Mit mobilen Kliniken zur Früherkennung von Brustkrebs und zur Behandlung von Diabetes bringt das Auguste-Viktoria-Krankenhaus eine hochwertige Gesundheitsversorgung zu den Menschen im Westjordanland. Die Vorteile: Vertrauen und enge Beziehungen zu den Patienten; die größten Herausforderungen: die Armut und der israelisch-palästinensische Konflikt.
Das „Pink Bus“-Mammographiegerät und der Diabetes-Bus helfen Menschen in abgelegenen Gebieten
(LWI) - Der rosafarbene Bus für Mammographien und ein Diabetes-Bus. Sie gehören fest zum Hilfsprogramm des Auguste-Viktoria-Krankenhauses (AVH) in Ostjerusalem. Das Krankenhaus unter Leitung des Lutherischen Weltbunds (LWB) hat sich zum Ziel gesetzt, der palästinensischen Bevölkerung den Zugang zum Gesundheitswesen zu ermöglichen. Regelmäßig schickt das AVH zwei mobile Einheiten in die palästinensischen Gebiete. Durch die Checkpoints und Trennmauern ist die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland und im Nahen Osten stark eingeschränkt. Der Zugang zu guter ärztlicher Versorgung kann ihre Situation daher spürbar verbessern.
„Die Menschen vertrauen uns“
Der sogenannte „Pink Bus“, der kostenlos Brustkrebsuntersuchungen anbietet, ist der ältere der beiden Busse. Er wurde 2009 eingerichtet und im Oktober 2020 zu einer neuen digitalen mobilen Mammographie-Klinik aufgerüstet, in der 2023 insgesamt 5.622 Frauen untersuchen werden konnten. Das AVH ist auf Onkologie spezialisiert, und die mobile Ambulanz wurde eingerichtet, um Frauen zu sensibilisieren und sie anzuregen, regelmäßig zur Mammographie zu gehen.
„Das ist bereits meine dritte Untersuchung“, sagt Najah Ajlouni aus dem Stadtteil Anata in Ostjerusalem. Die Menschen, die hier leben, sind Palästinenserinnen und Palästinenser mit israelischem Pass. In der Familie der Mutter von fünf erwachsenen Kindern waren Krebserkrankungen bereits mehrfach aufgetreten. „Früher habe ich meine Untersuchungen in Sheikh Jarrah gemacht, aber dort ist es sehr überfüllt.“
Frauen über 40 können sich einer Mammographie unterziehen. Jüngeren Frauen wird gezeigt, wie sie ihre Brust selbst untersuchen können, und alle dabei auftretenden Fälle werden zur Diagnose direkt an die Onkologie-Abteilung des AVH weitergeleitet. Pro Tag werden ungefähr 25 Frauen untersucht. Im Jahr 2023 konnten so 27 Fälle von Brustkrebs diagnostiziert werden, alle im Frühstadium, was oft eine gute Heilungschancen bedeutet. „Die Menschen hier spüren, dass sie uns vertrauen können“, sagt Lana Nasser Eddin, die Leiterin des Programms. „Manche sagen sogar: Ihr seid die Einzigen, die sich um uns kümmern.“
Die Bustermine werden den jeweiligen Gemeinden vom AVH angekündigt, und manchmal bitten die Kliniken um eine Voranmeldung, damit die Patientinnen ihre Termine im Voraus buchen können. Doch das Programm macht noch mehr: Eddin und ihr Team besuchen die Gemeinschaften regelmäßig, um die Untersuchung zu erläutern und die Menschen aufzuklären. „Je höher das Bildungsniveau der Frauen ist, desto leichter ist es, sie dazu zu bewegen, sich untersuchen zu lassen“, sagt sie. „Wir arbeiten auch mit abgelegenen Beduinengemeinden zusammen. Da sind mehrere Vorbesuche notwendig.“
Diabetes und Ramadan
Die enge Verbindung zwischen dem Ärzteteam und möglichen Patientinnen im gesamten Westjordanland ist zudem entscheidend für den Erfolg der mobilen Diabetesstation. Im Jahr 2023 wurden rund 5.000 Personen behandelt. Derzeit ist der Bus in einem kleinen Dorf in der Gegend um Bethlehem stationiert. Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte des AVH untersuchen Füße und kontrollieren Augen der meist älteren Patientinnen und Patienten. Viele von ihnen lassen sich erst dann behandeln, wenn ihre Füße taub werden oder ihre Sehkraft stark nachlässt.
