Vereinigte Staaten: Theologische Ausbildung für indigene Führungskräfte

23. Jan. 2024

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika bietet ein neues theologisches Ausbildungsprogramm für indigene Führungskräfte an. Es ist das erste Programm dieser Art in dieser Kirche und hat zum Ziel, die theologische Ausbildung zu erweitern und nicht nur nach westlichen Kriterien zu gestalten.

The inaugural cohort of TEIL began their program on 9 October 2023, Indigenous Peoples’ Day in the USA. The program was launched with in-person classes, an opening ceremony, and a celebration attended by leaders across the ELCA. Photo: PLTS

Die erste Studierendenkohorte des TEIL-Programms begann ihre Studien am 9. Oktober 2023, dem Tag der Indigenen Völker in den USA. Den Auftakt des Programms bildeten Präsenzvorlesungen und eine gemeinsame Eröffnungsfeier, an der zahlreiche Führungspersönlichkeiten aus der ELKA teilgenommen haben. Foto: PLTS

Einzigartiges Bildungsangebot für indigene Führungspersonen

(LWI) – Zur Stärkung der indigenen Seelsorge hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika (ELKA) ein neues theologisches Ausbildungsprogramm für indigene Führungskräfte vorgestellt (Theological Education for Indigenous Leaders = TEIL). „Damit erhalten Studierende die Möglichkeit, ihre Führungsqualitäten zu entwickeln und eventuell auch ordiniert zu werden. So können sie ihre Leitungspositionen in ihren Gemeinschaften und Gemeinden noch effektiver wahrnehmen“, sagt Vance Blackfox, ELKA-Direktor für indigene Seelsorge und Stammesbeziehungen.

Die westlich orientierte theologische Ausbildung ist nach wie vor die Standardmethode innerhalb der Kirchen in Nordamerika einschließlich der ELKA. Indigene Führungskräfte aus der ELKA versuchen gemeinsam mit dem Pazifischen Lutherischen Theologischen Seminar (PLTS) der Kalifornischen Lutherischen Universität in Berkeley, diesen Zustand mit dem TEIL-Programm zu ändern.

„Das TEIL-Programm ist eine historische und bisher einmalige Möglichkeit für indigene Leitungskräfte und unsere Kirche“, sagt Blackfox, der dem Stamm der Cherokee Nation angehört. „Neunzig Prozent unserer Lehrkräfte, die wir als Hüter der Weisheit bezeichnen, sind selbst Indigene. Unsere Studierenden erhalten die Möglichkeit, etwas über indigene Pädagogik, Amtshandlungen und Bibelarbeit zu lernen. Das gibt es sonst nirgendwo in unserer Kirche.“

Die Studienpläne des TEIL-Programms wurden für die und mit den Führungspersonen der zu den American Indian and Alaska Natives (AIAN) zählenden Bevölkerungsgruppen entworfen und berücksichtigen deren Ausbildungsbedarf für kirchliche Dienste und deren indigene Theologie. Das TEIL-Programm richtet sich an Ehrenamtliche in Leitungsfunktionen, und an diejenigen, die sich auf die Ordination vorbereiten.

Während in zahlreichen Seminaren das Evangelium aus einer rein westlichen Perspektive gelesen wird, bietet das aus 16 Kursen bestehende TEIL-Programm Lehrinhalte wie „Seelsorge im indigenen Kontext“, „Amerikanisches Luthertum und indigene Geschichte“ und „Wahrheit und Heilung“ an.

Das Programm hat mehrere Ziele, so Blackfox. „Das Programm soll qualitativ hochwertige Kurse mit speziell für indigene Studierende wichtigen Themen anbieten. Dadurch sollen sie in die Lage versetzt werden, in ihren Gemeinschaften und Gemeinden und in der indigenen Seelsorge als kirchliche Autoritäten und auch mit ihren Laienkollegen und -kolleginnen noch mehr Führungskompetenz zu zeigen“, sagte er. „Ausserdem wollen wir ihre Erfahrungen und die Lebensart ihrer Stämme im TEIL-Programm das Lernumfeld bereichern.“

Blackfox hofft ebenfalls, „weiterhin für die Kirche insgesamt mit ihren kirchlichen Organisationen, Synoden, Gemeinden und einzelnen Personen gemeinsame Wege zu finden, die indigene Seelsorge in unserer Kirche zu unterstützen. Hier haben wir eine überzeugende Möglichkeit, dieses Ziel in die Tat umzusetzen.“

