Interview mit Rebecca Maduley Kurubai, die erste Massai-Frau im Pfarramt
NJOMBE, Tansania/GENF (LWI) – „Mein persönliches Zeugnis hat viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus geführt“, sagt Rebecca Maduley Kurubai, die als erste Massai-Frau in der Süd-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELKT) zur Pfarrerin ordiniert wurde. Die Massai leben hauptsächlich im Norden Tansanias und dem benachbarten Kenia; in den ländlichen Gebieten leben sie mehrheitlich ein traditionelles, halbnomadisches Leben inmitten einer sich rasant verändernden Gesellschaft.
Direkt nach ihrer Ordination arbeitete Kurubai in der Stadt Iringa in Zentraltansania. Heute lebt sie in der südtansanischen Region Njombe und promoviert am Kidugala Lutheran Seminary. Als Pfarrerin hat sie sich immer ihrem großen Anliegen gewidmet, den Angehörigen des indigenen Volkes, dem auch sie selbst angehört, das Evangelium zu verkünden. Die Menschen dort „dürsten nach dem Wort Gottes“, sagt sie.
Erzählen Sie uns von ihrer Anfangszeit als Pfarrerin.
Ich habe mein Studium 1999 abgeschlossen und bin noch im gleichen Jahr ordiniert worden. Direkt im Anschluss wurde ich als Pfarrerin einer neuen Gemeinde nach Iringa entsandt. Ich hatte dort anfangs gar nichts – es gab kein Büro, ich konnte nirgendwo arbeiten und es gab nur ein paar Dutzend Menschen, mit deren Hilfe ich eine neue Gemeinde aufbauen sollte. Wir haben also erst einmal begonnen, eine Kirche zu bauen. Viele Menschen sind da gekommen, um zuzuschauen und zu fragen, wie es denn möglich sei, dass es mir, einer Massai-Frau, erlaubt gewesen sei, Pfarrerin zu werden, wo doch alle wüssten, dass die Massai ein ganz anderes Leben führen würden.
Viele Menschen sind gekommen und haben zugeschaut und dem Evangelium gelauscht. Allein im ersten Jahr wuchs die Gemeinde von weniger als 40 auf rund 1.000 Mitglieder an. Wir haben angefangen, mit ihnen zu arbeiten, haben ganz praktische Sachen organisiert und sind auf ihre spirituellen Bedürfnisse eingegangen. Wir haben kleine Andachten mit den Ältesten organisiert und sind von Haus zu Haus gegangen, um diejenigen zu besuchen, die zwar vielleicht einmal Christinnen und Christen gewesen waren – zum Teil sogar sehr, sehr lange –, aber nun nicht mehr in die Kirche gingen. Genau wie Jesus seine 70 Jünger ausgesandt hat, sind wir immer zu zweit losgezogen und haben bei den Menschen an die Tür geklopft und ihnen vom Evangelium von Jesus Christus erzählt.
Was waren Ihre die größten Herausforderungen?
Bei den Massai leben die Menschen in den ländlichen Gebieten genau wie zu Zeiten des Alten Testaments im Familienverband in einfach Hütten – den so genannten manyattas – und halten Rinder, Schafe und Ziegen. Die Männer kümmern sich um ihre Herden und brauchten traditionell mehrere Frauen und viele Kinder, um ihnen dabei zu helfen. Aber diese Lebensform kann nicht beibehalten werden, weil die Zahl der Rinder sinkt und diese Familien ihre Kinder nicht in die Schule schicken oder miternähren können, und sie dann zu Armut verdammt sind.
Die Kirche versucht, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, sie das Evangelium zu lehren und sie dabei zu unterstützen, zu verstehen, dass Veränderungen notwendig sind. Ich durfte im letzten Jahr an einem Treffen mit rund 200 Männern teilnehmen, auf dem ihnen die notwendigen Veränderungen erklärt und ihre Fragen beantwortet werden sollten. Frauen dürfen an solchen Treffen in der Regel nicht teilnehmen, aber sie haben großen Respekt für Menschen in Führungspositionen, also kann ich auf sie einwirken. Ich habe erlebt, wie mein persönliches Zeugnis viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus geführt hat.
Dass Gott mich zum Dienst berufen hat, war anfangs eine große Herausforderung. Aber die Bibel lehrt uns, Selbstvertrauen zu haben und uns von der Kraft des Heiligen Geistes stärken zu lassen. Heute können die Menschen unsere Botschaft verstehen und sind eher bereit, meine Kolleginnen und mich als Pfarrerinnen zu akzeptieren. Es braucht viel Zeit, sich wirklich mit den Menschen hinzusetzen, mit ihnen zusammen zu essen und ihnen zuzuhören.
Wie können Lutheranerinnen und Lutheraner in anderen Teilen der Welt diesen Dienst unterstützen?
Die Menschen in diesen Gemeinschaften dürsten nach dem Wort Gottes. Viele andere Menschen beten sehr inbrünstig für diese Arbeit und dafür sind wir auch sehr dankbar.
Viele Massai-Frauen haben heute eigene Gebetskreise und können ungehindert zusammenkommen. Früher waren sie oft verunsichert und eingeschüchtert, weil die anderen Menschen sie nicht verstanden haben und sie Angst hatte, dass sie nur ihre Kultur und Identität verändern wollten.
Vor einiger Zeit war ich auch Vorsitzende eine Pfarrforums, in dem Führungspersonen aus methodistischen Kirchen, Pfingstkirchen und anderen Konfessionen zusammenkommen, um gemeinsam für Veränderung und Versöhnung zu beten. In Arusha, wo die Massai eine Bevölkerungsmehrheit darstellen, herrscht sichtbare Einheit unter ihnen. Sie kommen zusammen, um dem Wort Gottes zu lauschen. Ich hoffe und ich frage mich, ob ich eine solche Veränderung auch in meiner Gemeinde bewirken kann.
Von LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Andrea Hellfritz, Redaktion: LWB/A. Weyermüller
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