Die Macht des Glaubens wieder als treibende Kraft für Gerechtigkeit geltend machen

15. Mai 2013
Ein Kinder-Gospelchor singt beim Eröffnungsgottesdienst der dänischen Kirchentage, im Rahmen derer LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan eine Rede zum Thema Frieden und Versöhnung hielt. © Christian Roar Pedersen

Ein Kinder-Gospelchor singt beim Eröffnungsgottesdienst der dänischen Kirchentage, im Rahmen derer LWB-Präsident Bischof Dr. Munib A. Younan eine Rede zum Thema Frieden und Versöhnung hielt. © Christian Roar Pedersen

LWB-Präsident Younan spricht auf dänischen Kirchentagen

Bischof Dr. Munib A. Younan, Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), hat während der dänischen Kirchentage 2013 von seiner Hoffnung auf ein friedliches Miteinander von Religionen und Staaten im Nahen Osten gesprochen.

In seiner Ansprache vor einem aufmerksamen Publikum am 9. Mai (Himmelfahrt) in Aalborg im Norden Dänemarks, erklärte Younan, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELKJHL): „Eine der grössten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wird es sein, die Macht des Glaubens wieder als treibende Kraft für Gerechtigkeit, Frieden und Liebe geltend zu machen. Wir müssen erkennen, dass keine Religion ein Monopol auf Hass oder Extremismus hat und dass wir alle — Christen und Christinnen, Muslime und Musliminnen, Juden und Jüdinnen — gleichermassen Verantwortung tragen und dazu aufgerufen sind, zusammenzuarbeiten, um zu den gemeinsamen, positiven Werten wie Liebe, Mitgefühl, Gerechtigkeit und Frieden zu finden.“

„Wir müssen gemeinsam den unantastbaren Wert jeder einzelnen Person in den Vordergrund stellen, unabhängig von Hautfarbe, Herkunft, Glauben oder Religion“, erklärte er weiter.

Der Bischof der ELKJHL betonte, seiner Ansicht nach sei die Rolle arabischer ChristInnen im Nahen Osten wichtiger denn je. Es beunruhige ihn, dass mehr und mehr Menschen die Region in den letzten Jahren verlassen hätten und in westliche Ländern gezogen seien. „Ich bin überzeugt, dass die Christen und Christinnen in den arabischen Ländern und im Nahen Osten ein sehr bedeutendes Gleichgewicht in unserer Gesellschaft herstellen. Sie bauen Brücken, vermitteln Gerechtigkeit, verteidigen die Menschenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter, und sie sind vor allem Friedensstifterinnen und Friedensstifter“, betonte Younan.

Die Evangelisch-Lutherische Volkskirche in Dänemark (ELVD) organisiert alle drei Jahre die dänischen Kirchentage. Es ist die grösste interkonfessionelle Veranstaltung in dem Land, die abwechselnd von den 11 Diözesen der Kirche organisiert wird. Hanne Broadbridge, Vorsitzende des ELVD-Rates für internationale Beziehungen, erklärte, bei den dänischen Kirchentagen 2013 habe es ein buntes Programm sehr bewegender Grundsatzreden, Gottesdienste, Konzerte, Workshops und kreativer Aktivitäten gegeben. „Bei Tisch und in den Pausen gab es Gespräche zwischen Teilnehmenden aller Altersklassen und Konfessionen. So wurde das Evangelium der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens für alle verbreitet.“

Bildung ist die Zukunft

In seiner Rede mit dem Titel „Gott im Anderen sehen: Eine Theologie der Hoffnung“ betonte Younan die Bedeutung der von Bildung als einen Weg zu einem friedlichem Miteinander und bezeichnete den Rat der religiösen Institutionen im Heiligen Land (RRIHL) als „ein modernes Wunder“, das viel bewegen könne.

Im RRIHL arbeiten Christen und Christinnen, Juden und Jüdinnen und Muslime und Musliminnen zusammen, um das Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen den Religionen zu fördern. In den vergangenen Monaten hat sich die Gruppe damit auseinandergesetzt, wie Schulbücher in Palästina und Israel die jeweils „andere Seite“ darstellen. Das Ergebnis zeigt, dass die beiden Darstellungen sich widersprechen und keine Werte des Miteinanders beschreiben.

Der Bischof der ELCJHL nannte einige Beispiele und erklärte, die jeweiligen Schulbücher stellten den Zugang zur heiligen Stadt Jerusalem als ihr jeweils exklusives Recht dar. „Wie können wir darauf hoffen, dass unsere Kinder in Frieden leben können, wenn wir ihnen nicht die Hoffnung mit auf den Weg geben, solange sie jung sind? Unser Ziel ist es, die Schulbücher ganzheitlicher zu gestalten, damit die Kinder den Glauben und die Bräuche ihres Nachbarn kennenlernen und diese respektieren“, sagte Younan und erhielt dafür viel Applaus.

Beten und die Region besuchen

Nach der Rede hatten die ZuhörerInnen die Möglichkeit, dem LWB-Präsidenten Fragen zu stellen. Sie nutzten diese und wollten unter anderem wissen, wie die Kirche in Dänemark die ChristInnen in der arabischen Welt am besten unterstützen könne.

„Sie können helfen, indem Sie nicht entweder für Israel oder für Palästina sind, sondern für Frieden, Gerechtigkeit und Wahrheit. Sie sollen uns nicht im Kampf gegen die anderen unterstützen, sondern ausschliesslich dabei, weiterhin Christen und Christinnen in unserer Gesellschaft sein zu können. In Zeiten wie heute, in denen die Krise im Nahen Osten einen Höhepunkt erreicht, ist es wichtig für uns, die Unterstützung der Christen und Christinnen aus den westlichen Ländern zu spüren“, so Younan. Er rief sein Publikum dazu auf, für die Christen und Christinnen im Nahen Osten zu beten und die Region zu besuchen:

„Kommen Sie und besuchen Sie unsere Kirchen. Für die Kirchen im Nahen Osten ist es wunderbar, wenn Christen und Christinnen aus den westlichen Ländern sich selbst von der Ungerechtigkeit, die hier herrscht, überzeugen. [Sie] können gemeinsam mit uns beten und sich am Leben und an den Aktivitäten in unseren Kirchen beteiligen“, bat Younan sein Publikum.

Am 12. Mai nahm Younan an der Amtseinführung von Pfarrerin Marianne Christiansen als Bischöfin der Diözese Haderslev im Süden Dänemarks teil. Sie ist die Nachfolgerin des LWB-Ratsmitglieds Bischof Henrik Niels Arendt, der seit 1999 in der Diözese tätig war.

Die lutherische Kirche in Dänemark hat rund 4,5 Millionen Mitglieder und ist eines der Gründungsmitglieder des LWB.

(Für LWI von Louise Haunstrup von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Dänemark).

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