Verbleibende Unterschiede aus der Perspektive der Einheit betrachten
GENF (LWI) – Der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Pfarrer Dr. h.c. Martin Junge, bezeichnete das erste Gemeinsame katholisch-lutherische Reformationsgedenken auf internationaler Ebene als ein Meilenstein in den ökumenischen Beziehungen.
„Es war ein Meilenstein, nicht nur in unseren bilateralen Beziehungen, sondern auch für die Ökumene“, so Junge auf der Abschlusspressekonferenz des Gemeinsamen Reformationsgedenkens, das am 31. Oktober im schwedischen Lund und Malmö begangen worden war.
Im ersten Teil der Feierlichkeiten im Dom zu Lund wurde ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, in dem Geistliche aus beiden Traditionen, darunter auch Papst Franziskus als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, für das Zeugnis des Evangeliums dankten, für vergangene Spaltungen um Vergebung baten und sich einem gemeinsamen Zeugnis und Dienst in der Welt verpflichteten.
Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, bekräftigte, dass dies das erste gemeinsame Reformationsgedenken in 500 Jahren gewesen sei.
Rechtfertigungslehre
Ein wichtiger Grundstein für das Gemeinsame Reformationsgedenken sei die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre gewesen, die 1999 von der katholischen Kirche und dem LWB unterzeichnet worden war, so Junge. Dieses Dokument erkennt die Rechtfertigung allein aus Glauben an und nimmt die gegenseitigen Verdammungen seit der Reformation zurück.
„Weil wir uns in Lehrfragen, die uns einst trennen, annähern konnten, waren wir in der Lage, dieses Reformationsgedenken als ein Meilenstein auf unserem Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft in den Blick zu nehmen“, erklärte der LWB-Generalsekretär.
Er begrüßte die Aussicht, dass 2017 auch die Weltgemeinschaft reformierter Kirchen die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre unterzeichnen wolle. Dies würde eine neue Dynamik und großes Potential für die Zusammenarbeit zur Folge haben.
Abendmahlsgemeinschaft eine offene Schlüsselfrage
Kardinal Koch führte weitere Schritte im Dialog von Katholiken und Lutheranern aus. Unterschiedliche Positionen zu Kirche, Abendmahl und Amt seien die „verbleibenden drei offenen Fragen unseres Dialogs.“
Sowohl Koch als auch Junge bestätigten, dass es noch keine Einigung zwischen Katholiken und Lutheranern zur Frage des gemeinsamen Abendmahls und dem daraus erwachsenen Kummer in konfessionsverschiedenen Familien gebe.
Obschon eine Einigung zur vollen Abendmahlsgemeinschaft vertiefter theologischer Arbeit bedürfe, sprachen Junge und Koch von der Notwendigkeit, pastorale Lösungen für Ehepartner zu finden, von denen eine Partei lutherisch und die andere katholisch sei. „Der Abendmahlstisch ist der Ort, an dem die Menschen die Spaltung der Kirche am unmittelbarsten empfinden“, so Junge, „und das erfordert eine Regelung.“
Ethische Fragen
Es sei möglich gewesen, sich im ökumenischen Dialog in vielen Fragen der Lehre zu verständigen, so Kardinal Koch. Derzeit verlaufen die trennenden Linien zwischen den beiden Konfessionen jedoch entlang ethischer Fragen, besonders bei Fragen zum Anfang und Ende des Lebens, oder zu Familie, Ehe und Gender. Hier seien „um der Zukunft des Dialogs willen“ weitere Gespräche nötig.
LWB-Generalsekretär Junge erklärte, dass eine Kirchengemeinschaft auf ihrem Weg erheblichen Herausforderungen begegne da sie in unterschiedlichen Kontexten tätig sei und sich mit verschiedenartigen pastoralen und theologischen Fragen konfrontiert sehe.
„Wichtig ist, dass Gemeinschaften lernen, ihre Differenzen zu identifizieren und sich mit ihren Unterschieden mit der Perspektive der Einheit auseinandersetzen“, unterstrich Junge. „Was wir heute erreicht haben, ist meiner Meinung nach eine besondere Ermutigung, um die Beziehungen zwischen Gemeinschaften und innerhalb von Gemeinschaften zu stärken.“
Stephen Brown, berichtete aus Schweden als freier Mitarbeiter über das Gemeinsame katholisch-lutherische Reformationsgedenken.