LWB-Generalsekretär spricht sich gegen Pflicht zur Übersetzung von Predigten ins Dänische aus
Genf, Schweiz (LWI) – Die Evangelisch-Lutherische Volkskirche in Dänemark hat sich besorgt gezeigt angesichts eines Gesetzentwurfs, der die verpflichtende Übersetzung aller Predigten ins Dänische vorsieht. In einem offenen Brief an die dänische Regierung warnt der kirchliche Rat für internationale Beziehungen, das Gesetz würde „Misstrauen und Ausgrenzung“ von Minderheiten zur Folge haben und „religiöser Schikane“ den Weg ebnen.
In dem an die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sowie an Kirchen- und Kulturministerin Joy Mogensen gerichteten Schreiben erklären die unterzeichnenden Kirchenleitenden, das geplante Gesetz sei das „jüngste in einer Reihe von Gesetzesvorlagen“, die „negative politische Signale bezüglich der Rolle der Religion in der Gesellschaft“ setzten und nahelegten, dass die „Religionsausübung ein Hindernis für die Integration in eine offene, pluralistische Gesellschaft“ darstelle.
Sie warnen, diese Entwicklungen könnten die Freiheitsrechte untergraben, „auf denen unsere gemeinsame Gesellschaft aufbaut“, und betonen, das Gesetz würde eben jene Integration behindern, die es „eigentlich stärken soll“. Der Gesetzentwurf soll im Februar vom dänischen Parlament debattiert werden. Würde er verabschiedet, müssten zukünftig alle Predigten und sonstige Reden im liturgischen Zusammenhang auf Dänisch gehalten oder als Übersetzung vorgelegt werden.
Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Martin Junge, unterstützte das Anliegen in einem weiteren, vom 26. Januar datierten Schreiben an die Ministerpräsidentin: „Der Gesetzesvorschlag läuft den ausdrücklichen Vorgaben zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit zuwider, die in den internationalen Menschenrechtsnormen verankert sind.“
Das Schreiben im Namen der weltweiten Gemeinschaft des LWB mit ihren 148 Mitgliedskirchen führt aus, der Gesetzentwurf möge wohl auf „größere Transparenz und Verantwortlichkeit bei den Religionsgemeinschaften“ abzielen, würde sich aber letztlich als der Erreichung dieser Zielsetzung abträglich erweisen.
Er würde nicht nur „eine zusätzliche finanzielle und logistische Belastung der Religionsgemeinschaften“ verursachen, sondern berge zudem die Gefahr, dass „Diskriminierung, Vorurteile und eine negative öffentliche Stimmung gegen Minderheitsreligionen“ gefördert würden. Junge verweist auf „mehrere Fälle von lutherischen Kirchen in Minderheitssituationen, die Opfer solcher Gesetze geworden sind“, und erklärt sich besorgt, dass „der Gesetzesvorschlag der Verabschiedung ähnlich restriktiver Maßnahmen weltweit“ Vorschub leisten und sie weiter beschleunigen könnte.
Zusammenhalt, Kommunikation und Zusammenarbeit
Der LWB-Generalsekretär fordert Dänemark auf, als „gutes Vorbild“ für andere Länder zu handeln, „die Richtung, in die der Gesetzentwurf weist“, zu überprüfen und „mit einem breiten Spektrum von Religionsgemeinschaften in Dänemark“ das Gespräch zu suchen über „andere angemessene Ansätze und Lösungen“. Ein solches Vorgehen böte aus seiner Sicht eine einmalige Chance, „den Zusammenhalt, [die] Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen Minderheits- und Mehrheitsreligionen zu fördern.“
In seinem Schreiben verweist Junge auf einen Appell des Nationalen Kirchenrats in Dänemark, in dem 16 christliche Traditionen vertreten sind. Der ebenfalls an die Ministerpräsidentin gerichtete Appell stellt fest, der Gesetzentwurf verletze „die dänische Tradition von Freiheit und Vielfalt“, überdies laufe er auch der lutherischen Tradition zuwider, „die durchgängig die Bedeutung der Muttersprache betont.“
Der Kirchenrat führt weiter aus, das Gesetz würde verschiedene christliche Konfessionen, darunter „die katholische, orthodoxe und anglikanische Kirche, die deutsche und französische reformierte Kirche sowie ein breites Spektrum von Freikirchen und Migrationsgemeinden unter Verdacht stellen.“ In Dänemark gehören über 74 Prozent der Bevölkerung der lutherischen Volkskirche an.
Die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE), die die katholischen Ortskirchen in den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) vertritt, hat ihrerseits ebenfalls eine Erklärung vorgelegt, in der sie zum Dialog zwischen den dänischen Behörden und den Kirchen und Religionsgemeinschaften im Land aufruft. Wenn Mitgliedsstaaten „Antiradikalisierungs- und Antiterrormaßnahmen“ konzipierten, sollten sie dabei berücksichtigen, dass die von der EU aufgelegte Gemeinsame Agenda für die Terrorismusbekämpfung selbst die Religionsfreiheit zu dem Fundament rechne, auf dem die EU steht.