„Stärkung unseres Dienstes“

Die erste Studierendenkohorte des TEIL-Programms bestand aus zehn Studenten und Studentinnen aus unterschiedlichen Bereichen der indigenen Seelsorge der ELKA. Das Programm begann am 9. Oktober 2023, dem Tag der indigenen Völker in den USA. Den Auftakt des Programms bildeten Präsenzvorlesungen, die in der Augustana Lutheran Church im Portland, Oregon stattfanden, begleitet von einer gemeinsamen Eröffnungsfeier, an der zahlreiche Führungspersönlichkeiten aus der ELKA teilgenommen haben.

„Die ELKA hat sich verpflichtet, eine auf indigene Interessen ausgerichtete und von indigenen Lehrkräften vermittelte Ausbildung zu unterstützen, um zukünftige indigene Führungspersonen, Seelsorger und Seelsorgerinnen und Theologen und Theologinnen zu schulen“, sagte Elizabeth Eaton, Leitende Bischöfin der ELKA. „Die theologische Ausbildungsprogramm für indigene Führungspersonen ist eine wichtige Möglichkeit, dieser Verpflichtung nachzukommen. Unsere indigenen Führungskräfte verfügen über lebenswichtige Gaben, die sie dieser Kirche anbieten können, und das TEIL-Programm bietet die Gelegenheit, ihre Entwicklung zielführend zu unterstützen.“

Joann Conroy, Präsidentin der American Indian Alaska Native Lutheran Association (AIAN), stimmte dem zu. „Wir waren als AIAN-Mitglieder und Führungspersonen der ELKA viel zu lange unsichtbar“, sagte sie. „Mit dem TEIL-Programm können wir nicht nur unseren Dienst stärken, wo immer wir auch zum Einsatz kommen, sondern auch die Kirche stärken und Anerkennung für die Gaben erfahren, die wir der Kirche bringen.“

Die Saat ist ausgebracht

Die TEIL-Studentin Amanda Vivier, Mitglied des Stammes der Turtle Mountain Band of Chippewa Indians, hat genau nach so einem Programm gesucht. „Mein Herz hat sich lange nach einer solchen Verbindung und nach Akzeptanz als Anishinaabe-Führungsperson und Jüngerin Jesu Christi gesehnt, da war es selbstverständlich“, sagte sie über ihre Anmeldung zu dem Programm.

Vivier war als spirituelle Direktorin und Seelsorgerin für The Way (ehemals Native American Christian Ministry) in Fargo, Norddakota tätig und ist seit 2017 in Moorhead, Minnesota im Einsatz. Sie bereitet sich auf ihre Ordination vor. „Es ist ein großer Segen für die indigene Bevölkerung, die Jesus Christus nachfolgt“, kommentierte sie das TEIL-Programm. „Es hat mir die Tür geöffnet und den Weg gewiesen, als Pastorin tätig zu werden, mich aber gleichzeitig um meine Familie und den kirchlichen Dienst zu kümmern.“

„Es ist ein großer Segen für die indigene Bevölkerung, die Jesus Christus nachfolgt.“

Gabe Wounded Head aus dem Stamm der Oglala Lakota hat dieses Jahr an der California Lutheran University in Thousand Oaks seinen Erstabschluss gemacht. Was er im Rahmen des TEIL-Programms gelernt hat, setzt er bereits praktisch auf seinem College-Campus um - er leitet dort in der Kapelle die Gottesdienste und ist aktives Mitglied der Hochschulgemeinde. „Dieses Programm ist eine einzigartige Gelegenheit, eine andere Sichtweise auf die Bibelexegese zu bekommen“, sagt er.

„Ein historischer Kontext vermittelt das Bild, dass die Frohe Botschaft nicht nur für die europäische oder die amerikanische Kirche gedachtwar – sie war für das Volk Gottes auf der ganzen Welt bestimmt“, sagt Wounded Head. Er ist der Überzeugung, dass die Saat, die mit TEIL ausgebracht wurde, die Stimme der ELKA vielfältiger machen wird, unter Beteiligung indigener Gemeinschaften und über die derzeitige Mitgliedschaft in der Kirche hinaus.


Source: Living Lutheran: “A first-of-its-kind education for Indigenous leaders - Theological Education for Indigenous Leaders program launches”, by John Potter 09/01/2024

LWF/A. Weyermüller