LWB-Nepal unterstützt Netzwerke von Menschen mit Behinderungen
Kanchanpur (Nepal)/Genf, 3. Dezember 2015 (LWI) – Balarni Chaudhary hatte keine leichte Kindheit. Ihr fehlt ein Bein und sie verlor ihren Vater, als sie noch sehr klein war. Sie hatte das Gefühl, ihrer Familie zur Last zu fallen. Heute aber verdient die 21-Jährige aus Kanchanpur im Westen Nepals als Schneiderin ihren eigenen Lebensunterhalt und engagiert sich im Netzwerk der Körperbehinderten in ihrem Dorf.
„Ich stehe auf eigenen Beinen“, sagt sie stolz.
Chaudhary ist dem Freed Kamaiya Women’s Development Forum (FKWDF), einer Partnerorganisation des Nepalprogramms des Lutherischen Weltbundes (LWB), dankbar dafür, dass es ihr die Teilnahme an einem dreimonatigen Näh- und Schneiderkurs ermöglicht und sie auch bei den ersten Schritten in die Selbständigkeit unterstützt hat.
Aus Anlass des von den Vereinten Nationen ausgerufenen, jährlich am 3. Dezember begangenen Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung möchte der LWB auf die Schwierigkeiten von Menschen hinweisen, die mit einer Behinderung leben müssen, und Möglichkeiten der Unterstützung aufzeigen.
Seit 2013 geniesst das Thema Behinderungen in den Entwicklungsprogrammen des LWB in Asien Priorität. Es wurden Inklusionsrichtlinien erarbeitet, Lehrkräfte weitergebildet und Fördermassnahmen aufgelegt, die auf Hilfe Angewiesenen Möglichkeiten erschliessen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Weiter geht es auch um Kapazitätsentwicklung, Vermittlung von Kenntnissen im Bereich Projektmanagement, Arbeitsgrundsätze und -richtlinien, sowie um eine Strategieplanung und Menschenrechtsarbeit, die die Grundrechte der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen.
Als behindertes Mädchen, dem ein Bein fehlt, war Chaudhary auf ihre Familie – ihre Mutter, einen älteren und zwei jüngere Brüder – angewiesen. Im Alter von zehn Jahren musste sie die Schule verlassen, weil die finanziellen Möglichkeiten erschöpft waren.
„Meine Angehörigen waren unzufrieden mit mir, weil ich wegen meiner körperlichen Einschränkung nichts zur wirtschaftlichen Existenz unseres Haushalts beitragen konnte. Da hat das FKWDF mir, einem armen, ausgegrenzten Mädchen, das von dem lebte, was sie mit ihren blossen Händen machen konnte, und eine unsichere Zukunft vor sich hatte, Rat gegeben, mich für die Ausbildung ausgewählt und damit einer Behinderten Vorrang gegeben.“
Zunächst war Chaudhary nervös und wenig optimistisch. Aber sie nahm ihre Entschlossenheit zu Hilfe und fasste langsam Mut. Sie wusste anfangs nicht, wie man Knöpfe annäht, eine Nähmaschine bedient, Stoffe zuschneidet oder Kleidungsstücke zusammenlegt. Aber nach einem Monat hatte sich schon viel gelernt.
„Das Ergebnis dieses Kurses ist, dass ich heute hauptsächlich für weibliche Kundinnen nähe. Ich möchte gerne eine Weiterbildung besuchen, damit ich neuen Kundinnen und Kunden noch andere Kleidungsstücke anbieten kann. Es gab keine andere Möglichkeit, mir eine Existenzgrundlage zu schaffen. Bevor ich diese neuen Fertigkeiten erlernte, habe ich ein elendes Leben gefristet“ erzählt Chaudhary.
Heute verdient sie mit Näharbeiten für Kundinnen aus dem Dorf 5.000 NPR (knapp 50 USD) im Monat und ist damit unabhängig. Die Ausbildung, die ihr das FKWDF mit Unterstützung des LWB-Nepalprogramms ermöglicht hat, dürfte sicherstellen, dass sie sich auch in Zukunft selbst ernähren kann.
Ich bin sehr glücklich, dass ich Nähen gelernt habe und trotz meiner Behinderung Geld verdienen kann. Heute bin ich sicher, dass ich von meinem eigenen Können und meinen Nähfertigkeiten leben kann. Es gibt keine Spannungen mehr in meinem Leben und mein Wille ist gewachsen, mit solchen Kursen noch weitere Kenntnisse zu erwerben.“
Chaudhary ist inzwischen verheiratet und hat eine eigene Familie. Sie geniesst Ansehen in ihrem Dorf, hat ein Konto bei einem Mikrofinanzinstitut in der Nähe und kann Geld für die Zukunft sparen.
Als Schriftführerin des örtlichen Netzwerks von Menschen mit Behinderungen ist ihr klar, welches Glück sie hatte, an dem Kurs teilnehmen zu können, den FKWDF mit Unterstützung des LWB anbot. „Ich möchte diejenigen, die Mitarbeitende beschäftigen, aufrufen, nicht nur die Behinderung eines Menschen zu sehen, sondern das wertzuschätzen, was er für seine Tätigkeit mitbringt“, ergänzt Chaudhary.