LWB-Projekt hilft Frauen, die von Arbeitsmigration und HIV betroffen sind
(LWI) - Die Provinz Karnali im mittleren Westen Nepals ist bekannt für ihre unberührte Natur, den Nationalpark-Tourismus und ihre reiche Folklore-Tradition. Doch unter der bezaubernden Oberfläche liegen ein paar unschöne Fakten: Karnali ist eine der am wenigsten entwickelten Provinzen Nepals, es gibt sehr wenig Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung in der Provinz gilt nach nationalen Standards als arm.
Der Lutherische Weltbund (LWB), der seit vier Jahrzehnten in Nepal arbeitet, hat im Jahre 2011 mit der Unterstützung von Gemeinschaften in Karnali begonnen. Eine davon ist die Landgemeinde Chaukune im Distrikt Surkhet.
Isoliert und stigmatisiert
Der Distrikt, in dem sich die Gemeinde Chaukune befindet, hat den niedrigsten Entwicklungsindex aller Regionen in Nepal (0,375). Die Gemeinschaft gehört der Dalit-Kaste an, und ist damit bereits traditionell benachteiligt. Durch den Klimawandel haben sich die Regenzeiten verschoben, und die Temperaturen sind unvorhersehbar geworden. Die Menschen können nicht mehr wie früher von der Landwirtschaft leben.
Die die können, suchen deshalb Arbeit im Ausland – vor allem die Männer und junge Menschen. „In Chaukune sind die Männer fast aller Dalit-Haushalte in Indien oder in anderen Ländern als Saisonkräfte tätig, da sie zu Hause keine Beschäftigungsmöglichkeiten finden“, erklärt Dipendra Lamsal, der Kommunikationsbeauftragte des LWB in Nepal. Es gibt zahlreiche bekannte Fälle von HIV-Infektionen innerhalb der Gemeinschaft. Drei von zehn Frauen sind Witwen.
Eine dieser Frauen ist Jaisara. Sie war verheiratet und ihr Ehemann arbeitete in Indien. Er kam nur selten nach Hause und überwies ihr auch nur selten Geld. Sie musste also allein für ihre acht Kinder sorgen. Als ihr Mann an HIV/AIDS starb, verlor sie auch noch diese kleine Einnahmequelle. Sozial stigmatisiert und auch in der Gemeinschaft isoliert, war die Familie das Einzige, was Jaisara noch geblieben war – und sie war entschlossen, diese Familie zusammenzuhalten.
In dieser Situation traf Jaisara das Projektteam des lokalen LWB-Partners in Nepal. „Sie hatte kein Geld, für medizinische Versorgung oder gesundes Essen“, berichtete Kabita Regmi, Mitarbeiterin des Social Awareness Center (SAC).
Neuanfang mit ein paar Küken
LWB und SAC nahmen sie in ein Programm auf, das Frauen wirtschaftlich selbstständig macht, indem es ihnen beibringt, Nutzvieh zu halten. Ein paar Küken und ein kleiner Stall waren für Jaisara der Beginn einer großen Veränderung.
Mit einem Startkapital von NPR 10.000 (ca. 75 US-Dollar) baute sich die Witwe und achtfache Mutter eine Geflügelfarm auf. Jaisara verfügte über keinerlei Erfahrungen in der Geflügelzucht, aber die vom LWB Nepal angebotenen Schulungen zum Thema Unternehmertum vermittelten ihr die Fähigkeit, ihren Geflügelhof erfolgreich zu führen. Heute sichert ihr Betrieb den Lebensunterhalt der Familie und eröffnet gleichzeitig neue Zukunftsaussichten. Die sicheren Einnahmen aus dem Verkauf der Hühner und Eier erlauben es ihr, ihr Geschäft auszubauen.
„Ich esse jetzt jeden Tag zwei Eier, ich fühle mich besser und habe mehr Energie. Die zusätzliche Ernährung und die Einnahmen aus dem Verkauf der Eier haben meine Lebensqualität verbessert“, sagt sie. „Ich hätte niemals daran geglaubt, dass ich meine Lebenssituation so verändern könnte. Aber mit der Unterstützung, die ich bekommen habe, konnte ich für meine Kinder sorgen und damit beginnen, unser Leben neu aufzubauen.“
Fünfhundert Personen haben an dem Projekt teilgenommen, mehr als die Hälfte davon Frauen und Mädchen sowie 30 Menschen mit Behinderungen, die zu den am stärksten benachteiligten Menschen in Nepal gehören.
Wirtschaftlich eigenständig
„Die Schulungen in Unternehmertum, beruflichen Kompetenzen und praxisbezogener Lebenshilfe eröffnen den Gemeinschaften, die daran teilnehmen, die Möglichkeit, den landwirtschaftlichen Anbau weiter zu diversifizieren und dabei verbesserte gender-gerechte Technologien einzusetzen, damit die wirtschaftliche Lage der Familien nicht nur von Männern abhängig ist“, sagte Subash Gurung, Programmmanager des LWB in Nepal.
Das Programm, an dem Jaisara teilnimmt, läuft noch ein Jahr. Der LWB Nepal und seine lokale Partnerorganisation helfen den Menschen, sich in Frauengruppen und Genossenschaften zu organisieren, die in Zukunft derartige Projekte vor Ort fortführen. Sie begleiten die Gemeinschaften weiterhin und unterstützen sie z.B. durch digitale Hilfsmittel wie die GeoKrishi-App mit der sie regelmäßig Informationen für ihre landwirtschaftliche Arbeit auf das Mobiltelefon bekommen.
Lamsal sagt, diese Geschichte erinnere uns eindringlich an die transformative Wirkung von Unterstützung und Ausbildung. „Dies ist ein Beispiel dafür, dass auch ein kleiner Betrag eine große Veränderung bewirken kann, wenn er zur richtigen Zeit am richtigen Ort investiert wird.“
Das Projekt „Sozio-ökonomische Ermächtigung marginalisierter Menschen im Distrikt Surkhet“ in Nepal wird über den Primate's World Relief and Development Fund (PWRDF) finanziert und vor Ort vom Social Awareness Center (SAC) in Nepal durchgeführt.