Theologische Ausbildung sollte Vielfalt der lutherischen Gemeinschaft widerspiegeln

24. Okt. 2012
Participants at the LWF global consultation on theological education © LWF/Anli Serfontein

Participants at the LWF global consultation on theological education © LWF/Anli Serfontein

LWB-Konsultation will stärkeren Fokus auf Ökumene, Geschlechterforschung und Einbeziehung von LaiInnen

Die lutherische theologische Ausbildung sollte einen stärkeren Fokus auf die Ökumene legen, der Geschlechterforschung mehr Aufmerksamkeit schenken und LaiInnen verstärkt einbeziehen, forderten die rund 50 lutherischen TheologInnen, ProfessorInnen und DozentInnen, die an einer globalen Konsultation in Wittenberg (Deutschland) teilnahmen. Die Teilnehmenden sprachen sich auch nachdrücklich für die Berücksichtigung einer praktischen Komponente sowie der Vielfalt der globalen lutherischen Gemeinschaft in den Lehrplänen lutherischer Ausbildungseinrichtungen aus.

Auf der Konsultation, die vom 18. bis 22. Oktober in Wittenberg (Deutschland) – der Stadt, in der der Reformator Martin Luther im 16. Jahrhundert lebte und arbeitete – stattfand, diskutierten die 50 Delegierten über das Thema „Sicheres Fundament der Vergangenheit und Ziele für die Zukunft: lutherische theologische Ausbildung für Gemeinschaftsaufbau in Vorbereitung auf 2017“.  Der Lutherische Weltbund (LWB) organisierte die Tagung, die von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und dem Deutschen Nationalkomitee des LWB ausgerichtet wurde.

„Die Menschen kommen aus sehr unterschiedlichen Kontexten – in einigen Ländern wird ein eher traditioneller Ansatz verfolgt, andere wiederum experimentieren mit neuen Ansätzen oder auch ausserhalb der theologischen Ausbildungsstätten“, sagte Pfr. Dr. David Pfrimmer, Rektor des Waterloo Lutheran Seminary in Kanada derLutherischen Welt-Information (LWI) mit Blick auf die Konsultation.

„Ein Teil der Aufgabe besteht darin zu überlegen, wie man das Zelt gross genug bauen kann, damit diese Art von Vielfalt hineinpasst, und gleichzeitig die lutherischen Traditionen zu bewahren“, fuhr Pfrimmer fort.

Eines der Ziele der Tagung bestand darin, Wege zu finden, wie die lutherische Identität gestärkt werden kann, und Schwerpunktthemen für das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 herauszuarbeiten.

„Wir sollten mehr Ökumene haben. Die Ökumene sollte in die Lehrpläne aufgenommen werden. Das ist sehr wichtig für mich. Wir leben in einer interreligiösen Gesellschaft“, betonte Dr. Mariette Razivelo von der Madagassischen Lutherischen Kirche.

Geschlechterforschung als Schwerpunkt

Die Frage der Geschlechtergerechtigkeit in der theologischen Ausbildung wurde auf der Tagung intensiv diskutiert. Die Konsultation, so Razivelo, habe ihr „im Prozess der Veränderung der theologischen Ausbildung sehr geholfen. Wir sind keine Insel mehr“. Sie äusserte sich sehr anerkennend über den Fokus, den die Tagung auf die Genderproblematik gelegt habe.

Pfr. Lilana Kasper von der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Südlichen Afrika, die auch Mitglied des Theologinnenforums der Lutherischen Gemeinschaft im Südlichen Afrika (LUCSA), einer subregionalen Einrichtung, ist, erklärte: „Diese Konferenz stärkt und aktiviert uns, nach Hause zurückzukehren und unsere Lehren zu erneuern und uns mit der Frage zu beschäftigen, was es heisst, in der heutigen Welt lutherisch zu sein.“

Die Diskussionen in den Kleingruppen, die die Vielfalt der sieben LWB-Regionen widerspiegelten,  machten deutlich, dass die Stärkung von Netzwerken und der Aufbau weltweiter Kontakte unter den Teilnehmenden ein dringendes Anliegen darstellen. Es wurde vereinbart, weiter Möglichkeiten zur Verbesserung der elektronischen Kommunikation zu sondieren.

Die Delegierten erfuhren, dass die theologische Reflexion in einigen Regionen, wie z.B. Lateinamerika, das alltägliche Leben einzelner ChristInnen und Gemeinden zum Ausgangspunkt nimmt. Es herrschte die Auffassung, dass dieser methodische Ansatz in den Lehrplänen sehr ernst genommen werden sollte.

Strategieplanung

Pfr. Dr. Dietrich Werner, Leiter des Programms für Ökumenische theologische Ausbildung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und Mitherausgeber eines ÖRK-Handbuchs über theologische Ausbildung, erklärte, Studien hätten deutlich gemacht, dass nur sehr wenige christliche theologische Einrichtungen einen Strategieplan für die theologische Ausbildung hätten.

Im Bericht über die Diskussion seiner Gruppe erläuterte Pfr. Dr Hallgeir Elstad von der Norwegischen Kirche: „Wir haben uns gefragt, welche Bedeutung die Ausbildung in unserer Strategieplanung hat – wie Lehrpläne für die Zukunft,  und nicht Lehrpläne, die bereits morgen überholt sind, konzipiert werden können.“

Die Kleingruppen ermöglichten es, von den Erfahrungen der jeweils anderen zu lernen. Eine Gruppe gelangte so zu dem Schluss: „Laien und Lainnen sind sehr wichtig. Wir brauchen nicht nur gut ausgebildete Geistliche, sondern auch Pastoren und Pastorinnen, die ausbilden.“ Kaspers wies darauf hin, dass die LUCSA einen Leitfaden für LaiInnen in kirchlichen Führungspositionen ausarbeite, und einige der auf der globalen Konsultation diskutierten Themen sollten seines Erachtens Aufnahme in diesen Leitfaden finden.

Ferner wurde betont, dass die Kombination von theologischer Ausbildung und praktischen Fähigkeiten eine weitere Herausforderung darstelle. Eine Gruppe kommentierte, es gebe nicht nur einen einzigen „besten Weg“ nach vorne, vielmehr müsse eine Reflexion über andere Kulturen stattfinden und die theologische Ausbildung an die lokalen Bedürfnisse angepasst werden.

„Es gibt Ähnlichkeiten, aber auch viele Unterschiede. Wir brauchen in der theologischen Ausbildung grössere Nachhaltigkeit. Unser Ziel ist nicht nur ‚Kirche in der Schule‘, sondern  auch ‚Schule in der Kirche‘“, sagte Alexandra Battenberg von der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich.

„Es herrscht ein Gefühl der Begeisterung mit Blick auf die Zukunft der theologischen Ausbildung, aber wir sind noch nicht ganz sicher, wie sie aussehen wird. Sie ist auf jeden Fall hoffnungsvoll“, schloss Pfrimmer.

(Beitrag der in Berlin lebenden Journalistin Anli Serfontein für die LWI)

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