LWB-Livelihood-Projekt verbessert Beziehungen zwischen Flüchtlingen und Gastgebergemeinschaften
GENF (LWI) – Die Flüchtlinge haben das Leben von Mahmud Ismael Merdane (65) verändert. Er ist ein äthiopischer Bauer in der Stadt Awbarre in der Nähe der somalischen Grenze.
Merdane nimmt an einem landwirtschaftlich ausgerichteten Livelihood-Projekt des Lutherischen Weltbundes (LWB) im Flüchtlingscamp von Awbarre teil. Er ist allerdings kein Flüchtling, sondern Bewohner der Stadt und örtlichen Gastgebergemeinschaft. Er hat Flüchtlingen Ackerland zur Verfügung gestellt und im Gegenzug Saatgut, landwirtschaftliches Gerät und eine Unterweisung in Bewässerungslandwirtschaft erhalten.
Mahmud Ismael Merdane von der Gastgebergemeinschaft Awbarre.
„Ich habe auf dem Land hauptsächlich Gras wachsen lassen und Khat angebaut“, erinnert er sich. Khat ist ein immergrüner Strauch, dessen Blätter als Aufputschmittel gekaut werden. Es gibt einen regen Handel mit den Nachbarstaaten, aber Kath trägt wenig zur Verbesserung der örtlichen Ernährungssituation bei. Inzwischen wachsen Paprika, Möhren und Zwiebeln auf Merdanes Land, und anstatt des Verkaufs von Khat-Blättern hat die Versorgung der Familie mit frischen Lebensmitteln jetzt Vorrang.
Land und Lernen
Der Zustrom von Flüchtlingen aus Somalia in die Jijiga-Zone begann im Jahre 2007. In den Jahren 2007 und 2008 entstanden die Flüchtlingscamps Awbarre und Shedder. 15.000 Menschen haben sich in der Gegend um Merdanes Heimatstadt in Ostäthiopien in der Nähe der somalischen Grenze angesiedelt.
Die Neuankömmlinge waren vor Terror und Bürgerkrieg geflohen. Einige von Ihnen waren früher Bauern wie zum Beispiel Abduleh Birro Hasan (40), der im Jahre 2008 ankam.
Hasan konnte nichts von seinem Besitz in Somalia retten – eine Farm, Mangobäume, Gemüsefelder und Honigbienen blieben zurück. Selbst seine alte Mutter und einige seiner Kinder konnte er nicht mitnehmen. Seit Jahren hat er keine Nachrichten mehr von ihnen gehört. Was er allerdings mitnehmen konnte, waren seine landwirtschaftlichen Kenntnisse und die Motivation, seine eigenen Nahrungsmittel anzubauen.
Wie Mersane profitieren auch Hasan, seine Frau Shukri und seine Familie inzwischen von dem LWB-Livelihood-Projekt. Der somalische Landwirt erhielt einen Teil des Landes, das Mahmud Merdane so großzügig zur Verfügung gestellt hatte, sowie Gerätschaften und Saatgut und die gleiche Unterweisung in Bewässerungslandwirtschaft wie die Beteiligten der Gastgebergemeinschaft.
Einführung von Bewässerungssystemen
Ende Juni sind die Pflanzen auf Hasans Land höher gewachsen als auf den meisten anderen Feldern. „Ich bin Bauer, und ich weiß, wann es an der Zeit ist, zu säen und zu ernten, und wie ich meine Pflanzen am besten versorge“, sagt er stolz. „Deshalb erziele ich eine bessere Ernte als andere.“
Wie alle anderen in der Siedlung muss er mit unregelmäßigen und sogar ausbleibenden saisonalen Regenfällen und Dürreperioden klarkommen. Aufgrund seiner Erfahrungen in der Landwirtschaft hat er aber schnell erkannt, dass die vom LWB eingeführte Tropfbewässerung dieses Problem lösen würde. „Der Brunnen, den der LWB gebohrt hat, macht mich von Niederschlägen unabhängig. Ich kann bereits vor Beginn der Regenzeit säen und deshalb auch früher ernten.“
Friede und Selbstbestimmung
Das LWB-Projekt, finanziert vom United States Bureau of Population, Refugees and Migration (BPRM), will die vorhandenen Fähigkeiten der Menschen in langwierigen Flüchtlingssituationen nutzen und erweitern und damit ihre Lebensverhältnisse verbessern. Die Gastgebergemeinschaften werden in das Projekt eingebunden, damit in den kleinen Städten durch die großen Flüchtlingslager keine Spannungen und Konflikte entstehen und eine friedliche Koexistenz möglich ist.