„Wir werden wiederkommen müssen, denn hier handelt es sich um unkontrollierte Fälle von Diabetes“, sagt Dr. Maen Haj Ahmed, der seit kurzem zum Team gehört. „Diabetes ist ein großes Problem in Palästina“, fügt Eddin hinzu. „Viele der Betroffenen kommen mit sehr hohem Blutzucker. Sie ernähren sich schlecht, bewegen sich nicht regelmäßig und nehmen keine oder die falschen Medikamente ein.“
Anders als die Kliniken vor Ort, die nur wenige Anweisungen geben können, verfolgt das mobile Team des AVH einen umfassenden Ansatz und klärt die Menschen über Ernährung, Zuckervermeidung und den Umgang mit Medikamenten auf. Außerdem beraten sie die Betroffenen während des islamischen Fastenmonats Ramadan über das Fasten und notwendige Anpassungen.
Die Patientinnen und Patienten vertrauen dem Team und befolgen in der Regel auch dessen Ratschläge - wie etwa die 65-jährige Jamileh Fanoun. „Ich gehe jeden Tag 20 Minuten zu Fuß“, sagt sie stolz und erklärt uns im Detail, wie sie ihre Ernährung umgestellt hat und jetzt gesünder kocht. Sie hatte über die sozialen Medien von der mobilen Station erfahren und hält sich nun sorgfältig an die Ratschläge des Diabetes-Teams.
Ein systembedingtes Problem
Dass viele Menschen im Westjordanland von Diabetes betroffen sind, ist nicht nur ein medizinisches Thema. Es spiegelt auch allgemeinere soziale und wirtschaftliche Realitäten wider. Die knappen Ressourcen im Gesundheitswesen, zusätzlich erschwert durch den aktuellen Konflikt, machen eine wirksame Diabetesbehandlung sehr schwierig: Mohammed, 49, und sein Sohn haben nach dem Hamas-Angriff im Oktober ihre Arbeit auf einer israelischen Baustelle verloren. Früher konnte Mohammed von seinem Lohn die benötigten Medikamente noch bezahlen, aber jetzt weiß er kaum noch, wie er Essen kaufen soll. Andere Patienten tragen einfachste Plastiksandalen, der Gehstock eines alten Mannes sieht aus, als wäre er schon mehrmals repariert worden.
Bei der Behandlung von Menschen mit Diabetes im Westjordanland geht es nicht nur um medizinische Maßnahmen, sondern um einen umfassenderen Ansatz. Der Bus berücksichtigt dabei nicht nur kulturelle Aspekte wie das Fasten während des Ramadans, sondern arbeitet auch mit lokalen Kliniken zusammen. Da es im Gesundheitsministerium, das für die medikamentöse Versorgung von Diabetespatienten zuständig ist, Kapazitätsengpässe gibt, mangelt es oft an Unterstützung und Beratung. Die mobile Einheit bildet daher auch lokale Krankenschwestern aus.
Auf manche Probleme haben sie jedoch keinen Einfluss. „Ich kann zwar Softdrinks vermeiden, aber nicht den Stress“, sagt der 49-jährige Marwan (Name geändert). Dann erzählt er von dem Olivenhain, der seiner Familie gehörte. Im Oktober 2023 hat das Militär das Land besetzt und die Bäume abgeholzt - ein weiterer Verlust des Lebensunterhalts für seine Familie.
„Wir wollen einfach nur in Sicherheit leben. Wir wollen Frieden," sagt er.