der dem Kirchenrat von Liberia vorsteht, die Entschlossenheit der Kirchen in dem westafrikanischen Land, ihren Weg in Einigkeit zu gehen.

Lutherische Kirche in Liberia

Bischof Seyenkulo dankte den anwesenden liberianischen Kirchenleitenden für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung des Gottesdienstes. Den internationalen Gästen dankte er, dass sie der Einladung Folge geleistet hatten. Besonders würdigte er die Geistlichen der LKL, die ihre Gemeindeglieder und die verschiedenen Chöre mobilisiert hatten. „Was wir heute hier erleben, ist Ihrer Anstrengung zu verdanken. Ich danke Ihnen, dass sie eine solch gewaltige Zahl Menschen zum Kommen motiviert haben.“

Die 1860 gegründete LKL geht auf die Missionsarbeit lutherischer Kirchen aus den USA zurück. Heute gehören ihr mehr als 112.000 Menschen an. Sie engagiert sich in der Bereitstellung grundlegender Dienste der Daseinsvorsorge in Gemeinwesen, etwa in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Sie wirkt aktiv im Kirchenrat von Liberia mit, der die Zusammenarbeit der Kirchen bei Fragen von gemeinsamem Interesse fördert, sowie im Inter-Religious Council of Liberia, der seine Mitglieder dazu ermutigt, über die Grenzen der eigenen Glaubensrichtung hinaus zusammenzuarbeiten. Seit 1966 gehört die LKL dem LWB an.

Die liberianischen Religionsgemeinschaften beteiligten sich nach dem Ende des Bürgerkriegs, der von 1989 bis 2003 dauerte, maßgeblich an der Arbeit für Frieden und Versöhnung.

(Ein Beitrag von Felix Samari, dem Koordinator des Lutherischen Kommunikations- und Informationsnetzwerks in Afrika (ALCINET), übersetzt und redigiert vom LWB-Kommunikationsbüro.)

LWF/OCS