Die Autarkie und Selbstbestimmung der Frauen gehört zu den Zielen des Projekts. In diesem Fall werden die Einnahmen aus der Hühnerzucht verwendet, um die Schulgebühren des Mädchens zu bezahlen.
Von dieser neuen Regelung profitieren auch die Frauen in der Gemeinschaft, wie LWB-Länderrepräsentantin Sophia Gebreyes erklärt: „Khat ist eine stark nachgefragte und lukrative Ware, die Vermarktung wird in erster Linie von Männern übernommen.“ Männer bauen die Blätter an und verkaufen sie, und sie entscheiden, wie der Profit aus dem Verkauf verwendet wird.
Auf der anderen Seite sind es traditionell die Frauen, die sich um den Anbau von Gemüse und Feldfrüchten kümmern. „Seit die Gemeinschaft beschlossen hat, auf Gemüse und Feldfrüchte umzustellen, haben die Frauen an Einfluss gewonnen, und die verwenden die erzielten Einnahmen eher für ihre Familien – nicht nur für die Landwirtschaft.“
Mustafe Jama und zwei seiner Söhne in seiner Hausbäckerei.
Nicht jeder ist für ein Leben als Landwirt gemacht. Mustafe Jema, ein Kraftfahrer aus Mogadischu, verließ seine Heimat 2008, als eine Gang sein Fahrzeug stahl und versuchte, ihn umzubringen. Er entkam mit seiner Familie, das Bein durch eine Schusswunde verletzt. Dank der Schulung durch den LWB backt er jetzt Brot für die Siedlung.
Investitionen in die Zukunft
Yusuf Mohamed Ali, 42, Vater von neun Kindern, versucht jetzt sein Glück mit der Geflügelzucht. Die anfängliche Zahl von 12 Hühnern, die ihm vom LWB zur Verfügung gestellt wurden, hat er inzwischen verdoppelt. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Eiern und manchmal auch Fleisch auf dem Markt reichen, um die Schulgebühren seiner Tochter zu zahlen. Die bessere Ernährung der Familie ist ein zusätzlicher Bonus.
Yusuf Mohamed mit seinem jüngsten Kind. Das Projekt unterstützt seine elfköpfige Familie.
Alle Projektteilnehmenden teilen die Einnahmen auf, behalten einen Teil für ihren persönlichen Verbrauch und investieren den Rest. Hasan will den Hof vergrößern und für seine Frau einen kleinen Laden eröffnen. Yusuf Mohamed hofft, genug Geld sparen zu können, um seinen Kindern eine höhere Schulbildung zu ermöglichen. Das Projekt hat Geschäftsbeziehungen zur Gastgebergemeinschaft und Menschen wie Merdane aufgebaut, der sagt, dass die neuen landwirtschaftlichen Initiativen sein Leben und das seiner Familie verbessert hätten.
„Ich habe davon profitiert, mein Land zu teilen“, sagt er. „Die Flüchtlinge und wir, wir kommen gut miteinander aus. Sie sind hier willkommen, und wenn sie noch zehn Jahre bleiben müssen, würde ich ihnen das Land noch einmal geben.“
Das Livelihood-Projekt in Jijiga, Äthiopien wird vom United States Bureau of Population, Refugees, and Migration finanziert. Ein weiteres Projektjahr beginnt im September 2017.