Neujahrsbotschaft: Mit den Augen der Gnade und Barmherzigkeit

28 Dez. 2022

Mit Vorfreude auf die LWB-Vollversammlung in Polen im Jahre 2023 ruft Generalsekretärin Anne Burghardt alle Christinnen und Christen auf, „nicht gleichgültig zu sein“, sondern im kommenden Jahr das Evangelium zu leben und für die Einheit und die Hoffnung zu arbeiten.

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Kirchturm von der Gemeinde in Bytom, die zur Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen gehört. Foto: LWB/Albin Hillert

Kirchturm von der Gemeinde in Bytom, die zur Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen gehört. Foto: LWB/Albin Hillert

LWB-Generalsekretärin: Das Evangelium leben und für die Einheit und Hoffnung arbeiten

(LWI) – In ihrer Neujahrsbotschaft, in der sie mit Vorfreude dem Jahr 2023 entgegensieht, ruft die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), Anne Burghardt, Christinnen und Christen auf, „nicht gleichgültig zu sein, sondern das Wort zu erheben und zu handeln, wo immer wir sehen, wie die menschliche Zerbrochenheit die Saat des Hasses, der Uneinigkeit, der Unterdrückung und der Missachtung von Gottes Schöpfung aufgehen lässt.“ 

Die LWB-Generalsekretärin erinnert daran, dass die weltweite Kirchengemeinschaft sich auf die Vollversammlung in Krakau, Polen, vorbereitet, die im September unter dem Thema „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ stattfindet. Es ist dies ein Thema, so Burghardt, das vom Brief  des Paulus an die Epheser inspiriert wurde und wahrscheinlich ein Zitat aus einer Taufliturgie der Frühkirche ist. 

Pfarrerin Burghardt weist darauf hin, dass „unsere in der Taufe begründete Berufung ein Aufruf zur Einheit mit Gott ist und mit unseren Schwestern und Brüdern in Christus [...] und mit der Menschheit und Gottes Schöpfung.“ Wenn wir Christus in den Mittelpunkt stellen, so sagt sie, „dann finden wir Einheit trotz all unserer Unterschiede. Wenn wir uns allerdings in erster Linie mit den Unterschieden befassen, die es zwischen uns gibt, dann schauen wir nur auf das Trennende.“ 

Sie betont, dass „unsere Berufung nicht nur darin besteht, das Evangelium zu verkünden, sondern es zu leben und Gottes Reich in unsere Wirklichkeit zu lassen als einen „Sauerteig“, der Hoffnung in die Welt bringt. 

Unter Bezugnahme auf den deutschen Theologen und Märtyrer Dietrich Bonhoeffer, der in einem Konzentrationslager der Nazis hingerichtet wurde, ruft die LWB-Generalsekretärin alle Menschen im Glauben auf, „die gleiche Standhaftigkeit und Hoffnung“ an den Tag zu legen. „Mögen wir die gleiche Sicht haben wie Gott, der die Welt „mit Augen voller Barmherzigkeit und Gnade“ betrachtet, sagt sie abschließend.  

Die Neujahrsbotschaft im Wortlaut

 

Mit den Augen der Gnade und Barmherzigkeit

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

ich begrüße Sie im Namen des Herrn Jesus Christus!

Nach einem turbulenten Jahr sehen wir jetzt dem Jahr 2023 entgegen. Im vergangenen Jahr konnten wir das Ende der meisten mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen erleben. Es war aber auch das Jahr neuer Konflikte und Kriege mit globalen Auswirkungen.

Was die Zukunft und das nächste Jahr uns bringen, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen. Was wir aber wissen, ist, dass wir aufgerufen sind, standhaft zu sein in gegenseitiger Liebe und Hoffnung. Deshalb sollten wir uns in all unseren Sorgen und Ängsten, aber auch unseren Feiern und unserer Freude daran erinnern, dass es Gott nicht gleichgültig ist, was in der Welt und mit den Menschen geschieht.

Die Herrnhuter Jahreslosung für 2023 lautet: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (Gen 16,13). Gott, dessen Menschwerdung in Jesus Christus wir soeben gefeiert haben, sieht Dinge, die geschehen, aber auch Dinge, die nicht geschehen. Deshalb ruft Gott uns auf, nicht gleichgültig zu sein, sondern das Wort zu erheben und zu

handeln, wo immer wir sehen, wie die menschliche Zerbrochenheit die Saat des Hasses, der Uneinigkeit, der Unterdrückung und der Missachtung von Gottes Schöpfung aufgehen lässt.

Im September 2023 findet die LWB-Vollversammlung in Krakau, Polen statt. Das Thema der Vollversammlung lautet: „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung.“ Es ist ein Thema voller Hoffnung, das uns der Einheit näherbringt, die Gott für Gottes Schöpfung beabsichtigt hat. Das Thema bezieht sich auf den Brief des Paulus an die Epheser, in dem der Apostel schreibt: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung“. Paul zitiert hier vermutlich aus einer Taufliturgie der Frühkirche. Er spricht über die Kirche als mystischen Leib Christi, der Menschen aus unterschiedlichen Kontexten, unterschiedlichen Geschlechts und mit unterschiedlichen sozialen und politischen Hintergründen vereint.

Wenn wir Christus in den Mittelpunkt stellen, dann finden wir Einheit trotz all unserer Unterschiede. Wenn wir uns allerdings in erster Linie mit den Unterschieden befassen, die es zwischen uns gibt, dann schauen wir nur auf das Trennende. Unsere in der Taufe begründete Berufung ist ein Aufruf zur Einheit. Zur Einheit mit Christus und mit unseren Brüdern und Schwestern in Christus, aber letztlich mit der Menschheit und Gottes Schöpfung, denn Gott ist der Schöpfer der gesamten Welt. Einheit bedeutet nicht Uniformität. Wahre Einheit umarmt immer auch die Vielfalt, solange sie von Liebe und Respekt getragen wird.

Die Einheit ist eine kostbare Gabe und gleichzeitig auch eine Aufgabe. Manchmal kann diese Aufgabe hohe Anforderungen an uns stellen. Aber wo wir uns auch dieser Herausforderung stellen, bestärkt uns der Heilige Geist: Christus und das Evangelium können nicht „ungeschehen“ gemacht werden. Der Geist der Trennung und des Hasses, der Gier und des Machtmissbrauchs werden nicht die Überhand gewinnen.

Unsere Berufung besteht nicht nur darin, das Evangelium zu verkünden, sondern es zu leben und Gottes Reich in unsere Wirklichkeit zu lassen als einen „Sauerteig“, der Hoffnung in die Welt bringt. Deshalb dürfen wir nicht gleichgültig bleiben, wenn Hass und Zerstörung gesät und wenn Gottes Liebe und Gnade gegenüber den Menschen in Frage gestellt werden.

Wenn Gott auf die Welt schaut, dann sieht er mit Augen voller Barmherzigkeit und Gnade auf uns. Mögen wir 2023 die gleiche Sicht auf die Welt haben, und mögen wir die gleiche Standhaftigkeit und Hoffnung wie Dietrich Bonhoeffer haben, ein profilierter lutherischer Theologe und Märtyrer, der von den Nazis verhaftet wurde und 1944 aus dem Gefängnis geschrieben hat: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen, und ganz gewiss an jedem neuen Tag!“

Möge Gott Sie segnen mit der Gegenwart des Heiligen Geistes, damit auch Sie ein Segen für andere Menschen sein mögen.

Verbunden in Christus

Pfarrerin Anne Burghardt

LWB/P. Hitchen. Deutsche Übersetzung: Detlef Höffken, Redaktion: LWB/A. Weyermüller
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